Sportbusiness/15.01.2019

Fenix CEO Martin Nordin: Wir sammeln Markengeschichten

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Globetrotter, Fjällräven – zuletzt die US-amerikanische Travelmarke Royal Robbins: Fenix Outdoor International steht für Marken. CEO Martin Nordin spricht im Interview mit ISPO.com über die Erfolgsgeschichte des Rucksacks Kanken und wie er Online-Handel und stationäres Geschäft besser verzahnen will.

Seit vielen Jahren schon wegen der schieren Größe das Flagschiff des deutschen Outdoorhandels: Globetrotter.
Seit vielen Jahren schon wegen der schieren Größe das Flagschiff des deutschen Outdoorhandels: Globetrotter.

Martin Nordin, Sohn von Fjällräven Gründer Ake Nordin und langjähriger CEO der Fenix Outdoor International AG, glaubt  an den stationären Handel und die Strahlkraft von aussagestarken Marken. Seit Jahren kauft die Gruppe Outdoormarken mit viel Tradition und Geschichte ein – zuletzt die US-amerikanische Travelmarke Royal Robbins – und ergänzt diese geschickt durch ein ebenso wachsendes eigenes Händlernetz mit Retailketten wie Globetrotter in Deutschland oder Naturkompaniet und Friluftsland in Skandinavien.

Nordin, der eine neue strategische Position als Executive (working) Chairman eingenommen hat, sprach mit ISPO.com über den Markenzukauf und über die Konsequenzen des boomenden Onlinehandels.

Fjällräven Kanken: Erfolg des Vierecks

Herr Nordin, Ihr Vater hat als Gründer von Fjällräven den Kanken erfunden. Haben Sie eine Erklärung für diesen seit Jahren anhaltenden Boom?
Interessanterweise, wenn wir uns die Verkaufszahlen in den einzelnen Ländern ansehen, dann ist der Erfolg gar nicht so groß wie in den 1970er und 1980er Jahren. Allerdings sind wir heute wesentlich internationaler aufgestellt als früher und deshalb sieht man den Kanken überall.

Ich glaube, ein wesentlicher Grund, warum der Kanken immer noch so beliebt ist, ist seine viereckige Form. Er wurde ja für die Schule erfunden, und deshalb eignet er sich ganz besonders für alles Viereckige, das man transportieren will, also Hefte, Papiere, Laptops.

Verraten Sie uns, wie viele Kanken Sie im Jahr produzieren?
Nein, das verrate ich nicht.

Fenix Outdoor CEO Martin Nordin
Fenix Outdoor CEO Martin Nordin
Bildcredit:
Fenix Outdoor International

Royal Robbins hat Klettergeschichte geschrieben

Sie haben gerade Royal Robbins ins Markenportfolio der Fenix Gruppe aufgenommen. Was interessiert Sie an der Marke?
Wir sind immer interessiert an Marken aus dem Premium Bereich, die sich im Outdoor Fachhandel vertreiben lassen und – ganz wichtig – die eine besondere Geschichte erzählen können. Wenn Sie sich unser Portfolio ansehen, dann trifft das auf alle unsere Marken zu.

Primus wurde 1892 gegründet und war schon an den Expeditionen mit Edward Hillary beteiligt, Hanwag entstand 1921 und Naturkompaniet entwickelte sich in den 1920er Jahren aus der Pfadfinderbewegung heraus... Und auch die Historie von Royal Robbins ist sehr interessant, weil Royal Robbins Klettergeschichte geschrieben hat. Wir sammeln sozusagen Markengeschichten.

Royal Robbins ist aber keine Klettermarke, Sie wollen sie als Travelmarke positionieren. Warum?
Das haben nicht wir uns so überlegt, sondern Royal Robbins selbst hat sich für diese Ausrichtung entschieden. Royal und seine Frau waren sehr reisefreudig und wollten eine Kleidung entwickeln, mit der man gut reisen kann. Die Idee stammt also von ihm selbst.

Kleinere Globetrotter-Läden werden zunehmen

Gibt es so nicht Überschneidungen zu anderen Marken wie Fjällräven?
Fjällräven ist eine Outdoormarke. Jetzt ist natürlich Outdoor nicht gleich Outdoor: In Schweden versteht man darunter Wandern und man schläft im Zelt, in Deutschland versteht man darunter Bergsteigen und man schläft nicht im Zelt. Aber Fjällräven hat seinen Ursprung im Trekking und Wandern mit Produkten wie Rucksäcken, Zelten und Jacken. In den Produkten werden Sie den Unterschied deutlich sehen – wir werden ganz andere Materialien verwenden.

Das Fenix-Markenportfolio ist in den letzten Jahren immer internationaler geworden. Wie sieht Ihre internationale Strategie aus? Werden wir demnächst z.B. Globetrotter, Naturkompaniet oder Friluftsland auch außerhalb ihrer Heimatmärkte finden?  
Nein, wir bleiben mit den jeweiligen Konzepten national ausgerichtet. Die einzelnen Einzelhandelskonzepte sind sich aber recht ähnlich, deshalb macht es keinen Sinn mit allen international zu expandieren oder Namen zu ändern. Das einzige Konzept, das sich von den anderen unterscheidet, ist Globetrotter, weil Globetrotter für seine Größe bekannt ist – dabei gibt es auch kleinere Globetrotter-Konzepte. Langfristig sehe ich noch mehr von den kleineren Läden, weil im heutigen Einzelhandelsklima mit nach wie vor sehr hohen Mieten unklar ist, wie sich Quadratmeterumsätze entwickeln.

