02.03.2017

Nicolas Hale-Woods: „Wir Freerider lieben Hindernisse“

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Nicolas Hale-Woods ist der König der Freerider. 1996 gründete er mit einem Budget von 200.000 Franken das Event Verbier Extreme. 21 Jahre später ist er der CEO der Freeride World Tour und blickt auf ein wahres Extremsport-Imperium.

Nicolas Hale-Woods ist Veranstalter und CEO der Freeride World Tour.
Nicolas Hale-Woods ist Veranstalter und CEO der Freeride World Tour.

Der 47-jährige Hale-Woods veranstaltet fast auf der ganzen Welt die Rennen seiner Freeride World Tour und kümmert sich gleichzeitig mit der Freeride Junior Tour, den Freeride Junior World Championships und der FWT Club um die Nachwuchsförderung im Wintersport.

Auf der ISPO BEIJING stellte Hale-Woods bei der Asia Pacific Snow Conference die neuesten Pläne der FWT vor und zog nach dem ersten Event in Japan Bilanz. Mit ISPO.com sprach der FWT-Gründer und Familienvater über die geplante Expansion nach China und welche Probleme sich dabei im Riesenreich ergeben können. 

 

 

ISPO.com: Sie haben das Konzept der Freeride World Tour während der Asia Pacific Snow Conference auf der ISPO BEIJING vorgestellt. Wie fällt Ihr Fazit nach der Messe aus?
Nicolas Hale-Woods: Es war sehr interessant, viele Personen sind anschließend auf mich zugekommen. Vertreter von Ski Resorts, der Medien und alle wollten mehr zum Thema FWT erfahren. Es gab natürlich noch keine konkreten Angebote, dafür ist es in dieser Phase noch zu früh.

 

Gibt es denn schon einen Zeitplan, um die FWT nach China zu bringen?
Unser Ziel ist, im Jahr 2018 ein Event in China zu veranstalten. Die Planungen laufen immer noch, und wir können hoffentlich spätestens im Sommer etwas Konkretes vermelden.

Sind in der näheren Zukunft noch weitere Projekte in China geplant?
Wir wollen mit einigen Ski-Schulen kooperieren, um Freeride World Tour Academies zu eröffnen. Aktuell haben wir einen Fünf-Jahres-Plan, der 20 Academies, 20 Junior und Qualifier Events sowie einen International Event vorsieht.

Sie erwähnten in Ihrem Vortrag auf der APSC, dass die Freeride World Tour kein offizieller, internationaler Verband ist, aber wie einer agiert. Was bedeutet das, und warum ist das so wichtig?
Durch die FWT bekommt die Disziplin Freeriding eine Struktur. Wir legen Regeln fest und verkaufen die Lizenzen an die momentan rund 5.000 Teilnehmer. Zusätzlich bieten wir den Fahrern einen Rennkalender, Setz- und Ranglisten. Grundsätzlich geben wir den Athleten also eine Plattform und ein System, um an einem geordneten Wettbewerb teilzunehmen, Punkte zu sammeln und in einer Rangliste aufzusteigen.

 

Vor Ort schauen sich die Fahrer der Freeride World Tour den Berg meist zwei Tage lang vor dem Wettkampf an.
Vor Ort schauen sich die Fahrer der Freeride World Tour den Berg meist zwei Tage lang vor dem Wettkampf an.
Bildcredit:
freerideworldtour.com/DDaher

Das ist die administrative Seite. Aber fast überall wo Preisgeld im Spiel ist, versuchen die Menschen zu betrügen. Gibt es durch die FWT Kontrollmechanismen wie zum Beispiel eine Doping Kontrolle?
Wir haben einen Ethik-Kodex und haben bislang noch keine Dopingkontrollen durchgeführt. Aber das wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren kommen.

Wie kann das Business Model FWT in China aussehen?
Dafür ist es vielleicht noch etwas zu früh, um das zu beantworten. Da wir noch sehr neu im Markt sind, setzen wir auf Kooperationen mit chinesischen Partner. Daraus ist die FWT China entstanden. Zunächst werden wir uns also auf die Expertise unserer Partner verlassen und versuchen, die FWT in den Bereichen Medien, Academies, Events und Hospitality zu entwickeln. Dieser Mix sollte dem Projekt eine gewisse Nachhaltigkeit geben. Idealerweise bilden wir die chinesische Jugend aus, motivieren sie zu Wettkämpfen und kurbeln damit das Reisegeschäft im In- und Ausland an.

Im nächsten Schritt entwickeln wir zusätzliche Produkte im Lizenz- und Merchandising-Bereich. Das Zusammenspiel aus internationalem Event, nationalen und internationalen Sponsoren und chinesischen Medien sollte ein nachhaltiges Business-Modell bieten. Verglichen mit Japan steht hinter dem Projekt aber ein deutlich größeres Fragezeichen. In Japan herrscht bereits eine gewisse Ski-Kultur, und aus diesem Grund haben wir 2017 auch bereits einen Qualifier Event veranstalten können.

