Nachhaltigkeit/25.11.2020

Jan Tore Jensen: „Wir müssen es wagen, mit Wettbewerbern zusammenzuarbeiten“

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Klimaneutralität, Corporate Social Responsibility (CSR), Ressourcenschonung, Recycling, Nachhaltigkeits-Label – das sind ein paar der Kernthemen in Sachen Sustainability für die Sport- und Outdoor-Firmen. Was hat die Branche schon geschafft? Wo geht die Reise hin? Was können Endkunden zum Wandel beitragen? Und warum ist mit der Klimaaktivistin Greta Thunberg eine Teenagerin das Vorbild für viele Firmen?

ISPO.com hat die CEOs von fünf wichtigen Unternehmen verschiedener Größe in diesem Bereich – von Vaude über Icebug, Bergans, Picture Organic Clothing bis hin zu Triple 2 – in Exklusivinterviews zu diesen und anderen Themen befragt. Die verschiedenen Perspektiven, Meinungen und Hintergründe sollen eine Diskussionsgrundlage geben, wie die Zukunft der Nachhaltigkeit ausschauen könnte.

Im dritten Teil interviewt ISPO.com Jan Tore Jensen. Seine Firma Bergans will mit der Kampagne „Save the seasons“ erreichen, dass die Jahreszeiten zum UNESCO-Welterbe werden.

ISPO.com: Was ist aktuell das wichtigste Ziel in Bezug auf Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) bei Bergans?
Jan Tore Jensen: Wenn es um Nachhaltigkeit geht, ist es schwierig, sich auf ein einziges Ziel festzulegen. Das ist nämlich ein komplexes Thema, an dem man über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg arbeiten muss. Wir haben uns ehrgeizige Ziele in Sachen nachhaltigere Produkte gesetzt. Dabei geht es zum Beispiel darum, nachhaltigere Materialien zu beschaffen und zu entwickeln, verantwortungsvoll mit natürlichen Ressourcen umzugehen und dabei Tierschutz genauso wie Innovation in unseren Designprozessen sicherzustellen. Wir kartieren derzeit die Klimaemissionen in unserer Lieferkette, um wissenschaftlich fundierte Ziele für Reduzierungen gemäß dem Pariser Abkommen festzulegen. Wir wollen die Führung in der Kreislaufwirtschaft übernehmen, indem wir mit unseren Kunden durch Dienstleistungen wie Reparatur, Wiederverwendung, Neugestaltung und Mietmodelle zusammenarbeiten.

Wie arbeitet Bergans gerade daran?
Jensen: Wir sind ein Outdoor-Unternehmen, deshalb gibt es bei uns viele Outdoor-Enthusiasten und die wichtigsten Werte waren somit leicht zu finden. Wir haben unsere Reise damit begonnen, dass wir die Vision und Mission unserer Markenplattform definiert haben. Das Ergebnis ist zu einem integralen Bestandteil unserer Kultur geworden und jeder Einzelne treibt das Thema Nachhaltigkeit mit Leidenschaft ständig voran. Wir sind Botschafter für die Natur. Nur ein Beispiel, wie das bei uns gelebt wird: Alle Mitarbeiter müssen sich im Rahmen unseres Onboarding-Prozesses als Tour Guides ausbilden lassen.

Bildcredit:
Bergans

Thema nachhaltiger Erfolg - was gelingt Bergans dabei schon gut?
Jensen: Über dieses Thema könnte ich endlos reden, aber ich möchte drei besonders wichtige Konzepte hervorheben. „Save the Seasons“ ist eine Kampagne, die wir zusammen mit dem WWF initiiert haben. Sie ist eine Antwort auf die Frage, warum wir morgens zur Arbeit gehen. Wir nutzen das Thema als Sensibilisierungstreiber, um es Menschen verständlich zu machen, sie zum Handeln aufzurufen. Derzeit pausiert die Kampagne wegen Covid-19, aber sie hat bereits viel Aufmerksamkeit erregt und wir haben Anfragen aus der ganzen Welt erhalten.



Eine weiterer wichtiger Erfolg: Zusammen mit Spinnova ist es uns gelungen, den ersten 100 % recycelbaren Rucksack herzustellen. Bei dem Produkt ist keine Demontage oder die Verwendung schädlicher Toxine erforderlich. Wir sind davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit stark mit der größtmöglichen Verlängerung der Lebensdauer von Produkten verbunden ist. Irgendwann endet aber die Lebensdauer jedes Produktes und mit dem neuen Rucksack haben wir ein Proof of Concept, dass man die Lücke zwischen Ende und Neustart schließen kann. Wir planen, die dritte Weiterentwicklung dieses Projekts während der ISPO Munich 2021 Online vorzustellen.

Punkt drei: Das Färben von Stoffen macht einen großen Teil der Klimaemissionen in der Textilindustrie aus. In unserer Stranda-Kollektion konnten wir durch die Verwendung von recycelten Materialien und der Einführung der SpinDye®-Technologie den Chemikalienverbrauch um 90 %, den Wasserverbrauch um 75 % und die CO2-Emissionen um 30 % senken.

Alle diese Konzepte zeigen, wie wichtig Zusammenarbeit ist, um echte Fortschritte zu erzielen. Die Herausforderungen in Sachen Nachhaltigkeit kann man nicht allein bewältigen. Kooperation ist der Schlüssel und wir müssen über frühere Unterschiede hinwegsehen. Wir müssen es sogar wagen, mit Wettbewerbern zusammenzuarbeiten.

Bildcredit:
Bergans

Wer ist Ihr Nachhaltigkeitsvorbild?
Jensen: Es ist schwierig, eine einzelne Person hervorzuheben, weil es viele Helden in Sachen Nachhaltigkeit gibt. Ich möchte aber eine Person nennen, die andere inspiriert und die Natur ein ganzes Leben lang gefördert hat. Der 94-jährige David Attenborough sensibilisiert immer noch für den Klimawandel und die Umwelt. Er ist ein wahrer Botschafter der Natur. Er erfüllt direkt unsere Markenmission, “to inspire, enable and share the best outdoor experiences”.

Darüber hinaus bewundern wir Unternehmen, die es wagen, ehrgeizige Ziele in Sachen Kreislaufwirtschaft festzulegen und auch klar zu formulieren. H&M und IKEA haben angekündigt, dass sie bis 2030 so zu 100 % arbeiten werden. Wir wissen nicht, wie sie dieses Ziel erreichen wollen, aber die Ankündigung sagt etwas über Mut und eine echte Richtungsentscheidung aus. Das wird andere Unternehmen ermutigen, sich ähnlich ehrgeizige Ziele zu setzen.

Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Wie kann sich ein Endkonsument am besten einbringen?
Jensen: Wir ermutigen unsere Kunden, ihre Outdoor-Produkte so lange wie möglich zu lieben und zu pflegen. Sie bei Bedarf zu reparieren und ihnen eine zweite Chance zu geben, falls sie die Produkte nicht mehr verwenden. Man sollte auch in Betracht ziehen, Produkte zu mieten, anstatt sie zu besitzen. Wir hoffen außerdem, dass die Verbraucher aktiv bei den Unternehmen einkaufen, die qualitativ hochwertige Produkte entwerfen und gleichzeitig eine echte Nachhaltigkeitsagenda haben. Die Verbraucher müssen hohe Erwartungen und klare Anforderungen an die Unternehmen stellen, wenn es um Nachhaltigkeit geht.