Deutschland der größte Markt für Fjällräven

Die Fenix Outdoor Gruppe hat zwar ihren Sitz in Skandinavien, aber Sie sind dem deutschen Markt sehr verbunden. Wie kommt das?
Viele denken, Fjällräven sei in Schweden am stärksten, aber das stimmt nicht. Deutschland ist der größte Markt für Fjällräven, und das schon seit 40 Jahren. Wir machen etwa 600 Millionen Euro Umsatz mit der gesamten Gruppe, davon entfallen etwa 40 Prozent auf Deutschland. In Schweden machen wir zwölf Prozent unseres Umsatzes, was nicht einmal Platz zwei wäre, die USA ist stärker. Ich habe selbst lange in Deutschland gelebt und etwa 50 Prozent unserer Mitarbeiter sitzt nach wie vor dort. Aber unsere skandinavische Heimat ist natürlich trotzdem sehr wichtig für uns.

In der Frilufts Retail Europe AB bündeln Sie Ihr Retail-Geschäft. Statt in eigene Markenstores Ihrer Bekleidungsmarken zu investieren, investieren Sie in Multibrand-Konzepte, die auch Konkurrenzmarken verkaufen. Warum?
Ich glaube, das stärkt unsere eigenen Marken, und man soll auch keine Angst davor haben, die eigenen Marken in einen Wettbewerb zu stellen. Langfristig brauchen wir einen unabhängigen Handel weil der Kunde nicht nur Monobrand Stores möchte, sondern auch den Vergleich zwischen den Produkten und Marken. In den USA handeln wir allerdings entgegengesetzt: Dort haben wir allein mit Fjällräven an die 25 eigene Läden.

Der schwedische Outdoorhändler Naturkompaniet entwickelte sich in den 1920er Jahren aus der Pfadfinderbewegung heraus.
Der schwedische Outdoorhändler Naturkompaniet entwickelte sich in den 1920er Jahren aus der Pfadfinderbewegung heraus.
Bildcredit:
Fenix Outdoor International

Der Aberglaube, dass das Digitalgeschäft billiger ist

Sie sind in der Gruppe für die zukünftige Ausrichtung und strategische Entwicklungen zuständig. Wo sehen Sie die Fenix-Gruppe in 7 Jahren? Und wie wird der Outdoormarkt dann aussehen?
Die Digitalisierung und der Eintritt neuer Online-Händler in den Outdoormarkt hat das Problem mit sich gebracht, dass wir im Handel derzeit eine ungeheure Margenkürzung sehen. Das wird sich irgendwann ändern müssen, vor allem in Deutschland, wo die Retourenquoten höher sind als in jedem anderen Land. Noch herrscht der Aberglaube, dass es billiger sei, auf digitalem Wege Geschäfte zu machen als mit stationären Läden.

Und wenn wir uns dann ansehen, wie gerade Zalando Verluste erwirtschaftet, dann erkennt man vielleicht, dass diese Rechnung nicht stimmt. Bei den Läden drücken hohe Mieten den Gewinn, im Onlinehandel muss man in Werbung investieren, sonst findet mich niemand. Beides kostet Geld, der Vorteil im Digitalgeschäft ist nur, dass man den Erfolg von Werbemaßnahmen besser messen kann.

Ich bin davon überzeugt, dass es im Laufe der Zeit wieder einen Ausgleich geben wird. Langfristig kann man seinen Umsatz nicht über fallende Preise sichern und auch kein Verlustgeschäft aufrechterhalten. Auch die Möglichkeiten der Marken, immer günstiger zu werden, sind begrenzt. Deshalb glaube ich übrigens auch an Multibrand, weil ich davon überzeugt bin, dass der Kunde diese Art einzukaufen nach wie vor schätzt.

Online und stationär müssen sich ergänzen

Verraten Sie uns, wie hoch der Onlineumsatz der Gruppe ist?
Wir sind nicht klein im digitalen Bereich, wir erwirtschaften elf Prozent des Konzernumsatzes digital und verzeichnen dort die größten Zuwächse. Wir investieren natürlich auch in Omnichannel-Lösungen und in die Kombination und Koordination von klassischem Einzelhandel und Onlinegeschäft. Beides sind keine Gegensätze, sondern die Symbiose ist wichtig.

Wir haben z.B. festgestellt, dass unsere Onlineshops dort besser laufen, wo auch stationäre Geschäfte in der Nähe sind. Es geht nicht um entweder oder, sondern nur darum, wie man beide Varianten miteinander ergänzt.

Die Digitalisierung verändert auch die Prozesse innerhalb der Supply Chain. Die ganze Branche spricht darüber, schneller zu werden, um schneller auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Wie sehen Sie das?
Wir müssen vor allem im Entwicklungsprozess schneller werden, keine Frage. Aber eine Stärke von Fjällräven ist beispielsweise die Zeitlosigkeit der Produkte. Man sieht es am Kanken. Viele Produkte in der Kollektion können über mehrere Jahre produziert werden, und das ist auch eine Form von Nachhaltigkeit. Wir machen keine schnelle Produktion von Produkten die schnell kaputt gehen oder aus der Mode kommen und schnell wieder ersetzt werden müssen. In der Hinsicht wollen wir gar nicht so schnell sein.