- Was ist Crowdfunding?
- Voraussetzung: Überzeugende, innovative Produktideen
- Vorteil: Die eigene Unabhängigkeit bewahren
- Immer im Fokus: Das Produkt – und seine Features
- Nutzung der Community für Beziehungsaufbau und Produktentwicklung
- Vorsicht: Vertrauen darf nicht enttäuscht werden
- Fazit: Das solltest du beim Launch über Kickstarter beachten
Crowdfunding bedeutet die Vorfinanzierung von Produkten oder Projekten durch Gruppen privater Interessenten, beispielsweise über internationale Internetplattformen wie Kickstarter.com. Doch Crowdfunding ist keine neue Idee. Vielmehr erlebte es bereits vor etwa zehn bis fünfzehn Jahren seine Hochphase, als zahlreiche Medien immer wieder über spektakuläre Crowdfunding-Kampagnen berichteten und damit beispielsweise Filme, Videospiele, VR-Brillen und vieles mehr vorfinanziert wurden und damit überhaupt erst realisierbar waren.
Dass man heute weniger von diesen Kampagnen hört, bedeutet jedoch nicht, dass sie an Relevanz verloren haben. Das Gegenteil ist der Fall. Die beiden Unternehmen Peak Design und Graphene-X, die zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten mit Crowdfunding begonnen haben, führen nach wie vor solche Kampagnen über Kickstarter durch und haben dies zu einem festen und kontinuierlichen Bestandteil ihrer Produkteinführungen gemacht. Peak Design hat erst im April seine 14. und mit 13 Millionen US-Dollar bislang erfolgreichste Kickstarter-Kampagne zum Launch der neuen Trolley-Kategorie abgeschlossen. Mehr als 23.000 Backer (so nennt man die Käufer*innen auf Kickstarter) haben das Produkt bestellt. Graphene-X aus Hongkong startete 2019 und veranstaltet zweimal im Jahr eine neue Kampagne. Für das Aerograph Puffer Jacket wurde Graphene-X im letzten Jahr mit dem ISPO Award 2024 ausgezeichnet. Die neueste Kampagne für eine modulare ThermAdapt GX-Merino Heizjacke wurde gerade gestartet.

Peak Design aus den USA gehört zu den bekanntesten Kickstarter-Marken im Umfeld der Sportartikelindustrie und hat sich auf Kamera- und Reisetaschen spezialisiert. Gründer Peter Dering startete 2011 seine erste Kampagne auf Kickstarter, um die Produktion des Capture Camera Clip vorzufinanzieren, einem Clip zur Befestigung von Kameras am Rucksackgurt oder Gürtel. Seine Motivation: Dering ist selbst leidenschaftlicher Fotograf und vermisste auf seinen Reisen immer eine Möglichkeit, die Kamera schnell zu verstauen und beide Hände frei zu haben. Die Kampagne brachte auf einen Schlag 360.000 US-Dollar ein. „Das war damals eine bahnbrechende Summe und ein echter Katalysator, der Peak Design ins Leben gerufen hat", sagt Lorenzo Saibene, Wholesale Marketing Manager von Peak Design.
Auch die Geschichte von Graphene-X aus Hongkong begann damit, dass Gründer Jorge Barros Produkte entwickeln wollte, die es bis dahin noch nicht gab: hochfunktionelle Alltagskleidung aus Hightech-Geweben mit integriertem Graphen, das den Stoffen außergewöhnliche hydrophobe, antibakterielle und wärmeleitende Eigenschaften verleiht. Auch der Erfolg seiner ersten Kampagne 2019 war sensationell, erzählt Barros:
Innerhalb von 30 Tagen haben wir rund eine halbe Million US-Dollar durch den Vorverkauf der Jacken eingenommen. Das war der Moment, in dem wir dachten: Okay, es gibt einen Markt für diese Idee. Es gibt etwa 2.000 Menschen aus 80 Ländern der Welt, die bereit sind, uns ein halbes Jahr vor der Auslieferung ihr Geld zu geben.
