Outdoor/13.10.2017

Ist Klettern nur noch Fitnesssport oder weiter Lebenseinstellung?

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Klettern boomt – anhaltend seit Jahren. Im deutschsprachigen Raum entstehen aufgrund der Nachfrage und Auslastung ständig neue Kletterhallen. Mit ihnen wächst eine neue Generation von Sportkletterern heran. Was bedeutet der Trend aber für die Wurzeln des Sports? Wir haben fünf Experten aus der Branche befragt.

Ist Hallenklettern das neue Fitnessstudio?
Ist Hallenklettern das neue Fitnessstudio?

42 Jahre ist es her, da revolutionierte Kurt Albert das Klettern: Er führte den Rotpunkt ein und markierte damit alle Routen, die er sturzfrei ohne technische Hilfsmittel geklettert ist. In der Sächsischen Schweiz wurde schon ab Ende des 19. Jahrhunderts frei geklettert. Im Yosemite Valley in Kalifornien wurde das Freiklettern weiterentwickelt bis Kurt Albert die neue Kletterethik 1975 in ganz Deutschland etablierte.

Das Freiklettern ist heute weltweit anerkannter Kletterstil und mittlerweile Olympische Disziplin. Ebenso sind Klettern und Bouldern im Freizeitsport angekommen. In Großstädten wie München und Berlin gibt es eine hohe Dichte an Kletter-und Boulderhallen. Der Deutsche Alpenverein geht von mehr als 500.000 aktiven Kletterern in Deutschland aus. 

Branchen-Insights

Was früher eng mit der Lebenseinstellung der Kletterer verwoben war und wenigen Profis vorbehalten blieb, wird zu einem Trend – vor allem auch, weil sich das Hallenklettern zu einer eigenständigen Form des Kletterns entwickelt hat.

Aber wo führt das hin? ISPO.com hat die Experten führender Klettermarken gefragt: Welche Entwicklungen zeichnen sich beim Klettersport ab? Spannende Einblicke liefern die Branchen-Insider:

  • Black Diamond: Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales
  • Edelrid: Thomas Hodel, Brandmanager
  • Mammut: Andres Lietha, Head of Business Unit Hardware
  • Petzl Deutschland: Christoph Driever, Countrymanager
  • Red Chili: Stefan Glowacz, Mitgründer
Felsklettern hat seine unbestrittenen Reize, viele Sportler bleiben jedoch in den Hallen.
Felsklettern hat seine unbestrittenen Reize, viele Sportler bleiben jedoch in den Hallen.
Bildcredit:
Black Diamond

Black Diamond: Klettern ist mehr als nur ein Trend

Black Diamond Equipment ist ein Hersteller von Kletter-, Ski- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Utah, USA. Das Unternehmen wurde 1954 gegründet und unterhält auch globale Niederlassungen in Innsbruck und Zhuhai, China 
„Klettern ist weit mehr als eine Trendsportart: es ist eine der ältesten sportlichen Disziplinen überhaupt und nicht zuletzt eine Lebenseinstellung. Zweifellos erfährt der Klettersport aktuell starken Zulauf – andererseits entwickelt sich der Markt in diesem Bereich seit vielen Jahren stetig positiv und wir gehen davon aus, dass sich dies noch lange Zeit so fortsetzt.“

Edelrid ist ein deutscher Hersteller von Kletter- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Isny im Allgäu. Gegründet im Jahr 1863 ist Edelrid seit 2006 Teil der Vaude-Gruppe. Das Unternehmen beschäftigt 160 Mitarbeiter.
„Der Wunsch nach sportlichen Herausforderungen ist sicher populär wie nie. Für die Kletterhallen spricht die einfache Erreichbarkeit und die Vielseitigkeit des Klettersports –  Bewegungsgefühl, Kraft, Beweglichkeit und mentale Aspekte werden trainiert. Das Freizeitangebot in Kletterhallen hat in den vergangenen Jahren enorm an Attraktivität zugenommen, so dass eine Kletterhalle längst als Tagesausflugsziel für die ganze Familie dient.

Ein großer Teil der Hallenkletterer klettert ausschließlich in der Halle und hat keine Ambitionen nach draußen zu gehen (die Kletterhalle als vertikales Fitnessstudio). Unter ihnen ist die Gruppe der Boulderer mit Sicherheit die am stärksten wachsende Gruppe. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, kann doch jeder unabhängig von Alter und Leistungsniveau in einer Boulderhalle sofort Spaß haben. “ 

Mammut: In vielen Regionen hat der Trend erst gestartet

Die Mammut Sports Group AG ist ein Schweizer Hersteller von Berg- und Trekkingausrüstung mit Sitz in Seon, Schweiz. Das Unternehmen mit 465 Mitarbeitern wurde 1862 gegründet.
„Wir denken, dass der Trend erst angefangen hat und noch lange anhalten wird. In einigen Regionen (Raum München, Zürich, Japan) sehen wir eine extrem hohe Kletterhallendichte und der Markt scheint auch dort noch nicht gesättigt zu sein. In vielen Regionen hat der Trend erst gestartet.“

Bouldern ist outdoor wie indoor zum absoluten Trend geworden.
Bouldern ist outdoor wie indoor zum absoluten Trend geworden.
Bildcredit:
Petzl

Petzl: Der Klettersport entwickelt sich sehr nachhaltig

Petzl ist Hersteller von Kletterausrüstung, Höhlenausrüstung, Arbeitsgeräten und Scheinwerfern mit Sitz in Crolles (bei Grenoble), Frankreich. Das Unternehmen wurde Mitte der 70er Jahre vom Höhlenforscher Fernand Petzl gegründet und beschäftigt 700 Mitarbeiter.
„Generell glauben wir bei Petzl, dass sich der Klettersport, der ja eine sehr lange Tradition hat, augenblicklich sehr nachhaltig entwickelt. Für viele ist insbesondere das Bouldern eine echte Fitnessalternative. Wir beobachten, dass die Aktiven sehr schnell feststellen, dass die Sportart Klettern, in allen Facetten, nicht nur sehr abwechslungsreich ist, sondern einen besonderen Lifestyle hat, der gerade auch einem jungen Publikum sehr entspricht.“

Red Chili: Klettern bedeutet auch sozialer Anschluss

Red Chili Climbing ist ein deutsches Unternehmen, das Kletterschuhe und Kletter-Bekleidung herstellt. Mitgründer ist Stefan Glowacz.
„Die Zielgruppe der Kletterer hat sich grundlegend verändert. Der Trend ist klar: Klettern wird zum Fitness-Sport. Das liegt vor allem daran, weil das Bouldern immer beliebter wird. Dafür gibt es mehrere Gründe: Bouldern kann man alleine. Man braucht keinen Seilpartner, der einen sichert, weil man in Absprunghöhe über Matten klettert. Man muss niemanden finden, der Zeit und vergleichbares sportliches Niveau hat.

Und: Man braucht null Vorkenntnisse. Jeder, egal wie sportlich oder auch nicht, geht in die Boulderhalle und hat Erfolgserlebnisse. Jeder spürt die Freude an der Bewegung. Es gibt keine Vorschriften in Sachen Technik. Aber es gibt noch einen wichtigeren Aspekt. Der soziale Anschluss. Man geht in die Halle und es ist sofort die Community da. Man findet sofort Anschluss. Das ist das wirklich schöne, in unserem digitalen Zeitalter, in dem sehr viel anonym abläuft: Die unmittelbare Begegnung.“

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