 

Wie soll das Projekt finanziert werden?
Grundsätzlich ist es eine Partnerschaft mit chinesischen Investoren, die sich aus chinesischen Geldern selbst finanzieren muss.

Würden Sie in den ersten Jahren des Projekts einen Verlust in Kauf nehmen?
Wir gehen davon aus, dass es im ersten Jahr einen Verlust geben wird. Sollten wir aber im zweiten Jahr eine ausgeglichene Bilanz habe, wäre das bereits ein sehr großer Erfolg.

Freeriding ist – besonders in China – immer noch eine recht kleine Sportart. Ist ein nachhaltiges Wachstum ohne flächendeckende Grundlagenausbildung überhaupt möglich?
Ich denke nicht, denn ohne ein paar ordentliche Stunden Skiunterricht wird niemand mit Freeriding anfangen. Aber, und das ist es, worauf wir ebenfalls hoffen, Freeriding ist auch ein Lifestyle, durch den wir junge Menschen für unseren Sport gewinnen können. Das könnte ein starker Hebel sein, schließlich ist Freeriding etwas aufregender, als zwischen ein paar Ski-Stangen durchzufahren.

Freeskiing wird immer noch als sehr gefährlicher Sport gesehen. Sie erwähnten, dass Sie zu Beginn der FWT sogar in Österreich Akzeptanz-Probleme hatten. Erwarten Sie die gleichen Reaktionen in China?
Selbstverständlich wird es Zweifel und Sorgen geben, aber auch das ist Teil der Entwicklung. Zu zeigen, Ja es gibt ein bestimmtes Level an Gefahr, aber mit Regeln und einer guten Ausbildung ist das Risiko überschaubar. Das ist in China eine unserer wichtigsten Aufgaben: Information und Ausbildung. Chinesen sind in der Regel sehr risikoscheu, darum ist das Thema Sicherheit ein regelmäßiger Diskussionspunkt.

 

Nicholas Hale-Woods verkündete auf der Asia Pacific Snow Conference, dass die FWT ihre Arbeit in Asien ausweiten will.
Nicholas Hale-Woods verkündete auf der Asia Pacific Snow Conference, dass die FWT ihre Arbeit in Asien ausweiten will.
Bildcredit:
freerideworldtour.com/DCARLIER

Welche anderen Probleme sind in China bislang aufgetreten?
Mit der mangelnden Ski-Kultur und der Risikoscheu stehen wir bereits bei zwei Problemen, ein Drittes könnte der Mangel an genug geeigneten Skigebieten sein. Viele Areale sind komplett auf Kunstschnee angewiesen. Das vierte Fragezeichen steht hinter den Event-Genehmigungen für gewisse Gebiete. Es gibt also einige fragliche Punkte, aber wissen Sie was? Wir Freerider lieben Hindernisse.

Wie viele Resorts wären für die FWT nötig, um in China erfolgreich zu sein?
Idealerweise wären es zehn Resorts, bei denen ein Ausbau möglich ist und ein bis zwei, die bereits jetzt unseren Standards entsprechen. 

Gibt es denn aktuell potenzielle Ski Resorts, die den Ansprüchen der FWT entsprechen?
Nach der ISPO BEIJING waren wir eine Woche auf Erkundungsreise im Nord-Osten Chinas. Unter anderem waren wir in Changbaishan, dass an der Grenze zu Nordkorea liegt. Es gibt dort einen Vulkan, die Berge sind sehr interessant, und die Schneeverhältnisse sind gut. Das ist einer unserer Kandidaten. In diesem Gebiet könnten die Genehmigungen aber ein Problem werden. Eine Besichtigung war kein Problem, aber dort ein Event ausrichten, ist eine ganz andere Geschichte.

 

In welcher Form würden die Resorts von der FWT profitieren?
Nehmen wir Changbaishan als Beispiel. Ein FWT-Event würde den Ort für 99 Prozent der Nicht-Chinesen auf die Ski-Weltkarte setzen. Ausländische Ski-Touristen könnten angezogen werden und vielleicht wird Changbaishan dann das Verbier Chinas. Letztlich geht es darum, die Aufmerksamkeit zu steigern und den Tourismus anzukurbeln.

Einer Ihrer Eckpunkte, um die Aufmerksamkeit und am Ende auch den Umsatz zu steigern, ist der Fokus auf Social Media. Wie schwierig wird es, sich an die im Vergleich zu Europa sehr unterschiedliche Social-Media-Landschaft anzupassen?
Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass ich ein Experte für Social Media in China bin, aber was ich bisher mitbekommen habe, sind die Social-Media-Kanäle in China deutlich entwickelter und effizienter als im Westen. WeChat zum Beispiel ist deutlich vielseitiger als alle vergleichbaren Programme in der westlichen Hemisphäre. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dem richtigen Content und der entsprechenden Storyline großen Erfolg haben können. Doch eines ist überlebenswichtig: Es muss eine unabhängige und ordentlich entwickelte Strategie extra für China sein.



Florian Pertsch Autor: Florian Pertsch