ISPO.com: Herr Mayr, Olympia 2018 in Pyeongchang steht kurz bevor. 2014 in Sotschi waren Sie Teil der deutschen Mannschaft. Wie ist das, diesmal nur zuzuschauen?
Bene Mayr: 2014 konnte ich den ganzen Hype mitnehmen, den das Freestyle-Skiing als neue Sportart bei Olympia mit sich brachte. Ich habe aber gemerkt, dass mein Körper diese Art Feeski nicht mehr mitmacht: zum Beispiel das Springen im Park oder auf der eisigen Piste. Deshalb habe ich mich seinerzeit dazu entschieden, nur noch Freeride im freien Gelände zu machen. Ich konnte dadurch nochmal eine ganz andere Welt des Skifahrens entdecken.
Was gibt Ihnen das Freeriden?
Es ist sehr viel rauer, die Bedingungen sind sehr kompliziert. Es gibt nur einen Lauf, man kann den Berg nur einmal fahren. Wenn man oben steht, passiert deswegen sehr viel im Kopf. Der Sportler schaut sich den Berg von unten an, entwickelt einen Plan, und dann steht man oben, und plötzlich sieht alles ganz anders aus. Lawinengefahr, die Beschaffenheit des Schnees – der Freerider muss darauf reagieren können, notfalls eine andere Linie wählen.
Große Gefahr inbegriffen.
Absolut. Einmal geht es steiler hinab, als gedacht, das andere Mal geht der Sprung tiefer. Und die Konsequenzen sind einfach sehr, sehr krass. Bei uns heißt es immer: „no fall“. Ein Freerider darf nicht fallen, denn wenn man fällt, endet das immer böse, weil es so steil ist.
Und Freeride Ski würde nicht zu Olympia passen?
Nein! Es wäre zwar theoretisch machbar, aber nicht im Sinne der Sportart. Durch den Einfluss von Olympia, der FIS und der ganzen Verbände, verändert sich ein Sport sehr. Das habe ich an anderen Disziplinen des Freeskiing gesehen. Olympia verändert viel von einem Sport, von dem, wie dieser einmal war.
Inwiefern?
Früher sind die Leute miteinander Ski gefahren, die Athleten hatten sehr viel miteinander zu tun. Heute fehlt dieser Gedanke: Dass man den Sport aus Leidenschaft und Spaß macht. Heutzutage ist es sehr, sehr leistungsorientiert. Das nimmt den freien, wilden Charakter. Der Sport wird stattdessen in starre Strukturen hineingedrängt.
Ski-Ikone Markus Wasmeier kritisierte auf der ISPO Munich, das IOC habe die Olympischen Spiele regelrecht kaputt gemacht.
Das ist richtig. Wenn man nur sieht, was mit den russischen Athleten passiert: Mal werden sie ausgeschlossen, dann sind sie wieder dabei, dann werden sie wieder ausgeschlossen. Man denkt sich: Wenn diese Skandale so weitergehen, wie lange behält Olympia dann noch seinen Stellenwert? Das alles macht diesen Wettbewerb kaputt. Die Verbände müssen aufpassen, dass sie es nicht zu weit treiben und wir in 20 Jahren kein Olympia mehr haben.
Statt bei Olympia zu starten, arbeiten Sie mittlerweile in verschiedenen Feldern als Unternehmer, sind unter anderem Teilhaber einer Kneipe in München.
Ja, die Schorsch-Bar. Damit haben Freunde und ich einst angefangen. Mittlerweile haben wir fünf Gastro-Betriebe, vier in München - Bars, Clubs, Restaurants - und ein Café in Innsbruck. Und mit Sven Kühnle, einem anderen Skifahrer, habe ich noch eine Immobiliengesellschaft. Wir kaufen Immobilien, renovieren diese, und verkaufen sie dann wieder.
Ihre Bar würde der ursprüngliche Münchner eine „Nachbarschaftskneipe“ nennen - für die Nachbarn, für das Viertel. München ist geprägt von Gentrifizierung. Geht es dem Unternehmer wie auch dem Spitzensportler Mayr um Nachhaltigkeit?
Ja, sehr. Die Bar liegt im Zentrum, in der Maxvorstadt. Die Nachbarn kommen vorbei, man kennt jeden. Wenn man Hilfe braucht, findet sich sofort jemand. Das ist sehr viel wert. Vergleichen wir das mal mit Produkten, die man verkaufen möchte: Man muss sich damit identifizieren können, sich dabei wohlfühlen.
Sie identifizieren sich nicht zuletzt mit Freeskiing. Abschließend: Wohin gehen die Trends in den kommenden Jahren?
Es geht immer darum, wie ein Wettkampf für die Öffentlichkeit interessant gemacht wird und wie der Wettkampf aufgebaut ist. Man muss die Sportart näher zu den Leuten bringen, Stichwort digital, Stichwort Social Media. Und der Sport entwickelt sich parallel immer weiter: Es wird immer eine Drehung mehr geben, jemanden, der noch einen Flip mehr wagt. Dann kommt es darauf an, was die Industrie dahinter daraus macht. Die Frage ist: Wie diese den Sport noch besser vermarkten kann. Darum geht es am Ende.
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