Olympia/13.02.2018

Peking 2022 setzt auf bekannte Sportstätten und reduzierte Kosten

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Die Experten auf der ISPO Beijing sind sich einig: China stemmt die Olympischen Winterspiele 2022 mit Leichtigkeit. Die Fehler von Sotschi sollen vermieden werden, eine Regierungs-Vorgabe scheint sehr ambitioniert.

Im Dezember 2017 wurde das Logo der Winterspiele 2022 in Peking vorgestellt.
Im Dezember 2017 wurde das Logo der Winterspiele 2022 in Peking vorgestellt.

Februar 2018, die komplette Wintersport-Welt schaut auf Südkorea. Denn in Pyeongchang finden vom 9. bis 25. Februar die Olympischen Spiele statt. Und eine Nation schaut noch etwas genauer hin, denn nicht nur Medaillen und Rekorde sind wichtig. China wird zusätzlich die Organisation des Mega-Events mit Argusaugen verfolgen, denn 2022 ist das Riesenreich selbst als Ausrichter gefragt.

Zwar hat China 2008 mit den Sommerspielen in Beijing seine Feuertaufe theoretisch schon bestanden, doch Winterspiele für eine alles andere als wintersporterprobte Nation sind auch für eine selbstbewusstes Land wie China eine Herausforderung.

ISPO.com sprach auf der ISPO Beijing 2018 mit den Experten Wu Bin, Autor des White Book 2017, und Laurant Vanat, Chief Consultant bei Antaeus Ski, über die Vorbereitungen für Olympia 2022, und wo eventuelle Stolperfallen verborgen sein könnten.

China bei der Infrastruktur im Plan

In einem Punkt waren sich sowohl Bin, der auch 2017 auf der ISPO Beijing seine jährliche Studie zur chinesischen Ski-Industrie vorstellte, als auch Vanat einig: China ist mehr als bereit für Olympia 2022 – wenn es um die Infrastruktur geht.

„Es ist zwar ein sehr ambitionierter Zeitplan, aber bislang sind wir sogar schneller als unsere Kollegen aus Südkorea in einem vergleichbaren Zeitraum”, so Bin: „Lediglich die komplett neu zu bauenden Ski-Anlagen für die Alpin-Wettbewerbe in Yanqing sind sehr knapp geplant.”

Vanat, Autor des International Report in Snow & Mountain Tourism, sieht es ähnlich und benutzt eine sehr griffige Umschreibung. „Wenn die Berge nicht hoch genug sind, dann machen die Chinesen sie einfach höher”, scherzt Vanat im Hintergrund-Gespräch während der ISPO Beijing: „Technisch sehe ich bei der Umsetzung absolut keine Probleme.”

Aus Water Cube wird einfach Ice Cube

Ein Bericht des Olympischen Komitees bestätigt die Aussagen der beiden Experten, zumal sechs der zwölf Austragungsstätten ohnehin bereits schon existieren. Gerade in Beijing werden viele der Stadien der Sommerspiele pragmatisch umfunktioniert – aus dem Water Cube wird einfach der Ice Cube. Statt Schwimmwettbewerben gibt es nun zum Beispiel Curling.

Neben den Events in der chinesischen Hauptstadt werden an zwei weiteren Orten nordwestlich von Beijing die Wettbewerbe ausgetragen. Rodeln, Bob, Skeleton und alle alpinen Ski-Disziplinen finden in Yanqing statt, die Zhangjiakou-Region mit Zentrum Chongli erhält unter anderem Biathlon, Skispringen und alle Snowboard-Disziplinen.

Der bisherige Water Cube in Peking wird 2022 Austragungsort vieler Eissportarten sein.
Der bisherige Water Cube in Peking wird 2022 Austragungsort vieler Eissportarten sein.
Bildcredit:
imago

China will aus den Fehlern von Sotschi lernen

Gleichzeitig mit dem Bau der Sportstätten, welche nach Regierungsaussagen bis Ende 2019 fertig gestellt sein sollen, wird die Anbindung Yanqings und der Zhangjiakou-Region durch einen Hochgeschwindigkeitszug vorangetrieben, der die Reisezeit von Beijing aus von drei bis vier Stunden auf 50 Minuten verringert.

Das Event-Location-Recycling hat neben einem deutlich entzerrten Bauzeitplan noch einen weiteren Vorteil, denn „für das Nationale Olympische Komitee und Chinas Regierung war es ungemein wichtig, aus den Fehlern Sotschis im Jahr 2014 zu lernen“, so Wu Bin. Gerade die ausufernden Kosten, will China unbedingt vermeiden und so „werden die Kosten gerade mit drei statt wie in Sotschi mit 15 Milliarden Euro veranschlagt“, erklärt Vanat.

Massive Jugendförderung in China

Bei aller Zuversicht, haben die beiden Experten auch ein paar Probleme ausgemacht, die vielleicht nicht so leicht zu lösen sind, wie ein paar Pisten, Stadien oder Bettenburgen mehr zu bauen. Denn neben den ambitionierten Bauplänen hat Chinas Regierung außerdem angeordnet, bis 2022 300 Millionen aktive Sportler auf die Pisten, Eisflächen oder in die Halfpipes zu bringen.

„Das halte ich für die deutlich größere Herausforderung“, so Wu Bin: „Gerade wenn man bedenkt, dass zum Beispiel nur zwei Prozent der Chinesen sich nach ihrem ersten Ski-Erlebnis ein zweites Mal auf Skier stellen.“ Um die negativen Erlebnisse ein wenig zu lindern investieren die Lokalregierungen vor Ort massiv in die Jugendförderung und bieten zum Beispiel Schülern kostenlose Skipässe und Ausbildungen an.

China meint es also Ernst mit seinen Wintersportplänen, ist organisatorisch auf einem beeindruckenden Weg, und vielleicht klappt es dann für China auch mit den für das sportliche Selbstverständnis so wichtigen Medaillen – denn im Vergleich zu Beijing 2008 mit 48 Gold-Medaillen (100 insgesamt) holten China bei Winterspielen zwischen 1980 und 2014 bislang nur insgesamt zwölf Gold-Medaillen.