Auf die Frage wie sich die ISPO Award Auszeichnung auf den Verkauf ausgewirkt hat, Antwortet Barros:
Ich denke, unser Produkt, das den ISPO Award gewonnen hat, war vor allem wegen der Auszeichnung so erfolgreich. Das hat uns im Dezember viel Aufmerksamkeit gebracht. Tatsächlich war der Dezember einer der umsatzstärksten Monate in der Geschichte des Unternehmens.
Mit kaum einem anderen Tool bekommt man so schnell Feedback, ob die Produktidee Abnehmer*innen findet oder nicht. Und das, ohne Geld in die Produktion, den Aufbau eines Webshops, eines Vertriebs und eines Händlernetzwerks investieren zu müssen. Es muss auch nicht gleich eine ganze Kollektion entwickelt werden, solange das Produkt einzigartig genug ist. Barros erklärt:
Man geht kein großes Risiko ein, wenn man nicht weiß, ob das Produkt zum Markt passt oder nicht. Für Start-ups ist das entscheidend.
Zudem ermöglicht es eine bedarfsgerechte Produktion und minimiert Überproduktionen.
Finanzielle Unterstützung ist aber nicht nur für Start-ups relevant. Peak Design ist inzwischen etabliert, hat loyale Kund*innen und verfügt längst über viele verschiedene Absatzkanäle. Warum braucht Peak noch Crowdfunding? Saibene antwortet:
Diese Frage wird uns oft gestellt. Unsere Partnerschaft mit Kickstarter hat es uns im Kern ermöglicht, unsere Unabhängigkeit als Unternehmen bis heute zu bewahren. Kurz gesagt: Wir können die Produkte herstellen, die wir herstellen wollen, und das Unternehmen führen, das wir führen wollen, und das verdanken wir dem Crowdfunding.

Die Plattform Kickstarter verzeichnet durchschnittlich rund 28 Millionen Besucher pro Monat und zieht vor allem Menschen an, die an neuen Ideen interessiert sind und das Außergewöhnliche suchen. Saibene erläutert:
Es geht um Innovation und die Fähigkeit, sie zu erzählen. Die Unterstützer*innen sind hungrig nach dem, was die Produkte besonders und wirklich innovativ macht.
Aus diesem Grund bringt Peak Design auf Kickstarter nur echte Innovationen auf den Markt und normalerweise keine Aktualisierungen bestehender Produkte. Zu den jüngsten Beispielen gehören die Motorrad-Handyhalterungen - die ersten in dieser Kategorie mit kabelloser Schnellladefunktion, eine Outdoorlinie, die ebenfalls einen ISPO Award 2024 gewonnen hat - und Peaks jüngster Einstieg in den Bereich Reisegepäck mit einer Trolley-Kollektion.
Interessanterweise hat Graphene-X viele Kund*innen in Cupertino, dem Hauptsitz von Apple im Silicon Valley. Aber auch wenn viele Backer tendenziell technikaffin sind, bedeutet das nicht unbedingt, dass sie mit klassischem Tech-Sprech überzeugt werden wollen. Anfangs hat Graphene-X die Produkte sehr technisch erklärt. Wenn über Wasserdichtigkeit oder Abriebfestigkeit gesprochen wurde, verwies man auf die Testergebnisse der jeweiligen Standardtest. Barros: „Das Problem ist nur, dass niemand versteht, was zum Teufel der Martindale-Test ist. Ich habe also festgestellt, dass es besser ist, unsere Hosen oder Jacken an einem spitzen Stein zu reiben, so dass sie wirklich beschädigt werden, und dann zu sagen: ‚Hey, schaut mal, so sehen die Hosen und Jacken jetzt nach dieser Prozedur aus.‘“ Es ist sicher kein Zufall, dass viele Bestellungen nach Cupertino – dem Hauptsitz von Apple im Silicon Valley - geschickt werden.

Backer sind keine Durchschnittskund*innen, die einfach nur eine neue Jacke suchen. Barros verdeurtlicht:
Backer wollen informiert und gerne auch in Entscheidungen einbezogen werden.
Deshalb arbeitet er vor dem Start der Kickstarter-Kampagnen gerne mit Pre-Launches, um Prototypen vorzustellen und Feedback aus der Kickstarter-Community einzuholen.
