Eine Sache vorab: Künstliche Intelligenz ist 2024 kein Trend mehr, sondern eine Basistechnologie, die das Marketing revolutioniert. Die Technologie wird verändern, wie Marken ihre Kund*innen identifizieren, verstehen und mit ihnen in Kontakt treten. Generative KI erlebt enorme Entwicklungssprünge, und laut einer Umfrage von Bitkom planen 74 Prozent der deutschen Unternehmen ab 2024 Investitionen in künstliche Intelligenz. Wer also immer noch zögert, sich mit KI, ihren Vorteilen und Möglichkeiten der Implementierung zu beschäftigen, sieht den Zug zufriedener Kund*innen wohl nur noch am Horizont verschwinden. Wir stellen daher sechs Themen vor, die durch den Einsatz von KI in kurzer Zeit völlig neue Benefits für das Sportmarketing mit sich bringen werden. Und ja, natürlich hatte KI auch beim Erstellen dieses Textes hier und da die Finger im Spiel …
Hyperpersonalisierung setzt auf die Kombination von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen, um eine noch zielgerichtetere Aussteuerung von Marketingstrategien zu erreichen. Während klassische Methoden wie das psychografische Targeting Werte und Motive anhand des digitalen Verhaltens identifizieren, ermöglichen KI-Tools eine effizientere Verarbeitung großer Datenmengen. Dazu werden Verhaltens-, Kontext- und Echtzeitdaten sowie psychografische Merkmale einbezogen, um maßgeschneiderte Nutzererlebnisse zu schaffen. Durch KI-gestützte Empfehlungssysteme und Chatbots erleben E-Commerce-Kund*innen einen personalisierten Einkauf oder Anhänger*innen von Sportvereinen – sei es der junge Fan oder der ältere Familienvater – eine ganz individuelle Ansprache.
Also einfach Daten in eine KI kippen und zufrieden sind die Kund*innen? Ganz so leicht ist es nicht. Es gibt etliche Herausforderungen in Sachen Datenqualität und Datenschutz. Algorithmische Transparenz, Overfitting, Bias, Echtzeitanpassungen oder Kundenakzeptanz sind weitere Challenges. Zudem müssen die Maßnahmen oft in bestehende Systeme integriert und danach kontinuierlich optimiert werden. „Beim Blick auf die vermeintlich technischen Hürden in der Digitalisierung sind es übergeordnet weiterhin die mangelnde Vernetzung der Systeme, nicht geschlossene Kundendatenketten oder Apps, die keine E-Commerce Funktionen haben bzw. unterstützen“, bestätigt Prof. Dr. Dirk Mazurkiewicz, Dekan des Bereichs Wirtschaft- und Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz, im Fachmagazin Stadionwelt.
Effektive Hyperpersonalisierung erfordert also vor allem qualitativ hochwertige Daten, wobei moderne Smartphone-Apps mit Loyalty-Programmen und Mobile Payment hilfreich sind, sofern sie Datenschutz und transparente Kommunikation gewährleisten. So könnten Sportvereine per KI-gestützter Fan-App zielgerichtete Inhalte anbieten, um eine Bindung zu ihren Fans aufzubauen, und das automatisiert und auf Basis von Erfahrungswissen. Rabattcodes für Getränke richten sich dann an den individuellen Vorlieben aus, und die Fanmütze wird nur bei Temperaturen unter 10 Grad angeboten.
Social Commerce, auch Social Shopping genannt, bezeichnet den Online-Handel über Social-Media-Plattformen und ist besonders bei der Generation Z beliebt, da Kund*innen direkt auf den Plattformen einkaufen können. Dies macht TikTok, Instagram und Co. zu attraktiven Verkaufskanälen für Einzelhändler. Eine Umfrage von Capterra ergab, dass mehr als 50 Prozent der Befragten in den letzten sechs Monaten mindestens ein Produkt über Social Media gekauft haben. Für Sportmarken und -händler bietet Social Commerce daher ein großes Potenzial, da viele Nutzer dort Inhalte und Empfehlungen austauschen.
In Asien ist Social Commerce schon seit einigen Jahren weit verbreitet. Die dortigen sozialen Netzwerke WeChat oder KakaoTalk haben ausgefeilte E-Commerce-Funktionen inklusive Livestream Shopping. Mit WeChat können User Taxis rufen, Arzttermine buchen, Restaurantbesuche bezahlen oder Freunden Geld senden.
Doch die Entwicklung solcher Plattform-Ökosysteme ist weltweit rasant. TikTok ist aktuell dabei, seine neue Shop-Funktion in immer mehr Ländern freizuschalten. Die Vorteile sind offensichtlich: Menschen mit der TikTok-App nutzen den Kanal rund zwei Stunden am Tag. Viele Influencer bewerben schon heute Produkte in ihren TikTok-Videos. Durch den Shop können sie nun direkt in der App verkaufen. Ziel ist es, etablierten Shoppingriesen wie Amazon Konkurrenz zu machen. Der Online-Händler hat seinerseits kürzlich „Amazon Inspire“ in den USA gelauncht. Dieser In-App-Shopping-Feed zeigt den Usern per Foto und Video personalisierte Empfehlungen und Inspirationen. „Inspire ist ein Ort, an dem Sie neue Produkte entdecken und einkaufen können“, schreibt Amazon. Kund*innen können auch eigene „Shoppable Posts“ erstellen und Artikel anderen Usern empfehlen. Social Media und E-Commerce verschmelzen spätestens 2024 also immer mehr zu Social Commerce.
