Siegel und Zertifikate für nachhaltige Sportprodukte gibt es reichlich. Sie stehen zum Beispiel für eine ökologische und soziale Produktion, für die Einhaltung von Tierwohl-Kriterien, für eine nachhaltige Entsorgung oder für Produktsicherheit. Alle Labels haben gemeinsam, dass sie nur Teilaspekte der langen Prozesskette abdecken, die heute ein Produkt von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung des Produkts, den Vertrieb und die Nutzung bis hin zur Entsorgung durchläuft.
Die letzten Jahre zeigen: Je mehr dieser Teilaspekte durchleuchtet werden, desto mehr Siegel gibt es. Damit sie stets auf dem Stand neuester Erkenntnisse stehen, werden sie regelmäßig überprüft und angepasst. So erlaubt beispielsweise der weit verbreitete GOTS Standard in seiner neuesten Fassung auch die Verwendung von Regeneratfasern aus Zellulose in definierten Mischungsverhältnissen.
Auch neue Labels entstehen, wie der Grüne Knopf in Deutschland, oder sie gewinnen plötzlich mehr Relevanz, wie der bereits 2015 entwickelte Bioabbaubar Standard der Hohenstein Institute, der erst jetzt stärker nachgefragt wird, wo das Thema Entsorgung für Hersteller und Konsumenten wichtiger wird. Die wichtigsten Labels und Organisationen zum Thema Nachhaltigkeit gibt es hier in der Übersicht.
Problematisch sind Label, die von Unternehmen selber erstellt werden. Dies ist immer öfter der Fall. Mit Buzzwords wie „fair" und „green“ kennzeichnen Bekleidungsunternehmen wie Primark ihre Klamotten. Greenpeace untersuchte mehrere Labels von großen Konzernen auf ihre Glaubwürdigkeit. Am besten schnitt Vaude mit dem „Green Shape“ Label ab. Beim Großteil der Labels, vor allem von Fast-Fashion-Giganten wie Primark, fanden die Expert*innen Greenwashing vor.
Die Bluesign Technologies AG aus der Schweiz hat ihre Wurzeln in der Textilchemie und entwickelte das ganzheitliche „Bluesign System“ basierend auf dem Prinzip des Input Stream Managements. Das heißt, es schließt umweltbelastende Substanzen von Anfang an aus dem Fertigungsprozess aus und kann so eine nachhaltige Produktion sicherstellen, und auch das fertige Produkt hält strengsten Verbraucherschutzanforderungen weltweit stand. Bluesign betrachtet alle Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Ressourcenverbrauch. Ziel ist die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Bluesign Product: Siegel mit Fokus auf Textilchemie
Die Firmen werden strengen Assessments unterzogen, um die produzierten chemischen Produkte, textilen Komponenten und Zubehör zu zertifizieren. Wird ein Produkt aus „Bluesign Approved“ (also von Bluesign zertifizierten) Komponenten hergestellt, darf es mit dem Label „Bluesign Product“ ausgezeichnet werden. Das Bluesign System beschränkt sich weder auf bestimmte Rohstoff- und Fasertypen noch auf einzelne Produktionsschritte oder bestimmte textile Produkte.
Mindestens 90 Prozent eines textilen Produkts muss Bluesign-zertifiziert sein. Darüber hinaus müssen mindestens 30 Prozent aller Zutaten wie Reißverschlüsse, Knöpfe und Stickereien Bluesign-zertifiziert sein. Die restlichen maximal zehn Prozent der Textilien und 70 Prozent der Zutaten, die nicht Bluesign-zertifiziert sind, müssen die strengen Grenzwerte der Bluesign-Kriterien für Verbraucherschutz erfüllen.
Die frühere Fair Wear Foundation heißt inzwischen einfach nur noch Fair Wear. Sie wurde 1999 in Amsterdam als eine gemeinnützige Organisation gegründet. Ihr Ziel ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der globalen Bekleidungsindustrie. Der Fokus liegt auf der besonders arbeitsintensiven Produktionsphase der Konfektion, wo die Stoffe zu fertigen Textil-Produkten zusammengenäht werden. Herzstück der Fair Wear ist ein Kodex für Arbeitspraktiken und Arbeitnehmerrechte, dem „Code of Labour Practices“, der auf internationalen Standards beruht.
Keine Zertifikate, aber Leader Status
Für die Fair Wear gilt: Dauerhafte Veränderung erfolgt nicht über Nacht. Und „100 % faire“ Kleidung bleibt ein Ziel, das sich kaum verwirklichen lässt. Daher konzentriert sich der prozessorientierte Ansatz der Fair Wear auf die praktischen Schritte, die Marken unternehmen können, um Problemen in Fabriken vorzubeugen. Die Organisation vergibt deshalb auch keine Zertifikate, man kann nur Mitglied werden und hat dann die Möglichkeit, mit dem Fair Wear Logo zu werben. Mitglied werden kann jede Brand, die sich den Grundsätzen anschließt und an deren Umsetzung arbeitet. Insofern versteht sich die Fair Wear als Lerninitiative.
