Rudolf Auer, Ex-Senior Principal, International Environmental Initiatives at Apple
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Messe München
INTERVIEW/21.10.2025

"Nachhaltigkeit und Innovation sind zwei Seiten derselben Medaille".

Rudolf Auer - Ex-Senior Principal für internationale Umweltinitiativen bei Apple
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Wie beginnt echte Veränderung? Mit einer starken Idee oder mit Menschen, denen es wichtig genug ist, sie in die Tat umzusetzen? Für Rudolf Auer, der fast 30 Jahre bei Apple tätig war, ging es bei Thema Nachhaltigkeit nie nur um Regeln oder Berichte. Es ging darum, Innovation in Wirkung und Zusammenarbeit in Kultur zu verwandeln. In diesem Gespräch mit ISPO.com erzählt er, was er auf diesem Weg gelernt hat.

Erfahre mehr über die Verbindung zwischen Innovation und Nachhaltigkeit in der Sustainability Solutions Area auf der ISPO 2025, wo du entdecken kannst, wie nachhaltige Praktiken die Produktleistung verbessern und gleichzeitig den Marktanforderungen entsprechen können. Von NOV. 30 - DEZ. 02 in München.

ISPO.de: Rudolf, du hast fast drei Jahrzehnte bei Apple verbracht und den Weg von Apple in Sachen Nachhaltigkeit mitgestaltet. Kannst du uns mehr von deinem Weg erzählen?

Rudolf Auer: Mir gefällt, dass du das Wort " Reise" verwendest, denn genau das war es. Als ich 1995 zu Apple kam, bedeutete Nachhaltigkeit vor allem eines: Einhaltung von Vorschriften. Wir erfüllten zwar die Vorschriften, aber es gab noch keine ganzheitliche Strategie, keine richtige Vision. Das änderte sich um 2003, als das Thema Nachhaltigkeit von der Geschäftsleitung wirklich unterstützt wurde. Wir begannen, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, indem wir schrittweise aus PVC ausstiegen, Lebenszyklusanalysen für jedes Produkt erstellten und unseren CO2-Fußabdruck verstanden, lange bevor dies zum Standard wurde.

Der eigentliche Wendepunkt kam 2013, als Tim Cook Lisa Jackson, die zuvor in der Obama-Regierung tätig war, in das Führungsteam holte. Nachhaltigkeit wurde zu einem der zentralen Werte von Apple. Damals begannen wir, mutige Verpflichtungen einzugehen, wie z. B. bis 2030 in unserer gesamten Lieferkette kohlenstoffneutral zu werden und auf 100 % recycelte Materialien umzusteigen. Wenn ich zurückblicke, waren diese 27 Jahre eine bemerkenswerte Zeit. Dafür bin ich sehr dankbar,

Apple ist berühmt für Design und Innovation. Wie eng sind Innovation und Nachhaltigkeit miteinander verbunden?

Auer: Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne Innovation kann man keine wirklichen Fortschritte bei der Nachhaltigkeit erzielen. Nehmen wir an, du willst mehr recycelte Materialien verwenden. Dann musst du sicherstellen, dass diese genauso gut funktionieren wie neue Materialien, gut aussehen, lange halten und in großem Umfang verfügbar sind. Das erfordert Innovation in den Bereichen Design, Materialwissenschaft und Lieferkettenmanagement. Nachhaltigkeit gibt der Innovation einen Sinn.

Und das gilt in beide Richtungen: Unternehmen, die bereits eine ausgeprägte Innovationskultur haben, werden im Bereich der Nachhaltigkeit viel eher erfolgreich sein. Innovation ist wirklich der Motor der Nachhaltigkeit.

Welche Rolle hat das Top-Management von Apple dabei gespielt?

Auer: Die Unterstützung durch die Führung ist entscheidend. Ohne Führung gibt es nur Verbesserungen. Mit Führung erreicht man einen Wandel.

Man braucht ein Engagement von oben, klare Ziele, hinter denen das gesamte Unternehmen steht. Bei Apple bedeutete das, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Abteilung war, sondern ein unternehmensweites Ziel mit messbaren Vorgaben.

Der Aufbau interner Allianzen scheint der Schlüssel zu diesem Wandel zu sein. Wie hast du das geschafft?

Auer: Nachhaltigkeit ist von Natur aus funktionsübergreifend, man könnte sagen, dass Nachhaltigkeit keine Abteilung hat, sondern in jeder Abteilung zu finden ist. Wir arbeiten mit Produktdesign, Rechtsabteilung, Marketing und PR zusammen. Es reicht nicht aus, kompetent zu sein, man braucht auch Leidenschaft und ein echtes Interesse am großen Ganzen des Unternehmens. Ich bin immer proaktiv auf die Leute zugegangen, habe Einzelgespräche geführt und zugehört.

