Wir sind an der Schwelle. Es bewegt sich viel, aber noch nicht genug. Body Positivity hat die Tür geöffnet. Jetzt müssen wir durchgehen und Inklusion in Design und Entwicklung als Selbstverständlichkeit verankern.
erklärt Lena Haushofer, Exhibition Director der ISPO und Founding Member des Global Game Shapers Network (GGSN) im Interview mit Glamour.
Was mit Body Positivity begann, dem Aufbrechen normativer Schönheitsideale, findet nun seinen nächsten Entwicklungsschritt im sogenannten Body Inclusive Design. Es geht dabei nicht um größere Größen oder diverse Models in Kampagnen, sondern um ein grundsätzlich neues Verständnis von Gestaltung: Kleidung, Ausrüstung und Produkte sollen Menschen nicht ausschließen, sondern befähigen. Haushofer betont
Inclusive Marketing zeigt Vielfalt in Kampagnen. Body Inclusive Design bringt sie ins Produkt. Das ist echte Teilhabe.
Inklusion bedeutet, Körper in ihrer gesamten Vielfalt mitzudenken, Menschen im Sitzen, mit Prothesen, mit eingeschränkter Beweglichkeit oder einfach mit Körpern, die nicht ins klassische Normraster passen. Und genau hier entsteht eine spannende Verbindung zwischen Sport und Mode und die ISPO-Aussteller liefern konkrete Beispiele:
- medi GmbH & Co. KG bietet verstellbare Orthesen, Kompressionssysteme und Bandagen, die direkt auf unterschiedliche körperliche Bedürfnisse eingehen.
- Decathlon führt die Kategorie Disability Sports & Adaptive Clothing sowie adaptive Sport- und Reha-Ausrüstung, darunter Rollstühle, angepasste Sportgeräte und Bekleidung.
- adidas entwickelt adaptive Sport-Kits, etwa Basketball-Uniformen für Rollstuhlsport, und arbeitet mit Organisationen für Athlet*innen mit Behinderung.
Lange galt adaptive Mode, also Kleidung, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zugeschnitten ist, als Nische. Doch diese Sicht verändert sich rapide. Laut WHO leben allein in Europa über 130 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Der Bedarf ist enorm, das Bewusstsein wächst. Haushofer verdeutlicht
Viele mussten bislang Kompromisse eingehen. Entweder auf Funktionalität setzen oder auf Modebewusstsein verzichten. Dabei ist beides möglich und längst überfällig.
Marken und Hersteller auf der ISPO zeigen, wie das geht:
- Komperdell bietet verstellbare Trekking- und Gehstöcke sowie Walker/Walking Aid-Produkte mit ergonomischen Griffen, die Mobilität erleichtern.
- Betterguards entwickelt adaptive Knöchelstützen, die sich bei plötzlichen Bewegungen automatisch stabilisieren – nützlich bei chronischer Instabilität oder Verletzungsprävention.
- myoact (MYoACT) nutzt EMG-Sensorik in Kombination mit Therapie-Software, um neuromuskuläre Probleme gezielt zu therapieren und Reha zu unterstützen.
- EGYM stellt Smart-Gym-Equipment mit personalisierbaren Trainingsprogrammen vor, das automatisch Last und Widerstand an individuelle Leistungs- und Mobilitätslevel anpasst.
Im Sport, sagt Haushofer, liege die Inklusion quasi in der DNA: „Im Sport wird Inklusion oft zuerst gedacht, weil Funktionalität über Ästhetik geht, daraus lassen sich wertvolle Lehren für Mode ableiten.“
Neue Technologien eröffnen der Branche zusätzliche Chancen. 3D-Körperscans, smarte Materialien oder digitale Passformlösungen ermöglichen eine präzisere, individuelle Passform.
Doch Technik allein reicht nicht. Haushofer zeigt
Technologie muss Brücken bauen, nicht Barrieren. Nur dann ist sie inklusiv.
Im Outdoor-Segment zeigen Marken wie Osprey, dass Performance und Inklusion kein Widerspruch sind. Das US-Label setzt auf anpassbare Passformsysteme, geschlechtsneutrale Designs und Nachhaltigkeit und macht sichtbar, was Haushofer beschreibt: Inklusion ist kein Trend, sondern eine Haltung.