Die dauerhafte Mitgliedschaft ist jedoch daran gekoppelt, wie erfolgreich ein Mitglied den Kodex umsetzt. Wer Grundvoraussetzungen nicht erfüllt oder Mängel innerhalb einer Frist nicht behebt, verliert die Mitgliedschaft. Gleichzeitig können besonders engagierte Mitglieder einen „Leader Status“ erreichen und damit werben. Alle Brands werden mit den Ergebnissen ihrer Audits auf der Website veröffentlicht.
Der Global Organic Textile Standard (GOTS) gilt als weltweit führender Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern. Er deckt Herstellung, Konfektion, Verpackung, Kennzeichnung, Handel und Vertrieb aller Textilien ab, die aus mindestens 70 Prozent kontrolliert biologisch erzeugten Naturfasern bestehen.
2020 wurde die GOTS Version 6.0 veröffentlicht. Darin wurden die sozialen Anforderungen an die Produktionsbetriebe weiter verschärft. Auch hinsichtlich der erlaubten Fasermischungen haben sich neue Möglichkeiten ergeben. Inzwischen dürfen auch Regeneratfasern wie Lyocell oder recycelte synthetische Fasern wie recyceltes Polyester in definierten Mischverhältnissen im Material enthalten sein. Der Anteil beträgt maximal 10 Prozent bei Lyocell und 30 Prozent bei recyceltem Polyester.
Die zwei Label-Stufen des GOTS
Der GOTS ist in zwei Label-Stufen erhältlich: Grundsätzlich können nur Textilprodukte ein GOTS-Label erhalten, wenn sie aus mindestens 70 Prozent biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. Das hier verwendete GOTS Label trägt dann den Text: „Hergestellt aus x Prozent kbA/kbT Fasern“. Dabei steht kbA als Kürzel für kontrolliert biologischer Anbau, kbT für kontrolliert biologische Tierhaltung.
Sobald ein Produkt aus mindestens 95 Prozent zertifiziert biologisch erzeugte Naturfasern besteht, darf es das GOTS Label „kbA/kbT“ oder „Bio“ bzw. „organic“ tragen, ohne einen Prozentsatz angeben zu müssen.
2019 führte die deutsche Bundesregierung mit dem Grünen Knopf das weltweit erste staatliche Nachhaltigkeits-Label für die Textilherstellung ein. Das Siegel versteht sich als „Metasiegel“, das auf bereits vorhandenen Siegeln aufbaut. Wer den Knopf haben will, muss also zuvor eines oder mehrere der sieben vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) anerkannten Referenzsiegel erhalten haben und zwar so, dass alle sozialen und ökologischen Kriterien abgedeckt sind. Zu den zugelassenen Siegeln gehören: Blauer Engel, Fairtrade, Fair Wear, Oeko-Tex Made in Green, Bluesign, Cradle-to-Cradle Silver, Global Organic Textile Standard (GOTS), Naturtextil IVN zertifiziert BEST und SA 8000.
Mit der Vergabe nur eines Siegels soll eine bessere Übersichtlichkeit für den Verbraucher erreicht werden. Aktuell nutzen 52 Unternehmen das Siegel, darunter Vaude und Jack Wolfskin.
Zwei Säulen: Produkt und Unternehmen
Wichtig ist: Der Grüne Knopf kann nur vergeben werden, wenn Unternehmen und Produkt die erforderlichen 20 bzw. 26 Kriterien erfüllen. In der Einführungsphase, die noch bis Mitte 2021 andauert, umfasst der Grüne Knopf noch nicht die gesamte Lieferkette, sondern nur die Produktionsstufen „Zuschneiden und Nähen“ sowie „Bleichen und Färben“. In den kommenden Jahren soll der Grüne Knopf auf weitere Arbeitsschritte ausgeweitet werden.
Der Responsible Down Standard (RDS) wurde 2014 ins Leben gerufen und gehört heute zu den am meisten genutzten Daunen-Standards in der Bekleidungsindustrie. Ursprünglich von The North Face initiiert, ist heute die Non-Profit-Organisation Textile Exchange für die Vergabe und Weiterentwicklung verantwortlich. Das Siegel adressiert ausschließlich den Aspekt Tierwohl. Er soll sicherzustellen, dass Enten und Gänse, von denen Daunen gewonnen werden, gemäß diverser Tierwohl-Kriterien gehalten werden. So dürfen die Daunen ausschließlich aus Schlachtrupf gewonnen werden, stammen also von toten Tieren. Lebendrupf ist verboten. Die Tiere müssen unter tierleidfreien Umständen gehalten und dürfen nicht Zwangs-gefüttert werden. Seit der Revision 2019 müssen die Tiere vor der Schlachtung außerdem betäubt werden. Zudem sollen jetzt auch die Zuchtfarmen, in denen die Elterntiere gehalten werden, in die Kontrolle mitaufgenommen werden. Diese miteinzubeziehen macht Sinn, weil vor allem die Elterntiere aufgrund ihrer längeren Lebensdauer vom Lebendrupf bedroht sind.
