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Alexandra Denker
INTERVIEW/12.10.2022

Ungewisser Winter: „Die Händler haben alles gehamstert, was ging“

Alexandra Denker, ISPO Community Managerin
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Alexandra Denker ist bei ISPO als Community Managerin für die Bereiche Snowsport und Bike verantwortlich. In der Serie „People of ISPO“ spricht sie über ihre Snowboard-Leidenschaft, eine eindrucksvolle Anna Gasser, Gegenwind für den Wintersport und den bevorstehenden Winter der Ungewissheit angesichts der angespannten Energie- und Lieferkettensituation.

ISPO.com: Wie bist du selbst zur Messe München gekommen?
Alexandra Denker: Ich bin inzwischen gut drei Jahre da. Ich habe die ISPO Munich schon immer als Besucherin genutzt, weil ich aus der Wintersportbranche komme. Ich habe vorher bei einer Agentur in Graz Wintersportveranstaltungen in den Alpen organisiert. Da war die ISPO Munich immer ein Fixpunkt im Saisonkalender. Dort trifft man seine Partner*innen, Magazine, Kooperationen und Marken, holt sich Inspirationen über Neues auf dem Markt – und die Partys kommen natürlich auch nicht zu kurz.

Dann hat es mich nach München verschlagen. Ich habe mich gefragt: Wo will ich weiter Veranstaltungen organisieren? Diese Aufgabe, aus einer leeren Halle alles herauszuholen, hat mich immer schon fasziniert. Also bin ich auf die andere Seite gewechselt und darf die Stände seitdem selbst hin- und herschieben.

Du sagst, du hast vorher selbst Wintersport-Events mit organisiert. Welche Wintersport-Größe hat dir da besonders imponiert?
Ein sportliches Highlight mit kompetitivem Charakter war für mich die Organisation des Pleasure Jams. Da waren immer große Fahrer*innen aus dem Freestyle-Bereich dabei. Dann etwa Anna Gasser abliefern und gewinnen zu sehen, ist mir definitiv in Erinnerung geblieben.

Alexandra Denker brennt dafür, Sportveranstaltungen zu organisieren
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„Irgendein Berg muss immer dabei sein“

Was waren sonst noch besondere Wintersport-Events für dich?
Ganz besonders waren immer die Gletscher-Openings. Wenn etwa im Kaunertaler Gletscher die Community zusammengekommen ist. Inzwischen sehe ich das aber auch kritisch. Wie absurd es eigentlich war, zu dieser Zeit im Sommer schon auf einem Gletscher zu sein und überhaupt auf einem Gletscher zu fahren, während jeder im Hinterkopf hat, dass dieser uns in den nächsten Jahren wegschmelzen wird.

Deshalb ist es inzwischen mein Saisonhighlight, wenn es frischen Schnee gibt, der nicht von der Kanone kommt. Am liebsten sind mir große Tiefschneetage, wo man unendlich lange durch den Powder fährt und seine Linien zieht, bis einen die Beine nicht mehr tragen.

Welche Sportarten betreibst du selbst am liebsten?
Ich fahre hauptsächlich Snowboard. Früher war ich vor allem in Snowparks aktiv gewesen. Da habe ich auch Nachwuchs-Contests und Coachings für Mädels organisiert. Aber in den letzten Jahren hat sich das bei mir in Richtung Splitboarding verschoben. Jetzt ist es mein Ausgleich, aus eigener Kraft den Berg raufzugehen, dann abseits der Pisten zu fahren, sich im Gelände auszukennen und Lawinenkenntnisse anzueignen. Im Sommer bin ich hauptsächlich mit dem Mountainbike unterwegs oder wandere in den Bergen. Irgendein Berg muss immer dabei sein.

Hast du dir für die nähere Zukunft schon sportliche Ziele gesetzt? Soll es auf einen speziellen Gipfel gehen?
Da ist noch nix in Planung. Es ist aber immer zu jedem Saisonstart spannend zu sehen, wie es um die eigene Kondition steht und immer wieder zu ertasten, wie weit man denn kommt. Als ich zum ersten Mal die tausend Höhenmeter mit dem Splitboard geschafft habe, war das für mich eine gute Leistung, auf die ich extrem stolz war. Da muss ich diesen Winter schauen, ob ich da wieder hinkomme und daran anknüpfen kann.

Die Auszeit vom stressigen Messealltag verbringt Alexandra gerne in den Bergen auf ihrem Splitboard
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„Da schaue ich immer wieder neidisch zu den Skifahrern“

Wo drehst du auf dem Rad am liebsten deine Runden? 
Hauptsächlich im Bikepark. Ich lasse mich gemütlich vom Lift hochziehen und feile dann an meinen Kurven- und Sprungtechniken. Es dürfen auch gern mal Wurzelteppiche und Steine dazwischen sein. Einfache bis fortgeschrittene Bikepark-Strecken sind mein Metier.

Welche Entwicklung im Winter- und Radsport der letzten Jahre steht auch bei dir persönlich beim Sporttreiben hoch im Kurs?
Beim Splitboarden ist es immer interessant, wenn es leichter und einfacher wird. Je leichter die Ausrüstung, desto mehr Spaß macht es. Da schaue ich immer wieder neidisch zu den Skifahrern, wo die Entwicklung doch rasanter vorangeschritten ist und man wenig Gewicht mit sich herumbewegen muss. Es gibt funktionierende Systeme, um Splitboards leichter und besser handlebar zu machen, aber da kann sich noch was tun. Aber generell wird das Splitboarden auch in meinem Bekanntenkreis immer beliebter. Man ist achtsamer am Berg unterwegs, erkämpft sich seine Höhenmeter selbst. Diese höhere Nachfrage wird dem Splitboarden für die Zukunft nochmal einen Push geben.