UX (User Experience) und CX (Customer Experience) sind nicht nur wichtig, um den unmittelbaren Verkaufserfolg zu steigern, sondern auch, um langfristige Beziehungen zu Kund*innen aufzubauen und zu pflegen, die für den nachhaltigen Erfolg im Sportmarketing entscheidend sind. Auch EX (Employee Experience) oder auch Workforce Engagement Management bleibt weiter im Fokus. Im Kern geht es darum, Mitarbeitende – zum Beispiel im Kundenservice – nicht nur auszubilden, sondern auch ihr Arbeitsumfeld optimal auszugestalten. Sportscheck hatte schon vor ein paar Jahren gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Tablets gemacht. So weit, so bekannt.
Doch die Hyperpersonalisierung ermöglicht nun völlig neue Erfahrungen und Customer Journeys. Einen praktischen Use Case für UX zeichnet Sebastian Küpers, CTO der Plan.Net Group, im Branchenmedium Absatzwirtschaft für einen Autokauf per Chatbot nach. „Die KI weiß, dass es sich bei den Interessenten um ein gutsituiertes, junges Ehepaar handelt, das gerne mit dem Auto verreist, Luxus, Komfort und Blautöne liebt“, beschreibt der Experte. „So erhalten Kund*innen das Gefühl, dass sie genauso kompetent und individuell beraten werden wie in einer Niederlassung.“
Im Bereich CX steht Augmented Reality (AR) 2024 weiter hoch im Kurs. Für AR-Kampagnen wurden 2022 weltweit bereits 3,2 Milliarden Euro ausgegeben. Zu Recht, denn Studien haben gezeigt, dass AR-Erlebnisse zu höherem Engagement, höherer Erinnerung und höheren Konversionsraten führen. AR setzt sich besonders in der Modebranche immer mehr durch, indem es ermöglicht, Kleidung und Schuhe virtuell anzuprobieren. Die Technologie reduziert den Bedarf an physischen Mustern sowie die Retourenquote und somit auch Abfall und Umweltbelastung. ISPO Award Gewinner Hezo Cycling nutzt die Technik bereits, um die Maße für die per 3D-Druck hergestellten Fahrradschuhe von den Käufer*innen zu bestimmen.
Ein CX Gamechanger könnte das neue Apple Vision Pro Headset werden, das seit kurzem in den USA auf dem Markt ist. Das „Mixed-Reality-Headset“ verbindet AR-Funktionen mit Virtual Reality Anwendungen und stellt so ein völlig neues Interface zwischen realer und digitaler Welt dar.
Decathlon hat in den USA Anfang Februar bereits eine immersive Shopping-Erlebnis-App für Apple Vision Pro auf den Markt gebracht. Darin können Menschen eine Auswahl an Outdoor- und Fahrradprodukten ansehen, einschließlich der Anzeige in 3D in ihrer persönlichen Umgebung, Geschichten zu den Produkten erfahren und sie natürlich auch kaufen. „Kunden können unsere Zelte betreten oder unsere neuen Fahrräder bequem von zu Hause aus in 3D testen – eine Revolution im Einkaufserlebnis“, sagt Barbara Martin Coppola, Chief Executive Officer von Decathlon.
Die Mischung aus real und digital machen sich auch Fake-Out-of-Home (FOOH) Kampagnen zu Nutze, die das klassische Out-of-Home (OOH) und Digital-Out-of-Home (DOOH) auf eine neue Ebene heben. Digitalkünstler spielen mit der Realität und kreieren fantasievolle Grafikanimationen für Social-Media-Kanäle von Brands. Dort erzielen die FOOH-Kampagnen eine hohe Aufmerksamkeit, gehen im Idealfall viral und schaffen den Sprung in die Berichterstattung klassischer Medien. Das neue, skurrile Genre verfolgt meist einen spielerischen Ansatz, indem es reale Aufnahmen mit 3D-Assets mischt. Ein Best-Pratice-Beispiel für eine erfolgreiche FOOH-Kampagne kommt von der Kosmetikmarke Maybelline. In dem Film werden riesige Wimpern von Londoner U-Bahnen und Bussen von übergroßen Mascara-Bürsten gestrichen.
Eine Revolution für FOOH könnten 2024 KI-Videos werden: OpenAI, die Entwickler von ChatGPT, stellten Mitte Februar ihren Text-zu-Video-Generator Sora vor. Das KI-Modell kann aus einem einfachen Prompt erstaunlich realistische Filme erzeugen. Sora soll daher zunächst nur ausgewählten Kreativen zur Verfügung stehen, um mögliche Sicherheitsrisiken zu bewerten.
