Chinas Jugend geht es gut – im Vergleich zu den Generationen ihrer Eltern und Großeltern sogar sehr gut. Doch mittlerweile sind die Zeichen nicht mehr von der Hand zu weisen, dass es den Millionen Kids in China sogar zu gut geht. Denn sie sind immer öfter nicht nur glücklich wie der Mops im Haferstroh, sondern haben langsam auch seine Körperfülle. Kurz gesagt: Chinas Jugend wird immer dicker.
Eine Studie der Peking University's School of Public Health hat ergeben, dass bei einer gleichbleibenden Entwicklung des Trends in zehn Jahren jedes vierte Kind über sieben Jahre an Fettleibigkeit leiden wird. Im internationalen Vergleich belegt China bei den Kindern zwischen sieben und 18 Jahren mit 15 Millionen fettleibigen Kindern bereits den Spitzenplatz. Bis 2030 soll die Zahl auf unglaubliche 50 Millionen ansteigen. Zum Vergleich, 1985 waren es lediglich 6,15 Millionen betroffene Kinder und Jugendliche.
Was aber sind die Gründe für diese explosionsartige Entwicklung in einem Land, in dem Dicke vor 30 Jahren so schwer zu finden waren wie eine McDonalds Filiale in Peking.
Der wahrscheinlich größte Faktor ist der steigende Einfluss des westlichen Lebensstils. Convenience- und Fast Food etablieren sich zusehends in China, was gepaart mit einer stetig steigenden Landflucht und weniger körperlichen Berufen eine gefährliche Mischung bildet.
Aus Sicht der Kinder bedeutet dies, dass ihre Eltern länger arbeiten, Kochen in den Hintergrund tritt und die Kinder längere Zeit in Schulen – sprich sitzend am Schreibtisch – verbringen. Zudem verfügt die neu gewachsene Mittelschicht über ein größeres Haushaltsbudget, wodurch der Kühlschrank immer gut gefüllt ist.
Zwei weitere Faktoren wurden in Studien ebenfalls erkannt: Videospiele und Großeltern. Ist die Kausalität bei Videospielen, also Bewegungsarmut in Verbindung mit schlechter Ernährung, relativ einfach zu erklären, ist der schlechte Einfluss der Großeltern nicht sofort zu erkennen.
Gerade in ländlichen Gegenden dienen die Großeltern sehr oft als Aufsichtspersonen, da die Eltern der „kleinen Kaiser“ beim Arbeiten in einer der Großstädte sind. Für Chinas Generation der Alten gelten dicke Kinder als gesunde Kinder, gleichzeitig wird der einzige Enkel – resultierend aus der Ein-Kind-Politik Chinas – besonders gut behandelt.
Um die erschreckenden Prognosen nicht zur Realität werden zu lassen, greift China das Problem Kinder-Fettleibigkeit aus mehreren Richtungen an:
- Ernährungsschulungen: Die chinesische Regierung hat den 13-Jahres-Plan „Healthy China 2030“ ins Leben gerufen, der unter anderem Gesundheitslehre an Schulen in den Lehrplan implementiert. Gleichzeitig gibt es in mehreren Provinzen Ernährungsschulungen wie das Projekt „Chirpy Dragon“, bei dem auch die Eltern und Großeltern involviert sind. Hier wird den Teilnehmern an den Schulen der Kinder unter anderem gesundes Kochen und Kinderspiele mit körperlicher Aktivität beigebracht.
- Infrastruktur: Neben der gesunden Ernährung ist natürlich Bewegung ein wichtiger Faktor, um die aufgenommenen Kalorien auch wieder zu verbrennen. Chinas Regierung setzt vor allem auf Fußball- und Basketballplätze. Bis zum Jahr 2025 soll es in China 50.000 Fußball-Akademien geben, die rund 50 Millionen Spieler hervorbringen soll.
- Neue Sportarten: Wintersport boomt in China und immer mehr Eltern stecken ihre Jüngsten in Skischulen. Auch wenn es für die Eltern zunächst mal ein Statussymbol ist, für die Kids ist es eine Möglichkeit in der Natur zu sein und sich bewegen zu können. Durch die Austragung der olympischen Winterspiele 2020 in Beijing werden zudem auch Sportarten wie Eishockey immer populärer.
- Boot Camps: Etwas weniger sanft geht es in den immer öfter gegründeten „Boot Camps“ zu. Hier werden die Kids bei den meist zweistündigen Kursen ordentlich zum Schwitzen gebracht. Betreut von Trainern gibt es jeweils morgens und abends eine Trainingseinheit, zusätzlich wird ein Ernährungsplan eingehalten. Für zwei Monate „Boot Camp“ müssen die Eltern bei Unternehmen wie Jian Fei Da Ren rund 3.500 Euro hinlegen.
Sollte es China nicht gelingen, den gefährlichen Trend zu stoppen, könnte es das Land teuer zu stehen kommen. Berechnungen zu Folge würden die Ausgaben für chronische Krankheiten in Verbindung mit Fettleibigkeit und Übergewicht von 2,7 Milliarden Euro (2002) auf 6,1 Milliarden Euro im Jahr 2030 steigen.
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