Manchmal muss man anderen den Vortritt lassen, das schafft Vertrauen. Und man bereitet sich gründlich vor: Man kennt seine Verbündeten, versteht Einwände und hat immer einen Plan B für Meetings. So verwandelst du eine Idee in eine organisatorische Eigendynamik.

Wie sieht es mit externen Allianzen aus, mit Wettbewerbern oder politischen Entscheidungsträgern?

Auer: Echte Veränderungen machen nicht an den Unternehmensgrenzen halt. Um die Regulierung zu beeinflussen, muss man sich sogar mit Wettbewerbern über Handelsverbände oder Branchengruppen zusammenschließen. Vertrauen ist hilfreich, aber die Abstimmung der Interessen ist entscheidend. Jeder muss eine Win-Win-Situation sehen.

Ein großer Teil der Arbeit findet hinter den Kulissen statt: Argumente vorbereiten, Positionen abstimmen, sicherstellen, dass jeder die Konsequenzen einer Politik versteht. Es ist wie bei einem Sherpa: Man leistet eine Menge Vorarbeit, damit die ganze Gruppe gemeinsam den Gipfel erreichen kann.

Rudolf Auer Ex-Senior Principal für internationale Umweltinitiativen bei Apple über Nachhaltigkeit und Innovation
Rudolf Auer betont, dass ein echter Wandel bei der Führung beginnt und durch die Zusammenarbeit aller Abteilungen wächst.
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Viele Marken sind noch dabei herauszufinden, wie sie Nachhaltigkeit wirklich in ihre Unternehmensstrategie integrieren können. Was ist dein Ratschlag?

Auer: Beginn mit der ehrlichen Frage: Was für ein Unternehmen sind wir? Was ist unser Geschäftsmodell? Sind wir kostenorientiert oder innovationsorientiert? Danach mach eine ordentliche SWOT-Analyse, Stärken, Schwächen, Chancen, Gefahren, und schaue, wie Nachhaltigkeit zu deinen Werten passt.

Und ja, KPIs sind wichtig, denn was man nicht misst, wird man auch nicht erreichen.

Ein einfaches übergreifendes Ziel, wie die Klimaneutralität bis 2030, ist sehr wirkungsvoll. Aber Sie müssen es auf die einzelnen Abteilungen herunterbrechen, die Fortschritte vierteljährlich verfolgen und Meilensteine feiern.

Du hast gesagt, dass der Wandel beim Fahren manchmal "hart" sein kann. Was hast du damit gemeint?

Auer: Veränderung erzeugt immer Spannungen. Menschen fühlen sich unsicher, wenn sich vertraute Strukturen verändern. Während Entscheidungen und ihre Umsetzung also manchmal energisch sein müssen, muss die Kultur respektvoll bleiben. Führungspersönlichkeiten müssen Transparenz, Zielstrebigkeit und Authentizität bieten. Nur Führungskräfte, die diese Dinge auch leben, schaffen das Vertrauen, das einen echten Wandel möglich macht.

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Was hat dich in all den Jahren motiviert?

Auer: Die Leidenschaft. Auch wenn es nur langsam voran ging oder Rückschläge eintraten, habe ich an die Mission und das Unternehmen geglaubt. Leidenschaft muss Hand in Hand mit Demut gehen, mit der Einsicht, dass manche Dinge Zeit brauchen. Und Leidenschaft allein reicht nicht aus, man muss auch Energie tanken. Wenn man seine Energie nur aus der Arbeit schöpft, wird man ausbrennen, ein Ausgleich an anderer Stelle lässt einen gestärkt zurückkommen.

Welchen Rat würdest du Menschen in mittleren Positionen geben, die etwas bewirken wollen?

Auer: Hart zu arbeiten, sichtbar zu sein und schwierige Projekte zu übernehmen. Sichtbarkeit verschafft Glaubwürdigkeit. Sobald die Leute Ihre Ergebnisse sehen, werden Ihre Ideen an Boden gewinnen. Fang klein an, in deinem eigenen Einflussbereich, und finde Gleichgesinnte. Und wenn deine Idee ein breiteres Publikum verdient, finde einen intelligenten Weg, um gehört zu werden.

