Wintersport/04.01.2017

Biathlon: Profitieren die Ski-Marken von den Goldmedaillen der Stars?

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Ob Martin Fourcade oder Laura Dahlmeier – sportliche Erfolge der Stars im Biathlon beflügeln auch die Verkäufe der Ski-Hersteller. Im Gegensatz zu Ski alpin, wo die Protagonisten teilweise Millionen-Prämien kassieren, verdienen die Biathleten trotzdem nur einen Bruchteil.

Der Wettlauf um den Sieg und ums Geld: Deutschlands Top-Biathletin Laura Dahlmeier fährt vorne weg.
Der Wettlauf um den Sieg und ums Geld: Deutschlands Top-Biathletin Laura Dahlmeier fährt vorne weg.

Für Rossignols Biathlon- und Nordisch-Guru Franz von Wedel ist die Sache klar: „So wie Mercedes mit seinen Weltmeistertiteln in der Formel 1 Werbung für die Qualität seiner Serienautos macht, nutzen Rossignol und andere Skifirmen den Wintersport als perfekte Werbeplattform für ihre Produkte“, sagt er. 

Am wichtigsten Wintersport in Deutschland kommt niemand vorbei. „Biathlon hat im Wintersport dabei die größte mediale Aufmerksamkeit mit Quoten von über vier Millionen Zuschauern allein in Deutschland und ist damit die Nummer zwei hinter Fußball. Rossignols Umsatzzahlen im Langlaufski-Bereich entwickeln sich positiv – obwohl der Langlaufmarkt eher kleiner wird. Das hat maßgeblich mit unseren sportlichen Erfolgen zu tun“, erklärt von Wedel.

Rossignol: Titel und Erfolge im Biathlon-Weltcup

Acht Goldmedaillen im Ski- und Schuh-Bereich sahnte die französische Firma bei den letzten Biathlon-Weltmeisterschaften 2016 in Oslo ab. Vier davon gewann der Franzose Martin Fourcade, der momentan überragende Biathlet der Welt und aktuelle Gesamtweltcup-Spitzenreiter.

Viele Kunden fragen nach erfolgreichen Wochenenden mit Podestplätzen aktiv bei Händlern nach Rossignol, berichtet Franz von Wedel, der schon seit vier Jahrzehnten Teil der Branche ist. 

Dann gilt das Motto „Win on Sunday, Sell on Monday.“ Zumal die Kunden im Langlauf-Bereich die Original-Ski von Fourcade kaufen und selbst in der Loipe benutzen können. Im Alpin-Bereich ist das anders, weil die Bretter der Stars selbst für gute Skiläufer kaum beherrschbar sind.

 

Biathlon-Budget: 500.000 Euro

Trotzdem kassieren die Stars der Alpin-Szene weiterhin ein Vielfaches der Biathlon-Topathleten. Bode Miller verdiente in seiner Zeit bei Rossignol inklusive der Unterstützung von Co-Sponsoren eine Million Euro im Jahr – allein von seiner Skifirma. Und ging dann zum Konkurrenten Head, wo es noch mehr Geld zu verdienen gab.

Im Gegensatz dazu beträgt das Budget der gesamten Nordisch- und Biathlon-Sparte von Rossignol jetzt laut von Wedel 500.000 Euro im Jahr. Top-Biathleten wie Laura Dahlmeier können inklusive Erfolgsprämien bei ihrer Skifirma höchstens im niedrigen sechsstelligen Bereich verdienen. Obwohl zum Beispiel auch beim Nordisch-Marktführer Fischer die Umsätze aus dem Alpin- und Nordisch-Bereich ähnlich sind.

 

 

Neuner, Dahlmeier: „Wunderbare Werbeträger“

Umso wichtiger sind auch bei der österreichischen Traditionsfirma die berühmten Biathlon-Gesichter wie Laura Dahlmeier oder Magdalena Neuner. Die zweimalige Mama ist auch lange nach ihrem Rücktritt heute noch projektbezogen Markenbotschafter für Fischer.

„Beide Frauen sind wunderbare Werbeträger. Auch die Laura ist sehr authentisch, hat Charisma, Ecken und Kanten und ist nicht eins zu eins austauschbar. Das kommt auch bei den Kunden an“, sagt Tanja Winterhalder, die bei Fischer für PR und Marketing im Nordisch-Bereich zuständig ist. 

