Sportbusiness/02.06.2016

Mercedes Cup in Stuttgart: Blick hinter die Kulissen des Tennis-Turniers

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Beim Mercedes Cup in Stuttgart schlägt die Tennis-Weltspitze auf. ISPO.com wirft mit General Manager Nadine Raidt einen Blick hinter die Kulissen: So stemmt der Veranstalter das ATP-Turnier.

Rafael Nadal gewann 2015 den Mercedes Cup – und durfte sich über ein neues Auto freuen.
Rafael Nadal gewann 2015 den Mercedes Cup – und durfte sich über ein neues Auto freuen.

Frau Raidt, Sie organisieren den Mercedes Cup in Stuttgart. Ein renommiertes ATP-Turnier in Deutschland, bei dem sogar Roger Federer mitspielt. Wie viele Mitarbeiter haben Sie denn im Hintergrund?
Nadine Raidt: Ich selbst arbeite bei der Agentur e|motion sports gmbh germany, die eine Tochterfirma der emotion management gmbh mit Hauptsitz in Österreich ist. Dort sitzen ca. 25 Mitarbeiter, in Deutschland sind wir im Kernteam acht Personen, die sich nicht ausschließlich, aber doch das ganze Jahr mit dem MercedesCup beschäftigen. Das beginnt mit den klassischen Aufgaben wie Hospitality, Accounting, Ticketing, Sales, Marketing usw. Je näher das Turnier dann kommt, desto mehr werden wir: Bei Turnierbeginn haben wir rund 250 Personen auf der Anlage, die mitarbeiten.


Da gehören dann Mitarbeiter von der Wurstbude bis zu den Schiedsrichter alle dazu.
Insgesamt haben wir 75 Ballkinder, 50 Linienrichter, 30 Hostessen, einen Gäste-Service mit um die 60 Personen und viele weitere. Aber es kommen auch Leute dazu, die zum Beispiel den Rasenplatz covern müssen, wenn es zu regnen beginnt. Das muss von acht bis zehn Leuten innerhalb von 20 Sekunden pro Platz geschehen. Dazu kommen noch viele weitere: wie Handtuchdienst und Getränkedienst für die Spieler.

Der Veranstalter führt den Mercedes Cup seit 2007 durch

Die meisten Jobs sind dann aber ehrenamtlich.
Natürlich bekommen alle eine Aufwandsentschädigung. Man muss aber dazusagen, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vieles erschwert hat und für uns einen großen bürokratischen Aufwand mit sich bringt. Angefangen hat das ganze Turnier mit Freiwilligen vom Tennisclub Weissenhof, der das Turnier als Lizenzinhaber ursprünglich alleine gestemmt hat. Wir als Agentur veranstalten das Turnier nun seit 2007. Jetzt müssen alle angestellt werden, so schreibt es das Gesetz vor. Wir arbeiten nicht mehr mit Volunteers, und alle müssen ihren Stundenzettel ausfüllen.

Wer kann denn beim einem Turnier wie dem Mercedes Cup teilnehmen? Kann den Job des Balljungens jeder machen?
Es gibt da unterschiedliche Auswahlkriterien. Bei den Balljungen greifen wir zumeist auf aktive Spieler aus dem Tennisclub Weissenhof und den Tennisclubs aus dem Umland zurück, die im Vorfeld gesichtet werden. Für die Balljungen ist das ein Gesamtaufwand von vier bis fünf Tagen, die sich aber auf mehrere Wochen aufteilen.


Die Schieds- und Linienrichter werden sicher noch härter geprüft.
Da gibt es natürlich keinen freien Pool, wo sich jeder anmelden kann. Die Schiedsrichter werden von der ATP selbst ausgewählt, die Linienrichter wählen wir aus, da wir die qualifizierten Personen kennen.

Jobs beim Mercedes Cup: Qualifikationen werden abgefragt

Wie kann man dann Teil des Turniers werden?
Wir haben immer wieder Anfragen von Außenstehenden, die gerne mitarbeiten möchten. Es wird dann abgefragt, welche Qualifikationen diese Personen mitbringen und welche berufliche und privaten Erfahrungen sie haben, um uns helfen zu können. Anschließend gibt es einen entsprechenden Bewerbungsprozess mit Gesprächen.

Der Centre Court des Mercedes Cup – die Aufnahme zeigt das Finale von 2015.
Der Centre Court des Mercedes Cup – die Aufnahme zeigt das Finale von 2015.
Bildcredit:
Imago

Was muss ich denn können, wenn ich Roger Federer, der 2016 startet, das Handtuch zwischen den Spielen geben möchte?
Auch da greifen wir auf die Leute zurück, die dem Tennis sehr verbunden sind. Durch denselben Background, aber auch das gleiche Ziel, nämlich ein tolles Turnier zu organisieren, entsteht eine sehr positive Dynamik, die alle zusammenschweißt. Wir haben auch einen großen Pool an Leuten, die weggezogen sind und extra für das Turnier wieder herkommen, um mitzuhelfen.

Da entsteht doch sicher ein Streit, wer Roger Federer betreuen darf.
Das hatten wir eigentlich noch nie, weil alle sehr auf das Turnier im Ganzen fokussiert sind. Klar ist auch, dass wir am Anfang der Woche mehr Leute benötigen, weil wir viel mehr Spiele haben. Die Balljungen werden zum Beispiel bei jedem Spiel bewertet und dann kommen die besten bis ins Finale weiter. Die meisten teilen wir dann aber auch je nach deren Zeitplänen durch Schule, Uni oder Arbeit ein. So ergeben sich die Einteilungen meist von selbst. Klar ist Roger Federer ein Ansporn, aber am Ende wollen alle, dass das Turnier perfekt verläuft.


Über das Sportstudium zurück zum Tennis

Mal allgemein gesprochen: Wie schwer ist es denn in einen Job mit Sport-Hintergrund zu kommen, wenn man keinen professionellen Hintergrund wie Sie selbst hat?
Ich habe im Jugendbereich in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt und wollte dann mit 16 Jahren Profi werden. Das blieb mir allerdings verletzungsbedingt verwehrt. Danach habe ich Sport in Stuttgart studiert, um anschließend wieder zum Tennissport zurückzukommen. Die Tenniswelt ist relativ klein und mit vielen, die jetzt als Trainer oder beispielsweise Manager tätig sind, habe ich schon mit 10 Jahren gemeinsam in Trainingslagern auf dem Platz gestanden.

Also hat man ohne Sporthintergrund keine Chance?
So stimmt das nicht. Auch wenn viele sicher einen solchen Hintergrund haben, waren nicht alle professionelle Sportler. Wenn man Events versteht, Emotionen für den Sport mitbringt, eben eine Affinität, ist immer eine Chance da. Man braucht viele Leute im administrativen Bereich. Man sollte sich auch nicht nur auf einen Sport fokussieren. Ich habe zum Beispiel ein Praktikum beim 1. FC Köln absolviert, bevor ich wieder zum Tennis zurück bin.

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Gregor Röslmaier schreibt für ISPO.com. Autor: Gregor Röslmaier