Im Rahmen des neuen Omnichannel-Konzepts von Amer Sports hat Salomon im Sommer eine ganzjährige Innovationspartnerschaft mit der ISPO Gruppe angekündigt, die sich beispielsweise auf die ISPO Open Innovation oder den ISPO-Stellenmarkt bezieht.
Diese ganzjährige Zusammenarbeit ist jedoch nicht die einzige Maßnahme, mit der das Traditionsunternehmen in die Zukunft der Sportindustrie geht. In einem Interview mit ISPO. com, erklärt Salomon-Präsident Jean-Marc Pambet seine Maßnahmen, um den Outdoor-Spezialisten in Zeiten der Digitalisierung auf Kurs zu halten.
ISPO.com: Seit wann und wie betreiben Sie bei Salomon die digitale Transformation über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg?
Jean-Marc Pambet: Unsere erste Stufe der digitalen Transformation bei Salomon betraf die Kontaktpunkte zu den Verbrauchern. Wir haben Schritt für Schritt daran gearbeitet, eine direktere Beziehung zu den Konsumenten aufzubauen.
- Im Jahr 2005 haben wir mit unseren Sportlern und Community-Botschaftern die digitale Verbraucheransprache über Facebook gestartet. Das haben wir 2007 mit Salomon Freeski TV fortgesetzt, das ebenfalls über Facebook ausgestrahlt wurde.
- Mit unseren ersten E-Commerce-Aktivitäten haben wir im Jahr 2010 begonnen. Heute nutzen 19 Länder die Salomon-E-Commerce-Plattform.
- 2014 haben wir eine App namens PowderQuest entwickelt, mit der die besten Pulverschnee-Skigebiete in der Umgebung ausgewiesen werden. Dieser erfolgreiche Service heißt seit 2015 wePowder.
- Im Jahr 2016 haben wir unser Mountain Academy-Programm ins Leben gerufen, das über das Thema Sicherheit in den Bergen (Schnee, Tiefschnee ...) aufklärt.
- Und heute haben wir unseren eigenen Online-TV-Kanal. Salomon TV bündelt unsere Videos über zahlreiche Outdoor-Sportarten, vom Freeskiing über Trailrunning bis hin zu Bergsteigen und Wandern.
- Im Lauf der Zeit haben wir weitere relevante Plattformen ergänzt. Unsere Instagram-Kanäle sind zum Beispiel ausgesprochen beliebt und bieten uns eine weitere Möglichkeit, unsere markentreuen Verbraucher mit Bildern unserer Athleten und Marken sowie Videos zu inspirieren.
Für unsere Handelspartner haben wir 2002 eine digitale B2B-Bestellplattform gestartet. Auf diese Weise kann der Händler rund um die Uhr unsere Lagerverfügbarkeit einsehen und nachbestellen. Seit 2014 stehen alle unsere Kataloge unseren Partnern in digitaler Form zur Verfügung. Über dieses Tool können unsere Außendienstmitarbeiter dem Fachhandel einen individuellen Sortimentsplan auch digital vorschlagen oder diesen anpassen.
Bezüglich unserer Wertschöpfungskette arbeiten wir an neuen digitalen Anwendungen und Prozessen, um die Einführung neuer Produkte zu beschleunigen und die Beziehung zu unseren Partnern im Internet (Handel, Community und Zulieferer) zu vereinfachen.
Was waren für Sie bisher die wichtigsten Meilensteine im Bereich der Digitalisierung?
Der direkte Zugang und Kontakt mit unseren Konsumenten ist für uns der wichtigste strategische Impulsgeber. Es ging 2005 los, als wir auf Facebook erstmals über unsere Sportler, über Botschafter oder die Marke selbst den Dialog zwischen unseren Konsumenten und Salomon initiiert haben. Das und die Möglichkeit, seit 2010 direkte Rückmeldungen von Verbrauchern zu erhalten, die über Salomon-E-Commerce-Plattformen kaufen, sind für mich die beiden wesentlichen Meilensteine.
Was sind die größten Herausforderungen?
Der Verbraucher verändert sich schnell. Er oder sie erfährt über Produkte und Shops heute auf anderen Wegen als in der Vergangenheit und nutzt auch andere Möglichkeiten, seine oder ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen. Er oder sie schätzt das Markenerlebnis fast mehr als die Produkte selbst und möchte eine direkte Interaktion mit einer Marke haben.
Die Einzelhandelslandschaft entwickelt sich ebenfalls rasant weiter. Verbraucher kaufen verstärkt bei solchen Einzelhändlern, die ein besonderes Kundenerlebnis schaffen. Dementsprechend entscheiden sich die erfolgreichsten Händler für solche Marken, die es verstehen, den Konsumenten dieses besondere Erlebnis zu bieten. Die größte Herausforderung dabei ist, sich schnell anpassen zu können. Das erfordert von uns und allen Stakeholdern ein hohes Maß an Flexibilität.