 

Fischer hat bei Langlauf-Ski und -Schuhen insgesamt die meisten Medaillen bei der letzten WM in Oslo gewonnen (siehe Tabellen unten). Fischer setzt neben Star Laura Dahlmeier auf viele nationale Werbeträger im Biathlonsport in wichtigen Märkten wie Russland (Anton Schipulin) oder Norwegen (Böe-Brüder).

Faktor Schnee: Neue Ideen gefragt

Trotzdem bedeuten Erfolge der Marke nicht automatisch mehr Ski-Verkäufe. „Der Schnee ist auch ein ganz wichtiger Faktor. Wenn der Endkonsument keinen vor der Nase hat, kommt er gar nicht erst auf die Idee, Ski zu kaufen“, erklärt Winterhalder.

Deshalb hat die Nordisch-Branche schwierige Jahre hinter sich und braucht neue Ideen für die Zukunft. „Das Problem ist, dass Kunstschnee im Langlauf längst noch nicht so ein Thema beim Konsumenten ist wie im Alpinen. Eine Kunstschnee-Loipe zum Beispiel im Olympiapark München wäre natürlich eine Traumlösung“, sagt Simone Adelwart, Marketing Coordinator Europe bei Madshus.

Die zu K2 gehörende Marke ist die Nummer 3 der Biathlon-Szene und ebenfalls vom Erfolg seines Engagements in der TV-Sportart überzeugt.

 

Top-Biathleten sorgen für Ski-Evolution

„Zum einen sind unsere Stars wie Ole Einar Björndalen bei den Biathlon-Fans weltweit absolute Werbeträger, die mit ihrem Material auch über die sozialen Netzwerke Vorbilder für unsere Kunden sind. Zum anderen entwickeln wir gemeinsam mit unseren Topsportlern unser Material ständig weiter. Sie sind die treibende Kraft hinter vielen Neuentwicklungen der Szene“, sagt Simone Adelwart.

Im Biathlon wird nur in der modernen Skating-Technik gelaufen, deshalb spricht die Sportart besonders junge, aktive und zahlungskräftige Kunden an.

Volksläufe erleben Boom

„Biathlon strahlt mit seinen modernen Wettkampfformaten wie den Massenstart eine unheimliche Dynamik aus“, sagt Rossignol-Mann Franz von Wedel. „Das lockt viele Quereinsteiger wie Marathonläufer, Bergläufer oder Trailrunner in die Loipen, die im Winter einen Ausgleich suchen.“

 

Viele Fans im Stadion und vor dem TV: In Deutschland ist Biathlon ein Top-Event.
Viele Fans im Stadion und vor dem TV: In Deutschland ist Biathlon ein Top-Event.
Bildcredit:
Imago / ITAR-TASS

Der Trend lebt auf seit einigen Jahren: „Das zeigen die unglaublichen Zuwächse bei Volksläufen wie dem Marcialonga oder dem König-Ludwig-Lauf“, sagt von Wedel. Wenn es nicht den latenten Schneemangel gäbe, würden noch viel mehr Menschen auf Langlauf-Ski unterwegs sein, weil der nachhaltige Sport ohne Liftanlagen und Umweltzerstörung ganz im Trend der Zeit liegt. Mit Biathlon als wichtigster Werbelokomotive.

Ski-Hersteller: Marken wie Pampers

Von Wedel: „Wir betreiben unser Engagement im Biathlon nicht aus Eitelkeit, sondern aus Marketing-Gesichtspunkten. Marken wie Rossignol oder Fischer prägen sich durch die ständigen Erfolge in die Gehirne ein. Das ist dann genauso wie bei jungen Familien – die kommen auch in den Supermarkt und fragen nicht nach Windeln, sondern nach Pampers.“

Ab der Saison 2017/2018 kooperieren die beiden Marktführer sogar: Fischer und Rossignol haben ein gemeinsames Sohlen- und Bindungssystem namens Turnamic angekündigt.  

Marken-Statistik der Biathlon-WM 2016 in Oslo

Ski-MarkeGold SilberBronzeTotal
Rossignol87318
Fischer751224
Madshus45312
Atomic1001
Salomon0325

 

SchuheGoldSilberBronzeTotal
Rossignol87318
Fischer721120
Madshus44311
Atomic1001
Salomon0628
Alpina0112

 




Autor: Lars Becker