Rudolf Auer Ex-Senior Principal für internationale Umweltinitiativen bei Apple über Nachhaltigkeit und Innovation
Rudolf Auer ist davon überzeugt, dass Leidenschaft und Beharrlichkeit einen dauerhaften Wandel bewirken, dass aber Ausgewogenheit, Sichtbarkeit und Zusammenarbeit aus Ideen echte Wirkung machen.
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Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Was macht dir Sorgen und was gibt dir Hoffnung?

Auer: Beunruhigend ist, dass geopolitische Konflikte und kurzfristige Krisen die Aufmerksamkeit und die Ressourcen von der langfristigen Nachhaltigkeit ablenken. Die politischen Entscheidungsträger konzentrieren sich auf die unmittelbaren Probleme und nicht darauf, was in 10 oder 20 Jahren passiert.

Aber ich bin optimistisch. Erneuerbare Energien erreichen die Kostenparität, selbst in weniger sonnenreichen Regionen wie Mitteleuropa. Der technologische Fortschritt, insbesondere beim Energiemanagement und der künstlichen Intelligenz, wird die Lösungen beschleunigen. Jeden Tag kommt ein weiterer Tropfen in das Glas, und es wird immer voller.

Das Glas ist also halb voll?

Auer: Mehr als halb voll, es füllt sich jeden Tag schneller. Der Fortschritt für die Menschheit hängt von dieser Einstellung ab.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit, auch mit Wettbewerbern, um einen nachhaltigen Wandel voranzutreiben?

Rudolf Auer: Äußerst wichtig. Konkurrenten können sich gegenseitig inspirieren. Einige Unternehmen sind wahre Leuchttürme in ihrem Sektor, und der Austausch von Best Practices bringt die gesamte Branche voran. In der Sport- und Outdoor-Branche gehen Leistung und Nachhaltigkeit Hand in Hand, und die Zusammenarbeit macht beides stärker. Deshalb sind Messen wie die ISPO so wertvoll: Hier geht es nicht nur um Produkte, sondern darum, zu lernen, Kontakte zu knüpfen und Innovationen aus erster Hand zu erleben.

Auf der ISPO 2025 wird die Sustainability Solutions Area ein zentraler Ort sein, an dem Nachhaltigkeit Innovationen vorantreibt. Hier werden Marken bahnbrechende Lösungen zur Reduzierung der Umweltbelastung vorstellen. Dieser Bereich bietet eine dynamische Plattform für Fachleute, um zu erforschen, wie nachhaltige Praktiken die Produktleistung verbessern und gleichzeitig den Anforderungen des Marktes gerecht werden können. Als internationale Leitveranstaltung der globalen Sportbranche wird die ISPO 2025 die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch fördern und zeigen, wie Nachhaltigkeit die Sportindustrie in einen zukunftsfähigen und verantwortungsvollen Sektor verwandelt. Seien Sie dabei - vom 30. NOV. - 02. DEC. in München!

Die wichtigsten Erkenntnisse: Nachhaltigkeit trifft auf Innovation

  • Innovation ist der Motor für echte Nachhaltigkeit: Bei echter Nachhaltigkeit geht es nicht um die Einhaltung von Vorschriften. Es geht darum, bessere Lösungen zu schaffen. Nur durch kontinuierliche Innovation bei Materialien, Design und Produktion kann eine langfristige Wirkung erzielt werden.
     
  • Führung setzt Ziele in die Tat um: Nachhaltigkeit braucht ein starkes Engagement der Führung. Wenn das Topmanagement klare, messbare Ziele setzt, wird es Teil der Unternehmenskultur - und nicht nur eine Abteilung.
     
  • Zusammenarbeit treibt den Fortschritt voran: Der Wandel macht nicht an den Unternehmensgrenzen halt. Branchenallianzen, Partnerschaften und sogar die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern beschleunigen Innovationen und schaffen dauerhafte Veränderungen.
     
  • Nachhaltigkeit braucht Struktur und Daten: Eine Vision allein reicht nicht aus. Der Erfolg hängt von Kennzahlen, Transparenz und regelmäßiger Fortschrittskontrolle in allen Geschäftsbereichen ab.
     
  • Kultur und Kommunikation sind wichtig: Vertrauen aufbauen, zuhören und abteilungsübergreifende Teams befähigen - das ist der Schlüssel, um Nachhaltigkeit in die Verantwortung aller zu legen.
     
  • Optimismus und Beharrlichkeit sind wichtig: Trotz der globalen Herausforderungen bleibt Auer zuversichtlich: Technologischer Fortschritt und Zusammenarbeit beschleunigen den Wandel.
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