Im Englischen gibt es den Slogan „Your vibe attracts your tribe“. Bezogen auf Marken und Händler im Sportbusiness heißt das: „Dein Zweck zieht deine Kunden an.“ Dafür gibt es zahlreiche Belege. Verschiedene Studien der letzten Jahre (beispielsweise von Accenture oder Porter Novelli) zeigen, dass Konsumenten eine tiefere persönliche Verbindung zu Unternehmen fühlen, deren Werte ihren eigenen ähneln. Deshalb ernten Marken heute viel Applaus, wenn sie sich zu Missständen in Politik oder Gesellschaft äußern, die gar nicht zu ihrem Business gehören – selbst wenn sie damit polarisieren. Auch die Zahl der zertifizierten B-Corp-Unternehmen hat sich in fünf Jahren auf 3.500 verdreifacht und wächst weiter. B-Corps sind Firmen, die ihren Erfolg auch daran messen, ob sie der Gesellschaft etwas zurückgeben.
Hier stellen wir fünf Brands vor, die sich von besonderen Zielen leiten lassen:
Eine Milliarde Bäume pflanzen bis 2030, so lautet das ehrgeizige Ziel der kanadischen Sportswear Brand Tentree. Seit der Gründung 2006 ist man dem Ziel schon ein ganzes Stück näher gekommen: Genau 56.562.894 Bäume wurden bis Ende April weltweit gepflanzt. Wie viele es genau sind, kann auf der Website jederzeit nachgeschaut werden. Wie das Konzept funktioniert? Für jedes verkaufte Produkt finanziert Tentree die Pflanzung von zehn Bäumen. Überprüfen lässt sich das über eine kleine Münze, die an jedem Produkt angebracht ist. Die dort angegebene Nummer führt über die Website direkt zum „eigenen Baum“ und zum guten Gefühl, einen positiven Beitrag zum Klimaschutz geleistet zu haben.
Selbstverständlich produziert Tentree möglichst umweltverträglich und bemüht sich um faire und sichere Arbeitsbedingungen innerhalb der gesamten Produktions- und Lieferkette. Als zertifiziertes B-Corp Unternehmen orientiert sich Tentree nicht nur an wirtschaftlichen Zielen, sondern will auch einen Mehrwert für die Gesellschaft leisten und helfen, soziale und ökologische Probleme zu lösen.
„Es ist unsere gemeinsame Überzeugung, dass es nicht länger akzeptabel ist, dass die Produkte einer Marke für die nächsten hundert Jahre auf einer Mülldeponie liegen“, heißt es auf der Website der US-amerikanischen Sneaker Marke Thousand Fell. Jedes Jahr werden in den USA über 2,4 Milliarden Paar Schuhe verkauft, und weil davon am Ende ihrer Nutzungsphase 97 Prozent auf der Mülldeponie landen, hat Thousand Fell ein System entwickelt, wie alte Schuhe wieder für neue Produkte genutzt werden können.
Thousand Fell designt seine Produkte immer mit Blick auf das Ende der Lebensdauer und stellt sicher, dass die Materialien jederzeit recycelt werden können. Außerdem können die Schuhe am Ende der Nutzung kostenlos zurückgeschickt werden. Als Anreiz dafür erhalten die Kunden einen 20-Dollar Gutschein für den nächsten Kauf. Gemeinsam mit dem Partner TerraCycle werden die Schuhe dann in den USA in ihre Bestandteile zerlegt und zu recycelten Rohstoffen verarbeitet. Gummi und rPET werden in die eigene Lieferkette zurückgeführt und in neue Thousand Fell Schuhe verwandelt. Andere Bestandteile werden industriell kompostiert und der Biopolyol-Schaum wird gespendet und fließt in Bauprojekte. Gegründet wurde Thousand Fell in New York von Profis aus der Schuhindustrie, produziert wird in einem kleinen Familienbetrieb in Brasilien.