Zulieferer wie Fidlock und YKK leisten ebenfalls einen Beitrag: Einhandbedienbare Verschlüsse und barrierefreundliche Reißverschlüsse erleichtern adaptive Kleidung und Schuhe, ohne dass die Endnutzer*innen auf Stil verzichten müssen
Echte Inklusion zeigt sich im Detail. Magnetknöpfe, die sich mit einer Hand bedienen lassen. Dehnbare Bündchen, die Bewegungen mitmachen. Jacken, die im Sitzen genauso gut sitzen wie im Stehen. Mode, die alle mitdenkt, ohne funktionale Kompromisse oder Reha-Optik.
Die Grenzen zwischen Sport, Alltag und Lifestyle verschwimmen dabei zunehmend. Eine funktionale Jacke für Rollstuhlnutzende kann genauso ein modisches Statement-Piece sein, genau wie adaptive Sneaker längst auf Streetstyle-Bildern auftauchen.
Haushofer betont:
Es gibt keinen Körper, der immer der Norm entspricht. Körper verändern sich – durch Alter, Schwangerschaft, Krankheit, durch Leben. Genau deshalb ist Inklusion kein Sonderfall, sondern ein Investment in unsere gemeinsame Zukunft.
Im Sportbereich lässt sich beobachten, wie sehr Inklusion die Produktentwicklung beflügeln kann. Der Anspruch, jedem Körper, unabhängig von Form, Geschlecht oder Fähigkeit, Bewegung zu ermöglichen, hat schon immer Innovationen hervorgebracht: von anpassbaren Protektorensystemen bis zu Sport-BHs für verschiedenste Bedürfnisse.
Dass inklusive Mode und Sportartikel längst kein Nischenthema mehr sind, zeigt die Dynamik in der gesamten Branche. Neben Global Playern etablieren sich kleine Labels mit großem Einfluss:
- Unhidden aus Großbritannien bringt adaptive Mode auf Laufstege,
- Auf Augenhöhe aus Berlin entwirft Kollektionen für kleinwüchsige Menschen,
- und Plattformen wie Zalando integrieren inklusive Angebote in ihre Hauptsortimente.
Diese Entwicklung signalisiert: Inklusion ist kein Sonderformat, sondern Mainstream im besten Sinne.
Die Verbindung von Inklusion und Performance-Design wird in Zukunft zur Selbstverständlichkeit werden. Wenn Sportmarken ihre Produkte für mehr Körper real entwickeln, entsteht nicht nur gesellschaftlicher Mehrwert, sondern auch wirtschaftliche Relevanz. Denn wer mehr Menschen erreicht, wächst nachhaltiger. Oder, wie Haushofer sagt
Eine Modewelt der Zukunft ist eine, in der Größe keine Kategorie mehr ist und in der sich niemand fragt: Bin ich hier gemeint? Weil es längst keine Frage mehr ist.
Body Inclusive Design steht für einen Paradigmenwechsel, von der Idee des perfekten Körpers hin zur Akzeptanz realer Vielfalt. Für die Sport- und Outdoor-Branche bietet das enorme Chancen: Produkte, die mehr Menschen erreichen. Marken, die Haltung zeigen. Und eine Community, die sich repräsentiert fühlt.
Ob auf dem Trail, im Fitnessstudio oder auf der Messebühne: Inklusion beginnt im Design und endet erst, wenn niemand mehr ausgeschlossen ist.
Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, wie Inklusion im Sport- und Fashionbereich praktisch umgesetzt wird, sollte die ISPO 2025 nicht verpassen. Vom 30. November bis 2. Dezember sind Aussteller wie medi GmbH & Co. KG, Decathlon, adidas, Osprey und viele weitere vor Ort, die adaptive Produkte, smarte Technologien und innovative Designs anbieten. Hier wird klar, wie Funktionalität, Style und Inklusion zusammenkommen. Ein Erlebnis, das zeigt, wie die Zukunft von Sport und Mode wirklich aussehen kann.
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