Schöffel wollte es genau wissen: Der Outdoor- und Ski-Spezialist hat in den vergangenen Wochen mehr als 4.000 Deutsche - darunter 1.081 Wintersport-Enthusiasten - befragt. Um, wie der geschäftsführende Gesellschafter Peter Schöffel sagt, „unser Bauchgefühl mit Blick auf den kommenden Winter mit Daten zu untermauern.“
Die Antworten der Wintersportler sind mitten in der Corona-Pandemie erwartungsgemäß gemischt: Nur sieben Prozent planen ihren Winterurlaub wie gewohnt, knapp die Hälfte der Befragten haben mit Blick auf die kommende Saison Bedenken. Allerdings wollen auch 53 Prozent ihre Wintersport-Aktivitäten nicht reduzieren und sogar 72 Prozent stimmen zu, dass Outdoor-Aktivitäten in der kalten Jahreszeit die Abwehrkräfte fördern.
„Das zeigt: Die Menschen wollen auch im Winter nach draußen. Das Bedürfnis danach ist sogar deutlich gestiegen. Auf der anderen Seite fragen sich viele, wie das im Urlaub oder bei einem Ausflug in der Realität aussehen kann. An dieser Stelle ist die Outdoor-Branche genauso gefragt wie die Hotellerie, die Liftbetreiber oder die Tourismus-Zentralen“, sagt Peter Schöffel im Exklusivinterview mit ISPO.com.
Von Angst hält der Mann, der seine Firma mit der 216-jährigen Historie in der siebten Familien-Generation führt, überhaupt nichts: „Corona ist heute zweifelsfrei eine Herausforderung für die Branche. Aber sie ist noch mehr: nämlich auch eine Chance. Denn die Themen Sport und Outdoor in Verbindung mit Gesundheit sind so wichtig wie nie zuvor.“
Es gibt nach Schöffels Einschätzung vor allem mit Blick auf langfristige Wachstumschancen also jede Menge Grund zum Optimismus für die Sport- und Outdoor-Industrie. Allerdings müssen laut Schöffel wegen der Corona-Infektionssituation vor dem kommenden Winter alle relevanten Player ihre Hausaufgaben richtig machen.
„Die Zauberwörter dabei sind konsequente Kundenzentrierung und branchenübergreifende Zusammenarbeit. Alle müssen sich fragen: Wie bringen wir die Menschen raus? Und wie überzeugen wir Leute aus Berlin oder Bottrop davon, dass ihr Urlaub nicht nur schön, sondern auch sicher ist? Dafür braucht es ein passendes Gesamtpaket“, so Peter Schöffel.
22 Prozent der befragten Wintersport-Enthusiasten werden laut Schöffel-Umfrage sehr kurzfristig über einen Urlaub entscheiden. Auch die Beherbergungsbetriebe müssen flexibel sein: Insgesamt 68 Prozent der relevanten Zielgruppe plant den Winterurlaub individuell oder in einer Ferienwohnung/einem Wintercamp statt im Hotel. Kleine Skigebiete werden im kommenden Winter gefragter sein, statt Apres-Ski rückt der Sport wieder in den Mittelpunkt.
Weil die Situation im alpinen Skibereich eine Herausforderung sein wird, müssten Peter Schöffel zufolge auch andere Angebote gestärkt werden. Winterwandern steht laut der Umfrage zum Beispiel ganz oben auf der Liste der liebsten Wintersport-Aktivitäten – noch vor der Kombination von Ski Alpin und Snowboard. Auch Skilanglauf, Schneeschuhwandern, Skitourengehen oder Winterbiken – also alles Sportarten mit einer eher niedrigen Infektionsgefahr – werden genannt.
„Ich bin dauerhaft im Kontakt mit vielen Wintersport-Regionen wie Arlberg oder Kitzbühel. Es wird viele neue Angebote in diesen Bereichen geben: Wir werden nicht nur drei, vier geräumte Winterwanderwege erleben, sondern eine neue Vielfalt“, ist Peter Schöffel sicher. „Die Wintersport-Gebiete haben sich auf zahlreiche Aktivitäten eingestellt.“
Erfahrungen gibt es bereits: Im sommerlichen Ansturm der Outdoor-Fans seien zum Beispiel bei den Bergbahnen oder in Sachen Angebots-Diversifizierung viele positive Erfahrungen gemacht worden, auf denen man aufbauen könne.
Mit Blick auf die Kundenbedürfnisse und dem verstärkten Bedürfnis sich aktiv draußen zu bewegen, baut die Firma Schöffel (Werbeslogan: „Ich bin raus“) neben den traditionellen Bereichen Outdoor- und Ski-Bekleidung mit Bike-Angeboten eine dritte Säule auf. „Viele Menschen sind derzeit skeptisch gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln und fahren lieber mit dem Rad. Dafür brauchen sie definitiv Bekleidung, und das sehen wir langfristig als Chance“, erklärt Peter Schöffel.
Wichtig sei es dabei aber, nicht nur Kleidung für anspruchsvolle Sportler im Angebot zu haben, sondern auch multifunktionale Jacken und Hosen: „Es braucht Kleidung, die 365 Tage im Jahr funktioniert und egal bei welcher Aktivität."
Generell sei genauso wie in der Nahrungsmittelbranche („Ich will wissen, wo mein Fleisch herkommt“) auch in der Sport- und Outdoor-Industrie eine verstärkte Besinnung auf Nachhaltigkeit und Regionalität zu beobachten.
„Unsere Kreise sind kleiner geworden: Wir fliegen nicht mehr nach Neuseeland zum Wandern, sondern entdecken heimische Regionen mit einem neuen Selbstverständnis“, sagt Peter Schöffel. Mit Provinzialität habe das nichts zu tun, eher mit der Besinnung auf das Wesentliche.
Und da erfahren Sport und Outdoor laut Peter Schöffel eine ganze neue Wertigkeit: „Das Potenzial für das Draußensein hat sich massiv erhöht. Sicher steigert Corona den Druck auf die Branche massiv, weil Geschäftsmodelle radikal hinterfragt werden und die Angebote noch konsequenter auf den Punkt gebracht werden müssen. Dennoch, wenn man in einem 5- oder 10-Jahreszeitraum denkt, bietet die Situation große Wachstumsmöglichkeiten.“
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