Radeln in freier Natur oder lieber im Studio schwitzen? Für viele Fitnessfreaks ist das gar keine Frage: Sie schwingen sich auf das Spinning Bike und schon geht’s richtig los. Aber warum? Zunächst kommen einem da sicherlich schlechte Wetterbedingungen in den Sinn. Wer hat schon Freude daran, sich bei Graupelschauern oder Glatteis auf den Drahtesel zu begeben. Die Verletzungsgefahr nimmt deutlich zu, Schnee oder Eis erschweren das Vorankommen.
An ein strukturiertes Training mit Intervall- oder Wiederholungsmethoden ist tatsächlich nicht zu denken. So lässt sich schnell klären: Vor allem im Winter ist das Indoor-Cycling eine sinnvolle Alternative. Das allein kann es jedoch nicht sein, denn die Bikes sind auch bei Kaiserwetter gut besetzt.
Spinning bedeutet viel mehr als Radfahren: Da wäre beispielsweise der Aspekt der Motivation. Spinning findet gewöhnlich in Kursen statt – man trainiert also in Gesellschaft. Es bildet sich eine Gruppendynamik.
Nach einem anstrengenden Arbeitstag ist der Vorsatz, noch eine Runde um den Block zu radeln, vielleicht schnell vergessen. Wenn die Trainingskollegen und Trainer dagegen ständig nachbohren, denken viele zweimal darüber nach, ihren Kurs ausfallen lassen. Sport zu festen Trainingszeiten: ein wichtiger Punkt, um den inneren Schweinehund zu überwinden und kontinuierlich Ausdauer zu beweisen und fit zu bleiben.
Motivierend ist zudem, in der Gesellschaft anderer um Sport zu treiben – und das nicht nur um soziale Kontakte zu knüpfen. Idealerweise entwickelt sich bereits nach wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten eine Gruppendynamik, die jeden Einzelnen motiviert, noch etwas härter in die Pedale zu treten und alles aus seinem Bike raus zu holen. Man pusht sich gegenseitig, denn schließlich will man ja vor den Teamkollegen seine Fitness auf dem Bike präsentieren.
Auch die Anwesenheit des sogenannten Instruktors wirkt sich positiv aus. In der Regel finden Spinningkurse nämlich unter Aufsicht und Anleitung eines erfahrenen Trainers statt, der seine Kursteilnehmer zusätzlich anspornt und zu Höchstleistungen antreibt. Während der Trainingseinheiten wird Musik gespielt, nach deren Rhythmus geradelt werden kann – Treten im Takt: Das gibt nicht nur eine Portion Extra-Power, sondern macht das Ausdauer-Training auch abwechslungsreicher.
Nicht zuletzt sorgt die Konstruktion der Spinning-Bikes dafür, dass man die Beine nicht so schnell baumeln lässt. Einen Leerlauf gibt es hier nämlich nicht. Das moderne Spinning-Bike ist mit dem sogenannten Starrlauf ausgestattet, der heute nur noch im Bahnradsport oder bei bestimmten Kunstradlern anzutreffen ist.
Waren in den Anfangszeiten des Fahrradfahrens noch alle Bikes mit dem Starrlauf ausgerüstet, hat sich immer mehr der bequemere Leerlauf durchgesetzt. Im Gegensatz zum modernen Straßenrad kann man sich also beim Spinning nicht mal eben eine kurze Auszeit gönnen.
Besonders bei intensiveren Phasen, in denen häufig stehend gestrampelt wird, ist jedoch Vorsicht geboten. Auch wenn die Beine nachgeben – Pedale und Schwungrad rotieren weiter. Ganz nach dem Motto: Wer pausiert, der fliegt.
Wer es jetzt mit der Angst zu tun bekommen hat, der sei beruhigt: Wie in jeder Sportart werden Neueinsteiger auch beim Spinning behutsam und systematisch auf höhere Geschwindigkeiten vorbereitet. Zudem werden Rhythmus und Intensität zwar vom Trainer vorgegeben, der zu bewältigende Widerstand lässt sich aber von jedem ganz individuell einstellen.
Und der Starrlauf hat weitere Vorteile: Durch das bis zu 30 Kilogramm schwere Schwungrad, von dem die Pedale angetrieben werden, kommt es zu einer sehr flüssigen Übersetzung. Das wiederum hat ein sehr harmonisches Fahrgefühl zur Folge – ähnlich dem Fahren auf einem normalen Rad.
Vor allem für ambitionierte Sportler wie Triathleten aber auch für Neulinge ist Spinning deshalb die ideale Variante. Man entwickelt fast automatisch ein Gefühl für bestimmte Trittfrequenzen und ist so optimal auf das Fahren auf der Straße vorbereitet.
Noch eine weitere, für Radsportler höchst bedeutsame, Eigenschaft wird speziell beim Spinning trainiert – der "runde Tritt". Der runde Tritt beschreibt in erster Linie den Winkel der Krafteinwirkung auf die Pedale. Viele Hobbyradler treten lediglich von oben nach unten, wobei ein Großteil der Kraft ungenutzt verloren geht. Denn auch in der sogenannten Zugphase, also während der Aufwärtsbewegung der Pedale, ist eine Krafteinwirkung möglich.
Beim runden Tritt kommt es zu einem ständigen Wechsel von Druck und Zug, so dass die Kraft gleichmäßig auf Pedale und Schwungrad einwirken kann – die eigene Trittkraft wird optimal genutzt. An jedem Punkt der kreisförmigen Pedalbewegung findet also eine Krafteinwirkung statt.
Umgesetzt wird diese Technik, sowohl beim Straßenbike als auch beim Spinningbike, mit Hilfe von Klickpedalen oder Schlaufen, die ein “Hochziehen“ ermöglichen. Besonders durch das schwere Schwungrad wird der runde Tritt hervorragend simuliert, da die Beine des Sportlers in gewisser Weise geführt und an das Bewegungsmuster gewöhnt werden.
Bei allen genannten Vorzügen: Ein vollständiger Ersatz für das Training mit dem normalen Fahrrad ist das Spinning nicht. Durch die fehlende Schwerpunktverlagerung, wie sie beispielsweise in Kurven stattfindet, werden die koordinativen Fähigkeiten vernachlässigt. Sowohl Gleichgewicht als auch Orientierung und Reaktionsvermögen werden beim Indoor-Cycling also nicht trainiert.
Trotzdem: Für alle, die noch im kommenden Winter mit dem Radsport loslegen wollen, ist Indoorcycling das perfekte Training, um sich ein Gefühl für das Fahren auf der Straße anzueignen. In gemeinschaftlicher Atmosphäre die allgemeine Fitness und Ausdauer zu steigern und nebenbei ein paar Pfunde zu verlieren, dafür lohnt sich der Gang zum nächsten Spinningkurs allemal.