Dazu kommen unsere internen Herausforderungen, etwa neue Technologien auszuwählen und in sie zu investieren. Also richten wir unsere internen Fähigkeiten auf die Digitalisierung in Entwicklung und Vertrieb aus, stellen Spezialisten ein und verlagern den Fokus unserer Teams auf Bereiche wie Kundenorientierung und digitales Verständnis.
Wie treiben Sie den Prozess voran?
Aufgrund dieser erheblichen Veränderungen in unserer Umwelt muss sich auch unser Geschäftsmodell ändern. Dazu gehört, wie wir mit dem Verbraucher in Kontakt treten, wie wir mit Handelspartnern zusammenarbeiten, wie wir am Markt agieren und wie wir mit Lieferanten und Produktionsunternehmen kooperieren.
Wir entwickeln uns als Unternehmen zu einer Endverbraucher orientierten Vertriebs- und Vertriebskanal-Organisation. Basis dafür ist unsere Vision, Teil jeder Kaufentscheidung des Konsumenten zu sein. Unser Ziel ist es, ein exzellentes Verbrauchererlebnis an jeder Schnittstelle mit dem Konsumenten zu schaffen. Wir werden daher unsere Präsenz als Experten im jeweiligen Umfeld der für uns relevanten Sportarten erhöhen.
Wir werden auch die Beziehung zu unseren Handelspartnern stärken. Für eine reibungslose und einfache Zusammenarbeit mit ihnen bieten wir flexible Lösungen und effiziente Dienstleistungen, die die erfolgreiche Entwicklung unserer Partnerschaft unterstützen. All dies dient dem übergeordneten Ziel, Verbrauchern überall ein überzeugendes Angebot von Salomon und den Marken von Amer Sports zu bieten.
Um unsere Ziele zu erreichen, investieren in vielen digitalen Bereichen: digitale Infrastruktur, Webanalysen, UX/UI oder Social-Media-Plattformen und betreuen das Datenmanagement mit speziell dafür zuständigen Mitarbeitern. Unsere Organisation stellt sicher, dass unsere digitalen Aktivitäten Teil der gesamten Wertschöpfungskette sind und sowohl Online- als auch Offline-Geschäfte unterstützt. Wir verbessern das Verbrauchererlebnis, indem wir unser digitales Marketing und unsere Aktivitäten in den sozialen Medien permanent weiterentwickeln.
Wir, Amer Sports und Salomon, haben an unserer Vertriebs-Transformation gearbeitet und wir beginnen gerade mit der Implementierung eines neuen Servicemodells, um starke Partnerschaften mit unseren Handelspartnern aufzubauen.
Die Verbraucher haben ihr Informations- und Einkaufsverhalten in den letzten Jahren massiv verändert. Wie beeinflusst Sie das bei Salomon?
Es stimmt, es hat sich viel verändert und das wird auch so weitergehen. Die Geschwindigkeit mit der geantwortet wird, auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb sein, Online-Suche, Amazon, Direktkauf bei Markenunternehmen (D2C) und vieles mehr. Diese Veränderungen setzen neue Maßstäbe und Erwartungen.
Es erfordert von uns eine ständige Anpassung sowohl im stationären wie auch im Online-Handel. Wir werden unsere Präsenz als Sportexperten im jeweils relevanten Umfeld weiter ausbauen.
Wir wollen und müssen überall ein herausragendes Kundenerlebnis schaffen. Entscheidend dafür ist, dass der Verbraucher über alle Kontaktpunkte hinweg die Marke überzeugend und nahtlos erleben kann. Das muss ergänzt werden um sinnvolle Dienstleistungen und Möglichkeiten, mit unserer Marke in Kontakt zu treten und zu interagieren. Mobile Angebote sind deshalb auch ein Herzstück unserer Omnichannel-Strategie.
Generell wollen wir mehr in die Verbraucheraktivierung investieren. Dies wird die Kundenfrequenz auf der Verkaufsfläche erhöhen und unsere Fachhandelspartner bestmöglich unterstützen.
Wo steht der Einzelhandel in der digitalen Entwicklung?
Die Handelslandschaft verändert sich ebenfalls schnell. Verbraucher kaufen verstärkt in Geschäften ein, die ein Erlebnis bieten und die das Online-Angebot geschickt ergänzen. Die Digitalisierung bietet Händlern, die sich ebenfalls weiterentwickeln und anpassen, ganz klare Chancen. Wie bereits erwähnt: die erfolgreichsten Händler erwarten heute von einer Marke, die eine enge Partnerschaft anstrebt, dass sie versteht, welche Kundenerlebnisse relevant sind und wie diese den Endverbrauchern zugänglich gemacht werden können.
Was macht aus Ihrer Sicht den Fachhändler der Zukunft aus?