Und auf dem Rad?
Beim Mountainbiken kommt man um das E-Bike nicht herum. Am Anfang habe ich es noch kritisch beäugt, aber inzwischen kann ich es völlig nachvollziehen, warum sich die Leute draufschwingen und unkompliziert in der Mittagspause eine Tour fahren. Das habe ich auf den Isartrails inzwischen auch getan. Eine tolle Entwicklung in diesem Bereich!

Wofür begeisterst du dich abseits des Sports?
Ich engagiere mich ehrenamtlich im Quartiermeister e.V. in München und setze mich dort für eine gerechtere Wirtschaft ein. In diesem Fall am Beispiel Bier. Quartiermeister ist eine GmbH, die Biere in der Nähe von München braut. Mit jedem verkauften Bier werden soziale Projekte in der Region gefördert. Der Verein kümmert sich als unabhängige Instanz darum, dass die Förderung bei den richtigen Initiativen ankommt.

Im Sommer findet man die Sportlerin gerne in diversen Bikeparks
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„Die große Frage ist natürlich: Wie wird der Winter aussehen?“

Du hast in deinem Job mit der Wintersport- und der Bike-Branche zu tun. Mal Hand aufs Herz: Welche ist die lässigere Community?
Ich mag beide gern. Wenn man selbst den Sport ausübt, hat man natürlich eine persönlichere gemeinsame Basis. Da sind beide Sportgruppen gleich entspannt und gut zugänglich. Die Begeisterung für den Sport genieße ich total. Und man merkt, dass es längst nicht mehr so ein Lagerdenken à la „Ich bin reiner Mountainbiker“ gibt. Die Leute sind saisonaler unterwegs. Im Sommer auf dem Bike, im Winter auf dem Board – aber auch offen, mal Skitouren auszuprobieren. Ich habe das Gefühl, dass die Grenzen zwischen den Sportarten zerfließen. 

Was sind die Themen, die deinen Wintersport- und Bike-Kunden vor der ISPO Munich besonders unter den Nägeln brennen?
Die große Frage ist natürlich: Wie wird der Winter aussehen? Aktuell sind die Lager voll. Die Händler haben alles gehamstert, was ging. Aufgrund der Energiethematik herrscht viel Unklarheit vor dem kommenden Winter. Dürfen Lifte überhaupt fahren? Werden sie mit Gas versorgt? Wie wird ihre Systemrelevanz eingeordnet? Dazu kommen die Lieferkettenprobleme, sodass Ware zum Teil gar nicht verfügbar ist. Es ist ein unsicherer Blick in die Zukunft. Aber ich bin zuversichtlich, dass es 2023 wieder besser aussehen könnte, auch, weil die Branche dann die positiven Effekte des neuen Termins der ISPO Munich zum Beginn der Wintersaison noch besser für sich nutzen kann.

Ansonsten treibt das Thema Nachhaltigkeit viele Marken weiter um. Da gibt es größere und kleinere Entwicklungen, etwa in den Bereichen Recycling oder umweltverträgliches Wachs. Genau diese Initiative muss es auch geben, da sonst die Kritik am Wintersport lauter werden könnte. Sei es bei Fragen der Schneeproduktion, langen Anfahrtswegen oder der Energieversorgung. Wie kann der Wintersport dafür sorgen, dass möglichst wenig Natur zerstört wird, um sie letztlich genießen zu können? Ich glaube, wie man als Industrie und einzelne Marke mit diesem ökologischen Fußabdruck umgeht, wird auch auf der ISPO Munich ein spannendes Thema.

Neben dem Sport liegt der Community Managerin außerdem das Thema Nachhaltigkeit besonders am Herzen
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Sustainability Hub als Anlaufpunkt zur Nachhaltigkeit

Ein Anlaufpunkt hierfür ist auf der ISPO Munich der Sustainability Hub, den du mit organisierst. Wie genau wird das aussehen?
Der Sustainability Hub hat auf der ISPO Munich eine sehr lange Historie. Das ist unser Ort, um Initiativen, Verbände, Projekte und Ideen vorzustellen, die beim Thema Nachhaltigkeit etwas bewirken. Diese Maßnahmen werden abseits eines gebrandeten Messestands präsentiert. Das wird besonders gut angenommen, weil es einlädt, sich auf neutralem Boden zu treffen und auszutauschen. Es ist ein großer Schmelztiegel für viele gute Ideen. Sie werden unkompliziert in kleinem Rahmen präsentiert. Da reicht zum Beispiel schon ein Plakat. Die finanzielle Hürde ist also besonders niedrig. Das Ganze wird kuratiert von unserem Partner Greenroom Voice.

Gibt es ein übergeordnetes Thema beim Sustainability Hub auf der ISPO Munich 2022?
Die diesjährigen Hauptthemen im Sustainability Hub sind Transparency und Traceability. Beides ist gerade durch die derzeitigen Lieferkettenprobleme und das kommende Lieferkettengesetz relevant für die Industrie. Alle, die sich dazu Gedanken machen und neue Ideen entwickelt haben, sind herzlich eingeladen, hier mitzumachen und auszustellen. Es wird tägliche Rundgänge geben. Außerdem bieten unsere Partner Knowhow für die konkrete Umsetzung an. 

Was außerdem neu ist: Der Sustainabilty Hub war sonst immer in den Outdoor-Hallen zu finden, bekommt auf der ISPO Munich 2022 aber eine neue Heimat im Future Lab im Herzen der Messe.

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