Gründe, regelmäßig Laufen zu gehen, gibt es genügend: Laufen ist gut für die Gesundheit, fördert die Disziplin, macht glücklich, hilft beim Abnehmen – die Liste könnte endlos fortgesetzt werden. Entsprechender Beliebtheit erfreuen sich die immer zahlreicher werdenden Laufevents, und das bereits seit Ende des letzten Jahrhunderts: „Als wir damals angefangen haben, gab es in Deutschland 50 Marathon-Veranstaltungen, das war 1997. Mittlerweile sind es fast 200“, berichtet Markus Frisch, Geschäftsführer der Köln Marathon Veranstaltungs- und Werbe GmbH.
Während die Zahlen bei den Marathon-Anmeldungen stagnieren, können sich die Veranstalter des Rhein Energie Marathons in Köln vor Anmeldungen für den Halbmarathon nicht retten: „Bereits Ende Juli waren alle Plätze vergeben. Im September haben wir noch mal 300 Restkarten aus Rückläufern in den Verkauf gegeben, die waren innerhalb von zwei Minuten wieder vergriffen. Insgesamt erwarten wir fast 16.500 Läufer für diese Distanz. Damit sind wir die zweitgrößte Halbmarathon-Veranstaltung Deutschlands“, berichtet Frisch.
Dass nicht noch mehr Teilnehmer an den Start gehen, liegt allein an den städtischen Rahmenbedingungen, die nicht noch mehr Läufer zulassen, denn an weiteren Interessenten hat es nicht gemangelt: „Wir hätten auch noch 2.000 oder mehr Startplätze verkaufen können, so viele Anfragen haben uns noch erreicht“, sagt Frisch.
Die Gründe für die Beliebtheit der Halbmarathon-Distanz sind vielfältig. Zum einen spielen ganz pragmatische Gründe eine Rolle: „Laufen ist eine der einfachsten Sportarten, die man machen kann, weil man dazu nicht viel braucht. Die Tendenz geht aber eher zu kürzeren Distanzen wie dem Halbmarathon, weil der Trainingsaufwand nicht so hoch ist. Es sind ja meistens berufstätige Leute, und der Trainingsaufwand für einen Halbmarathon ist deutlich familienfreundlicher als der eines Marathons“, erzählt Frisch.
Auch der ehemalige Deutsche Marathonmeister und Laufbuch-Autor Herbert Steffny sieht den geringeren Trainingsaufwand als großes Plus: „Der Marathon gilt nicht zu Unrecht immer noch als das ‚Matterhorn des kleinen Mannes‘, aber seine Vorbereitung ist sehr aufwändig, und die Regeneration dauert länger. Mit etwas geringerem Aufwand kann man dagegen die 21,1-Kilometer-Distanz gut schaffen und hat ebenfalls ein Citylauf-Erlebnis in weltweit vielen attraktiven Städten.“
Zudem ist der Zeitpunkt, an dem viele große Halbmarathon-Events stattfinden, gut gewählt. Steffny dazu: „Der New York Halbmarathon ist zum Beispiel im Frühjahr das Gegenstück zum weltberühmten Marathon im Herbst. Auch der Berliner Halbmarathon ist mit rund 30.000 Teilnehmern für viele ein attraktives Frühjahrsziel. Über den Winter hat man vielleicht nicht so viel Zeit, ein umfassenderes Marathontraining bei Kälte und Dunkelheit zu absolvieren.“
Mittlerweile steht ein Marathonlauf auf der Bucket List vieler Leute. Doch ist das Ziel einmal erreicht, nimmt die Bereitschaft, sich noch einmal so zu quälen, bei vielen ab. Auf Wettkämpfe verzichten wollen trotzdem viele nicht. Sie brauchen den Ansporn, um sich zu motivieren. Somit ist ein Halbmarathon ein guter Kompromiss. Für Herbert Steffny ist das eine vernünftige Entwicklung, denn für ihn ist „Von null auf 21“ ein viel sinnvolleres Projekt als der einstige „Null auf 42“-Hype.
Damit ist ein Halbmarathonlauf fordernder und prestigeträchtiger als ein Fünf-Kilometer-Lauf, aber keine so große Herausforderung wie ein kompletter Marathon. Laut Steffny braucht ein Läufer für eine vernünftige Marathonvorbereitung einen Zeitraum von mindestens anderthalb Jahren. Für den Trainingsplan Halbmarathon reichen meist schon ein paar Monate, und im Notfall kann man sich auch schon mal durchmogeln, auch wenn das nicht empfehlenswert ist.
Dass ein Halbmarathon für fast jeden machbar ist, zeigen die Zahlen des Köln-Marathons.
- Während beim Marathon nur 24 Prozent der Teilnehmer Frauen sind, sind es beim Halbmarathon 46 Prozent.
- Der jüngste Teilnehmer in Köln ist 16 Jahre alt (Mindestalter).
- Die ältesten Teilnehmer sind regelmäßig über 80 Jahre alt.
- Die teilnehmerstärkste Klasse sind die 20- bis 30-Jährigen.
- Auch wenn das Durchschnittsalter bei 39 Jahren liegt.
Ein weiterer Faktor für die zunehmende Beliebtheit ist die Veränderung der Events selbst. Während bei Läufen früher vor allem das Ergebnis zählte, steht heute vielmehr der Erlebnis-Charakter im Vordergrund. Für viele gilt tatsächlich: Dabei sein ist alles.
Zwar stehen auch bei einem kleineren Volkslauf vereinzelt Zuschauer am Rand, und es gibt Musik, aber die Atmosphäre bei einem Großevent wie dem Berliner Halbmarathon ist für viele Läufer unvergleichlich. Zu laufen, während Tausende Zuschauer am Rand einem zujubeln, gibt vielen Teilnehmern einen wahren Adrenalin-Kick. Damit ist ein Ende des Booms in nächster Zeit nicht in Sicht.
Lauf | Land | Teilnehmerzahl | Datum nächster Marathon |
Göteborgsvarvet | Schweden | 60.000 | 16.05.2020 |
Great North Run | Großbritannien | 57.000 | 13.09.2020 |
Paris Halbmarathon | Frankreich | 40.000 | 01.03.2020 |
Lissabon Halbmarathon | Portugal | 35.000 | 22.03.2020 |
Berliner Halbmarathon | Deutschland | 34.000 | 05.04.2020 |
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