Wir alle müssen als Experten gegenüber unseren Kunden auftreten - und wir sehen auch zukünftig eine klare Rolle für den Fachhandel - gerade für die Sportarten, in denen wir aktiv sind. Den Verbrauchern zu helfen, die Online- mit der Offline-Welt zu verbinden, wird für Spezialisten in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg sein. Dienstleistungen wie Personalisierung, individuelle Produktanpassungen, Vorführ- und Testmöglichkeiten, zusätzlich zu einem großartigen In-Store-Erlebnis, sind Dinge, die Verbraucher sehr schätzen werden.
Wir unterstützen Fachhändler, die mit uns als "Partner" zusammenarbeiten. Mit anderen Worten, Händler, die einen gemeinsamen Plan mit uns umsetzen und ihren Kunden Omnichannel-Angebote machen, also über alle Kanäle hinweg aktiv sind. Wir werden unsere Ressourcen nutzen, um den Verkauf für unsere Partner anzukurbeln, und wir werden ihnen spezifische Vertriebs-, Marketing- und Serviceprogramme anbieten, um noch besser sowohl bestehende Kunden zu erreichen und als auch neue zu gewinnen.
Allgemein gefragt: Wie muss sich die Sportindustrie in Zukunft positionieren, um Kunden besser zu verstehen und zu erreichen?
Wir müssen in drei Dimensionen zusammenarbeiten.
Es ist wichtig unseren Kunden dabei helfen, die Online-Welt mit der Offline-Welt zu verbinden. Dazu müssen wir sie sowohl inspirieren und informieren als auch Produkte zum Anfassen im Laden bereitstellen, damit sie ein vollständiges Produkt-Gefühl entwickeln können.
Die Gründung von aktiven, dynamischen Verbraucher-Gemeinschaften zu unterstützen hilft uns, einen Dialog mit den Konsumenten zu führen. Das schafft für uns die Voraussetzungen, um mit den richtigen Lösungen und Erlebnissen zur richtigen Zeit auf den Markt zu kommen.
Und alle Marken müssen sich mit den Erwartungen von Millennials und der Generation Z auseinandersetzen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich unsere Industrie auf die allmähliche Verschmelzung von Outdoor-Leben und urbanem Leben einstellen kann.
Wie nahe sind Sie als marktführendes Unternehmen dem Endverbraucher? Wie erhalten Sie Feedback und wie fließt dies in Ihre Produktentwicklung und Geschäftsplanung ein?
Unsere Markenkultur bei Salomon steht für eine lange Tradition, die im Sport verwurzelt ist. Wir versuchen immer nahe an unseren Zielgruppen und Athleten zu bleiben, wie unser Community-Management-System belegt.
Wir haben viele Instrumente, um Konsumentenbedürfnisse zu erkennen. Sie ermöglichen es uns, schnelleres Feedback von unseren Kunden zu erhalten, beispielsweise in welche Richtung sich Sportarten wie Trailrunning oder Swim & Run entwickeln. Hier am Ball zu bleiben, ist für unsere Teams eine permanente Herausforderung.
Wir können gar nicht nah genug an den Endverbrauchern sein und müssen diese Verbindung jeden Tag ausbauen. Wir müssen über unsere Handelspartner, die Organisatoren von Veranstaltungen oder über Vereine und Verbände starke Gemeinschaften mit den Verbrauchern aufbauen..Das hilft uns, den Konsumenten die richtigen Lösungen zur richtigen Zeit anzubieten. Wir müssen uns mit ihnen auseinandersetzen und ein außergewöhnliches Kundenerlebnis bieten, das zu einem soliden Wissen darüber führt, was aktive Konsumenten wollen. Unser Ziel ist es, ein herausragendes Kundenerlebnis zu schaffen.
Die ISPO Group unterstützt unter anderem mit den digitalen Plattformen der ISPO Open Innovation den Austausch mit dem Endverbraucher. Inwieweit helfen solche Plattformen auch Salomon?
Die neue strategische Kooperation zwischen Amer Sports und der ISPO Group konzentriert sich auf folgende Bereiche: die ISPO Datenbank für Konsumentenforschung und Marketing, die Website ISPO.com zur Veröffentlichung von B2B- und Verbraucherinformationen während des gesamten Jahres, der ISPO JOB MARKET für Arbeitgebermarketing und zur Gewinnung von Talenten sowie die ISPO OPEN INNOVATION für Verbraucher-Engagement und Produktentwicklung. All diese Aktivitäten werden durch unseren Omnichannel-Ansatz über den gesamten Geschäftszyklus hinweg unterstützt.
Salomon wird die Arbeit mit den verschiedenen Modulen Schritt für Schritt aufnehmen. Die ersten sind ISPO.com und ISPO Job Market. Open Innovation und Data Management werden wir zunächst in einer Testphase ausprobieren, um Erfahrungen zu sammeln und wie wir die verfügbaren Daten optimal nutzen.