Gerade, als man dachte, die Ausdifferenzierung des Influencer Marketings wäre abgeschlossen, gibt eine neue Form dem Hype virtuellen Zucker: KI-Model Influencer. Diese per generativer KI erstellten Charaktere schicken sich an, das Influencer-Business zu revolutionieren. So flexibel, schnell und kostengünstig die virtuellen Creators sind, wundert es kaum, dass Brands immer mehr häufiger mit ihnen kooperieren möchten.
Virtuelle Models gibt es schon länger, der Zugang zu KI-Bildtools wie Midjourney hat es ermöglicht, dass auch Laien virtuelle Charaktere erstellen können, was zu einem starken Anstieg von KI-Creators geführt hat. KI-Technologien helfen auch, die Interaktion mit Fans zu verbessern, beispielsweise durch eine Chatfunktion. Und die virtuellen Charaktere stehen echten Influencern in nichts mehr nach. Rund um die KI-Models werden von den Agenturen, die hinter ihnen stehen, ganze Lebensgeschichten entworfen – inklusive Hobbies und Rendezvous. Aitana Lopez, ein Charakter der Agentur The Clueless aus Barcelona, ist zum Beispiel eine urbane, sportliche Spanierin, die Fitness und eSports liebt.
Die Akzeptanz von KI-Models steigt, und die Technologie löst die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zunehmend auf. Auch KI generierter Video-Content wird in Kürze so weit sein, dass kaum noch ein Unterschied zu sehen sein wird. Dank Tools wie AiVatar lassen sich inzwischen im Handumdrehen Videos mit KI-Models erstellen. Klar, die allseits hochgehandelte Authentizität einer Brand lässt sich mit KI-Models nicht darstellen. Trotzdem ist das Potenzial von KI im Influencer-Business unübersehbar.
Drittanbieter-Cookies wurden bislang für User-Tracking über verschiedene Websites hinweg genutzt, etwa um Nutzerverhalten und -interessen zu verfolgen und personalisierte Werbung einzublenden. Doch nun hat die „Cookiecalypse“ endgültig begonnen: Nach Safari und Firefox verzichtet seit Anfang 2024 auch Google Chrome auf Third-Party-Cookies. Zunächst betrifft dies nur wenige Nutzer*innen des Browsers, ab Mitte des Jahres wird das automatische Blockieren von Drittanbieter-Cookies dann aber für alle Chrome-Anwender voreingestellt sein.
Glücklicherweise bietet künstliche Intelligenz auch in diesem Bereich neue Möglichkeiten für intelligentes, datenschutzkonformes Targeting, ohne das die Hyperpersonalisierung nicht möglich wäre. Der Trend geht hin zu Technologien, die die User in Interessengruppen einordnen und nicht als Einzelpersonen tracken, was die Privatsphäre besser schützen soll.
Die wichtigsten Cookieless-Targeting-Methoden fasst ChatGPT so zusammen:
- Device-Fingerprinting und seine Varianten (browserspezifisches Fingerprinting, Canvas-Fingerprinting):
Geräte haben einzigartige Konfigurationen und Eigenschaften, die zusammen einen individuellen Fingerabdruck (Device-Fingerprint) bilden. Browserspezifisches Fingerprinting nutzt JavaScript oder Plugins, um Eigenschaften des Browsers auszulesen und ermöglicht websiteübergreifendes Tracking. Canvas-Fingerprinting nutzt das HTML5-Element „canvas“, um über individuelle Systemkonfigurationen einen Fingerabdruck zu generieren. - ID-Graph und User-ID:
Der ID-Graph verknüpft verschiedene Datenpunkte eines Nutzers aus unterschiedlichen Quellen zu einem Profil, das für ein übergreifendes Tracking genutzt wird. Eine User-ID wird generiert, wenn sich ein Nutzer auf einer Website registriert und ermöglicht das Tracking über verschiedene Geräte und Sitzungen hinweg. - ETags und Authentication-Cache:
ETags helfen, den Datenverkehr zu reduzieren, können aber auch für Tracking verwendet werden, indem sie mit einer eindeutigen Kennung überschrieben werden. Authentication-Cache speichert Login-Daten im Browser-Cache, die für wiederholte Authentifizierungen genutzt werden können. - Google Topics und Googles Privacy Sandbox:
Google Topics gruppiert Websites statt Nutzer und speichert Kategorien, um zielgerichtete Werbung zu ermöglichen. Die Privacy Sandbox von Google plant, Targeting auf Basis von Nutzergruppen (Kohorten) durchzuführen, was als datenschutzfreundlicher gilt. - Kontextbezogene Werbung (Contextual Targeting) und Semantic Targeting:
Contextual Targeting platziert Werbung basierend auf Schlagwörtern, während Semantic Targeting den gesamten Text einer Seite analysiert und auf Basis dessen Werbung platziert. - Universelle IDs und First-Party-Daten:
Universal IDs nutzen First-Party- und Offline-Daten, um einen User Identifier zu erstellen, der seiten- und geräteübergreifendes Tracking ermöglicht. First-Party-Daten sind Informationen, die der Website-Betreiber selbst sammelt und nutzt oder mit Zustimmung des Nutzers weitergeben kann.
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