In 99 Prozent der Fälle, in denen wir etwas auf Kickstarter vorgestellt haben, war das Produkt am Ende besser als unser ursprünglicher Ansatz. Warum? Weil tausende Augen auf das Produkt geschaut haben und Verbesserungsvorschläge machen. Kein noch so talentiertes Team kann das Feedback von Tausenden zahlender Nutzer*innen eines Produkts übertreffen.
So hat sich Barros beispielsweise bei der Entwicklung einer Herrenunterhose ganz vom Feedback der Backer leiten lassen.
Aber auch nach Abschluss der Kampagnen reißt die Kommunikation mit den Kund*innen nicht ab. Für Barros ist es sehr wertvoll, Backer, die ein Produkt schon länger nutzen, um Feedback zu bitten, um das Produkt weiterzuentwickeln und neu aufzulegen. Als Anreiz für die Mitarbeit bietet Graphene-X einen Rabatt auf die Bestellung des neuen Produkts.
Mit anderen Worten, wie Saibene bestätigt:
Kickstarter schafft einen direkten Draht zum Aufbau authentischer Beziehungen zu unserer Community durch Kommentare, Updates und Umfragen.
Bei der letzten Kampagne im April wurden über 1.500 Kommentare abgegeben.
Diese Kampagnen verwandeln unser gesamtes Unternehmen in eine aktive Zuhörerschaft. Jede*r, vom Design bis zum Marketing, taucht in das Kundenfeedback ein und nimmt jeden Kommentar und jede Umfrageantwort auf, um bessere Produkte zu entwickeln.
Doch Crowdfunding hat auch Risiken: Wer einem Unternehmen mit dem Vorab-Kauf eines Produkts hilft, dessen Herstellung zu finanzieren, gibt dem Unternehmen im wörtlichen Sinne einen Vertrauensvorschuss. Vertrauen ist in diesem Geschäft also ein sehr hohes Gut. Und wer nach schlechten Erfahrungen mit Crowdfunding googelt, findet schnell auch Beispiele, wo Backer enttäuscht wurden. „Diese Menschen werden Dir niemals wieder vertrauen“, ist Barros überzeugt. Wer also sein Geschäft über Crowdfunding aufziehen möchte, muss auch liefern. Das hat für Barros und Saibene oberste Priorität. Dabei ist es weniger dramatisch, wenn sich beispielsweise mal eine Lieferung verzögert. Wichtig dabei ist, dass man sich die Mühe macht, dies offen zu kommunizieren und zu erklären. Bei Graphene-X läuft diese Kommunikation mit den Backers sehr persönlich über E-Mail ab und ist deshalb bis heute Chefsache. Barros: „Das ist der Kanal, den ich noch zu 100 Prozent persönlich verwalte. Ich schreibe jede einzelne E-Mail, die vom Unternehmen an unsere Unterstützer geht, selbst.“
Online-Plattformen wie Kickstarter können dabei helfen, Investor*innen zu finden. Weiterhin sind reale Begegnungen und der direkte Austausch wichtig. ISPO 2025 als internationales Flagship Event der globalen Sportbranche bietet Start-ups die ideale Gelegenheit, ihre Ideen vor Investor*innen zu präsentieren, wertvolle Kontakte zu knüpfen und mediale Reichweite zu erlangen. Der Founders Fight Club bietet zusätzlich die Chance, Innovationen einem globalen Publikum zu pitchen und direktes Feedback zu erhalten. Mit dem ISPO Brandnew Award festigen Start-ups gleichermaßen ihre Glaubwürdigkeit und Marktstellung. Sei dabei – vom 30. NOV. – 02. DEZ. in München.
- Die Idee für Dein Produkt muss neu und überzeugend sein
- Die Kickstarter-Community ist anspruchsvoll, informiert und technikaffin, berücksichtige das
- Technische Details sind wichtig, müssen aber verständlich kommuniziert werden
- Binde die Community in den Entstehungsprozess des Produkts mit ein
- Die Backer-Community will auf Augenhöhe behandelt werden, würdige das Vertrauen in deine Zuverlässigkeit und Dein Produkt
- Halte deine Community auf dem Laufenden, z.B. wenn es mit der Lieferung Verzögerungen gibt
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