Ziel: 100 Prozent tierleidfreie Daunen
Nur Produkte, die zu 100 Prozent RDS Daunen beinhalten, dürfen das Siegel tragen. Ein RDS-Zertifikat ist 14 Monate lang gültig und wird innerhalb dieser Zeit durch angekündigte und unangekündigte Kontrollen überprüft. Die Kriterien und Ansprüche des Standards sind detailliert online zugänglich. Weltweit wurden bereits 900 große und kleine Farmen zertifiziert. Über 500 Millionen Tiere sind davon betroffen.
Der Responsible Wool Standard (RWS) wurde 2016 von der gemeinnützigen Organisation Textile Exchange gelauncht und geht zurück auf eine Initiative von Textile Exchange und H&M. Das Zertifikat deckt verschiedene Bereiche ab. Die Schwerpunkte des Siegels beziehen sich auf den Tierschutz, die nachhaltige Bewirtschaftung und den Schutz der Böden sowie die volle Transparenz in der Lieferkette mit einem integrierten System der Rückverfolgbarkeit. Im Bereich Tierschutz verbietet der Standard z.B. die besonders umstrittene Praxis des Mulesing.
Responsible Wool Standard: Von den Farmen zu den Bekleidungsfabriken
Der Anwendungsbereich des Responsible Wool Standard umfasst die gesamte Wertschöpfungskette: von den Farmen zu den Woll-Produzenten und Bekleidungsfabriken. Dabei geht es in erster Linie um die Rückverfolgbarkeit, nicht darum, wie die Wolle in der Wertschöpfungskette weiter verarbeitet wird.
Der Global Recycled Standard (GRS) ist ein Produktstandard, der die Zusammensetzung von Produkten kontrolliert, die aus recycelten Materialien hergestellt wurden. Ziel ist es, höhere Prozentsätze des Recyclinganteils in den Produkten zu erreichen und die Zusammensetzung transparenter zu machen. Entstanden ist das Siegel 2008, seit 2011 ist Textile Exchange die neue Eigentümerin.
Global Recycled Standard: Zertifikat für recycelte Produkte
Der GRS stellt die Rückverfolgbarkeit der recycelten Materialien sicher und verifiziert ihre Zusammensetzung. Er stellt zudem Anforderungen an die Produktion, um schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu verringern. Jede Produktionsstufe muss zertifiziert werden, beginnend mit der Recyclingstufe und endend mit dem letzten Verkäufer in der letzten Business-to-Business-Transaktion.
Das Siegel des GRS darf bei Endprodukten wie Kleidungsstücken oder Heimtextilien verwendet werden, wenn diese zu mindestens 20 Prozent aus recycelten Materialien bestehen.
Fairtrade International schuf 2005 das erste Fairtrade-Cotton-Siegel und weitete den bis dahin auf Lebensmittel spezialisierte Standard erstmals auf Baumwolle aus. 2016 kam ein weiteres Siegel für die Textilindustrie hinzu, das weitere Fasern und die gesamte Supply Chain in den Blick nimmt: Das „Fairtrade Textile Production“-Siegel. Es soll die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen in der Textilproduktion verbessern.
Wichtiges Merkmal des Fairtrade-Textilstandards ist die Vorgabe, dass zertifizierte Unternehmen sich verpflichten müssen, innerhalb von sechs Jahren existenzsichernde Löhne umzusetzen. Wichtige weitere Forderungen sind Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Verbot von Zwangsarbeit und Kinderarbeit, Versammlungsfreiheit für Arbeiter, Verbot schädlicher Chemikalien sowie die Durchführung von Trainings und Schulungen für Mitarbeiter.
Das Siegel: faire hergestellte Fasern und faire Produktion
Um das Textilsiegel am fertigen Produkt nutzen zu können, muss das Textil zu mindestens 50 Prozent aus Fairtrade Baumwolle oder anderen verantwortungsvoll produzierten Fasern bestehen. Dazu zählen beispielsweise „Cotton made in Africa (CmiA)“ und die „Better Cotton Initiative“ sowie weitere Bio-zertifizierte Fasern nach nationalen Bio-Standards. Auch die Zellulosefasern der Lenzing Gruppe, wie z.B. Tencel, gehören dazu. Zudem müssen alle Fabriken der nächsten Verarbeitungsstufen Fairtrade zertifiziert sein.
Nachfolgend kommen noch mehr wichtige Nachhaltigkeits-Label für die Sportbranche:
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