China/06.11.2019

Unberechenbares China: 6 Tipps für internationale Marken

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren!

Diese Funktion ist nur verfügbar, wenn eine entsprechende Zustimmung erteilt wurde. Bitte lesen Sie die Details und akzeptieren Sie den Service, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren.

Bewerten
Merken

Fast 1,4 Milliarden Einwohner, gigantische Investitionen in Fußball oder Wintersport – China ist sicher einer der weltweit spannendsten Märkte für die Sportindustrie. Trotzdem tun sich viele internationale Marken schwer im Reich der Mitte. Wir erklären, wie der Zugang gelingen kann.

Peking - wo Tradition und Moderne zusammenkommen, ergeben sich unzählige Möglichkeiten für europäische Unternehmen.
Peking - wo Tradition und Moderne zusammenkommen ergeben sich unzählige Möglichkeiten für internationale Marken

Remigio Brunelli ist inzwischen seit knapp 15 Jahren in China – genauso lange wie die Messe München mit ihrer ISPO Beijing. In dieser Zeit ist der China-Chef der Tecnica Group zu einem der angesehensten Experten der internationalen Sportindustrie für das Reich der Mitte geworden. Auch privat lebt Brunelli mit seiner Familie in China den Mix zwischen den unterschiedlichen Kulturen. Somit ist der Italiener, der die Marken der Tecnica Group zu Top-Performern im gigantischen Markt gemacht hat, genau der richtige Ratgeber für den oft so schwierigen Zugang zum chinesischen Markt.

1. China ist komplett anders als Europa!

Viele Marken wollen ihr Erfolgsmodell aus Europa direkt nach China exportieren. Diese Herangehensweise ist jedoch laut Brunelli zum Scheitern verurteilt: „Das sind total verschiedene Mentalitäten. China ist komplett anders, das muss man verstehen, akzeptieren und sich darauf einstellen. Man muss auf den Markt hören!“ Unterschiede gibt es zum Beispiel bei den Distributionskanälen: Während in Europa das Business zu 90 Prozent in Multi-Brand-Shops abgewickelt wird, dominieren in China immer noch Mono-Brand-Geschäfte. 

Auch der Kunde ist laut Brunelli anders: „Viele sind mehr an der Marke als an der dahinterstehenden Technologie der Produkte interessiert.“ Viele Kunden in China bringen nicht den in Europa üblichen Kenntnisstand über Sportprodukte mit, sind aber andererseits technologisch oft viel moderner als die Kunden in „Old Europe“ – zum Beispiel in Sachen Werbung über mobile Kanäle wie WeChat. Das Marketing muss also genauso angepasst werden wie die Produktauswahl und die Shop-Präsentation.

2. Geduld haben und Partner suchen!

„Sei nicht in Eile und suche dir den richtigen lokalen Partner“, lautet der nächste Tipp von Brunelli. Es braucht in diesem Riesenreich Zeit, um Traktion beim Verkauf der Produkte zu gewinnen. Und oft auch „Vitamin B“ – also die richtigen Beziehungen zu Regierungs- und Behördenstellen – um erfolgreich zu sein. Dabei kann ein einheimischer Partner aus China immens helfen.

Die Technica Group setzt zum Beispiel auf eine Kooperation mit Snow 51 – eine aufstrebende Kette mit revolutionärem Shop-Konzept. Beim Finden des richtigen Partners bietet die Chinese Outdoor Association (COA) ihre Hilfe an. Auch auf internationalen Drehscheiben der Sportindustrie wie der ISPO Beijing oder ISPO Shanghai kann man perfekt neue Kontakte knüpfen.

3. Nicht nur die Megacities im Blick haben!

Viele Marken setzen bei ihrer Expansion in China auf international bekannte Megacities wie Shanghai oder Peking. „Dort ist aber zu einem die Konkurrenz gigantisch, zum anderen sind die Kosten sehr hoch, um erstmal überhaupt sichtbar zu werden“, sagt Brunelli. Deshalb empfiehlt der China-Experte zum Start in „kleinere“ Städte aus der zweiten Reihe zu gehen. Wobei kleiner relativ ist: In China gibt es über 50 Millionenstädte. Haben Sie zum Beispiel schon mal was von Tianjin gehört? Dort allein lebten 2015 über 15 Millionen Einwohner.

4. Wie in Europa: Auf die Region zugeschnittene Konzepte!

Was man auch niemals vergessen sollte: China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist so groß wie ein Kontinent. Unterschiedlichste Kulturen von weltgewandten Großstädtern aus Millionenstädten bis zu Bauern aus der Inneren Mongolei leben hier zusammen in einem Land. China ist also kein einheitlicher Block, sondern es braucht für unterschiedliche Regionen auch unterschiedliche Konzepte.

„In Europa würde auch niemand auf die Idee kommen, in Spanien das gleiche Marketing wie in Deutschland zu machen oder Schweden genau wie Rumänien abzufrühstücken. China ist mehr als ein Kontinent, da kannst du nicht überall mit dem gleichen Modell arbeiten“, empfiehlt Brunelli.

Die Sportindustrie in China floriert seit den Olympischen Sommerspielen 2008.
Die Sportindustrie in China floriert seit den Olympischen Sommerspielen 2008.
Bildcredit:
iStock

5. Großevents im Blick haben!

Die Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking haben der chinesischen Sportindustrie gigantischen Rückenwind gegeben. Doch es kommt in den nächsten Jahren noch besser. Die chinesische Regierung investiert Milliarden in die Entwicklung des Fußballs und will bis 2050 eine WM ausgerichtet und in die Weltspitze aufgestiegen sein. Zudem stehen 2022 die Olympischen Winterspiele in Peking an, in deren Sog 300 Millionen Chinesen zum Wintersport gebracht werden sollen.

Brunelli: „Das wird der Sportindustrie in China in den nächsten zehn Jahren einen unglaublichen Push geben. Speziell der Wintersport hat mittelfristig eine brillante Zukunft, wenn erstmal die Infrastruktur da ist.“ Das Motto für internationale Marken heißt: Rechtzeitig präsent sein und einen langen Atem haben, um an der weltweit spannendsten Entwicklung in der Sportindustrie in der nächsten Dekade teilzuhaben.

6. Neue Ideen mitnehmen!

Die Expansion nach China ist keine Einbahnstraße, die erstmal nur viel Geld kostet. Wer hier präsent ist, ist sprichwörtlich am Puls der Zeit. Snow 51 beispielsweise macht seine Shops in Shanghai zur Erlebnis-Zone, in der man Skifahren lernen, Tischtennis trainieren oder Fitness machen kann. Und nebenbei noch einkauft und ein paar Häppchen und Getränke genießt.

Den Einkauf zum Erlebnis machen – wovon in Europa häufig noch geträumt wird, ist hier längst Realität. „Ich sehe nicht nur einen Import von Produkten aus Europa, sondern auch einen Export von Ideen nach Europa. Von einigen Konzepten in China können wir viel lernen“, so Brunelli.

Themen dieses Artikels