Wie so oft hat alles damit begonnen, dass jemand sehr unzufrieden war. Als sich Rosie Cook 2016 in London auf den Weg machte, um einen Badeanzug für ihr wöchentliches Schwimmen zu kaufen, erkannte sie ein Problem: „Mir wurde klar, dass Bademode entweder Stil oder Funktion bot, aber fast nie beides.“ Also beschloss sie, das Problem zu lösen und gründete die Marke Deakin & Blue. Ihr Ziel: Bademode, die den Frauen Lust auf Schwimmen macht, ganz egal welche Figur sie haben. Denn – auch das fand sie heraus – viele Frauen geben das Schwimmen auf, weil sie sich Sorgen um ihr Körperbild machen und keine geeignete Bademode finden. So gibt es bei Deakin & Blue nicht nur Größen von 8 bis 24, sondern zusätzlich auch noch drei Körbchengrößen.
Alle Produkte werden aus Econyl hergestellt - einer 100 Prozent regenerierten Nylonfaser, die aus Post-Consumer-Abfällen wie alten Fischernetzen und Industrieplastik stammen. Auch für Wettkämpfe sind einige Modelle bereits zugelassen. Genäht wird die Kollektion in London, so können auch Änderungswünsche, beispielsweise nach einer Mastektomie, berücksichtigt werden. Sowieso klar: Die typischen, superschlanken Models und geschönten Bilder sucht man bei Deakin & Blue vergeblich.
Bettina Junkersdorf vom deutschen Label Newseed aus Rosenheim hat sich der Aufgabe gewidmet, alte Kletterseile zu recyceln und daraus neue Produkte wie Chalkbags, Gürtel, Geldbeutel etc. herzustellen. Was vor Jahren in den eigenen vier Wänden mit einem Seil und Omas Nähmaschine begann, hat sich mittlerweile zu einem ausgereiften System entwickelt, bei dem über 30 Kletterhallen, diverse Bergsteigerschulen und Firmen gebrauchte Seile sammeln und ihr liefern. Auch Seilhersteller Edelrid beliefert Newseed mit Seilresten aus der Produktion. „2020 haben wir etwa fünf Tonnen Seil eingesammelt und etwa 70 Kilometer Seil weiterverarbeitet“, so die Gründerin. Insgesamt hat Newseed bereits über zehn Tonnen Seil weiterverarbeitet.
Genäht wird inzwischen aber nicht mehr auf Omas Nähmaschine, sondern in einer Behinderten-Werkstatt der Lebenshilfe, wo inzwischen zehn Mitarbeiter für Newseed arbeiten. Dort werden die Seile auch sortiert, gewaschen, entkernt und getrocknet. Bisher waren die Produkte hauptsächlich über den eigenen Onlineshop zu haben, 2020 startete das Label auch im Einzelhandel.
Die junge US-amerikanische Marke Peak Design mit Sitz in San Francisco designt Kamera-taugliche Tragelösungen für alle, die gerne mit Kamera praktisch und sicher unterwegs sein wollen. 2011 von Peter Dering gegründet, liegt ein wesentliches Erfolgsrezept der Marke in der Nutzung der eigenen Fanbase: Peak Design wurde nicht nur mittels einer Kickstarter Kampagne ins Leben gerufen, mit zehn erfolgreichen Kickstarter-Projekten konnte Peak Design bis dato über 32 Millionen US-Dollar Kapital an Land ziehen. Damit gehört Peak Design zu den weltweit am höchsten durch Crowdfunding finanzierten, noch aktiven Marken. Crowdfunding wird dabei nicht nur als Finanzierungsmittel genutzt, sondern auch als Evaluations-Tool, um Begehrlichkeit und Potenzial der eigenen Produkte besser einzuschätzen.
Heute hat Peak Design über 40 Angestellte und mehr als 100 Taschen, Rucksäcke und Accessoires im Sortiment.
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