"KI ist auf dem besten Weg, ein echter Game-Changer für den Onlinehandel zu werden",
sagt Rico Adler, Director Solution Consulting bei Scayle, Anbieter von Shopsoftware, dessen Commerce-Plattform von großen internationalen Onlinehändlern wie About You, Harrods, Deichmann, Odlo, Manchester United und dem FC Bayern für ihr digitales Business genutzt wird. Adler hat sich auf innovative Technologien zur Verbesserung von Skalierbarkeit, Kund*innenerlebnis und Prozessautomatisierung spezialisiert und berät zahlreiche Unternehmen bei der Umsetzung ihrer KI-Strategie.
Hier erklärt er, welche Möglichkeiten für den Sportfachhandel sinnvoll und welche Fallstricke zu beachten sind. Denn eines ist klar: Die Einsatzgebiete sind vielfältig. Von personalisierten Empfehlungen über automatisierten Kund*innenservice bis hin zur dynamischen Preisgestaltung. Doch nicht jede Innovation bringt automatisch Vertrauen bei den Kund*innen – und nicht jede Lösung passt zu jedem Geschäftsmodell. Diese acht KI-Anwendungen, solltest Du Dir genauer ansehen:
Wer im Onlinegeschäft Laufschuhe, Rackets oder Fahrradhelme verkauft, kennt das Problem: Kund*innen brechen den Kauf oft ab, weil sie sich nicht gut beraten fühlen. Oft helfen die bislang verwendeten klassischen Filter und Recommendation Engines nicht weiter. KI-basierte Empfehlungssysteme hingegen erkennen Verhaltensmuster und Interessen der Nutzer*innen in Echtzeit und schlagen darauf basierend passende Produkte vor. Adler erklärt:
Sie können auf viel granulareren Ebenen Zusammenhänge in Bezug auf Nutzer*innenverhalten und Kauf-Intention erkennen und so die Conversion Rate steigern. KI hat das Potenzial, die bislang genutzten Methoden für Produktempfehlungen komplett in den Schatten zu stellen.
So erhalten Kund*innen, die vor kurzem nach Laufschuhen gesucht haben, eine persönliche Empfehlung für neue Laufschuhe – beispielsweise mit besonderem Tragekomfort für Langstreckenläufe, dazu Funktionskleidung in der richtigen Größe, sowie einem neuen Elektrolytgetränk. Das System schlägt Produkte vor, die von anderen Kund*innen mit ähnlichem Kaufverhalten in den Warenkorb gelegt wurden und bezieht dabei auch Kund*innenbewertungen mit ein.
Risiko: Zu aufdringliche oder irrelevante Vorschläge können das Vertrauen schmälern – besonders, wenn Nutzer*innen das Gefühl haben, „ausspioniert“ zu werden

Moderne Chatbots und Sprachassistenten können heute längst Standardfragen beantworten, Bestellungen verwalten oder Retouren initiieren. Durch KI-basierte Fortschritte beim Natural Language Processing (NLP) können sie inzwischen auch die Intention hinter einer Service-Anfrage erkennen und reagieren nicht allein aufgrund von Schlagwörtern. So können selbst komplexe Fragen schnell und zuverlässig beantwortet oder sogar natürliche, kontextbasierte Unterhaltungen geführt werden. Doch es geht noch weiter: Mit Voice Commerce. Adler erläutert:
Das ist einer dieser Bereiche, der sich lange nicht essentiell weiterentwickelt hat und es daher nicht so wirklich in den Mainstream geschafft hat. Aber auch das ändert sich mit KI.
Kund*innen können dann nicht nur per Sprachbefehl Produkte suchen, in den Warenkorb legen und kaufen, so wie es bei Amazons “Alexa” bereits Standard ist. Voice Agents werden zunehmend eine eigene Identität bekommen und den Anschein einer natürlichen Person haben. Adler ergänzt:
Aktuell ist jedoch die Herausforderung, den neuen smarten Assistenten das ‚Halluzinieren‘ abzugewöhnen, sich also einfach etwas selbst auszudenken, wenn die Anfrage zu ungenau ist.
Risiko: Wenn die Technik versagt, etwa bei komplexen Anfragen, schlägt die gewonnene Effizienz für den Shop schnell in Frust bei den Käufer*innen um. Eine hybride Strategie, die KI und menschlichen Support kombiniert, verbessert die Kund*innenzufriedenheit erheblich. Eine Eskalation zu echten Servicemitarbeiter*innen sollte also gewährleistet bleiben.
Bestände effizienter verwalten, Überproduktionen vermeiden und dennoch immer genügend Ware auf Lager haben? Mit Machine Learning, Reinforcement Learning oder Predictive Analytics können Retailer hier große Fortschritte machen. Adler zeigt:
Denn KI unterstützt nicht nur bei der Analyse von Trends, Verkaufs- und Saisondaten, sondern liefert präzise Prognosen für proaktive Entscheidungen.
Zudem hilft KI bei der Optimierung von Lieferketten – von Logistikprozessen über Lieferzeiten bis hin zum Risikomanagement. So lässt sich mit Predictive Analytics vorhersagen, wann welche Sportartikel – etwa Skihelme während der Wintersaison oder Sonnenbrillen während der Sommersaison – in einer bestimmten Region stärker nachgefragt werden. Daraufhin können Lagerbestände proaktiv angepasst und die Lieferung in diese Region priorisiert werden. Das ermöglicht eine bessere Lagerplanung, senkt Kosten und verbessert die Verfügbarkeit. Auch die Auswertung von Kund*innenbewertungen und das Retourenverhalten können berücksichtigt werden und nehmen Einfluss auf Einkauf und Bestandsoptimierung.
Risiko: KI optimiert Sortimente basierend auf Verkaufszahlen. Das führt auch dazu, dass Bestseller bevorzugt werden, während Nischenprodukte weniger Sichtbarkeit erhalten. Die Konsequenz sind eintönige Sortimente, die langfristig die Attraktivität eines Shops mindern können. Adler betont:
Retailer sollten KI gezielt steuern, um eine Balance zwischen Bestsellern und Nischenprodukten zu gewährleisten. Kuratierte Inhalte und personalisierte Empfehlungen helfen, Vielfalt zu bewahren und Kund*innen mit neuen Produkten zu überraschen. Bewusstes Gegensteuern durch menschliche Kuration und das Fördern von Long-Tail-Produkten sind entscheidend.

Der Preiskampf im Sporthandel reduziert die Margen und schadet langfristig dem Markenimage und der Glaubwürdigkeit. Adler setzt daher auf Markenoptimierung mithilfe von dynamischem Preismanagement mit KI-unterstützten Preis-Algorithmen.
Damit werden Faktoren wie Nachfragen, Wettbewerberpreise, Saisonalität und Lagerbestand in Echtzeit analysiert.
Hierbei werden Preise flexibel und strategisch angepasst, um Umsatz und Marge zu maximieren – und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Adler ergänzt:
Die Idee ist grundsätzlich nicht neu und wird beim Dynamic Pricing mit Machine Learning bereits seit Jahren angewandt. Neu sind Geschwindigkeit, Genauigkeit und Datentiefe.
Durch KI-gesteuerte Preisanpassungen in Echtzeit kann der Onlinepreis z.B. für Fahrradzubehör flexibel auf Nachfrage, Lagerbestand und Wettbewerb reagieren. Das schützt die Margen besonders in saisonalen Peaks. Auch können mit KI die Angebote noch passgenauer auf die Kund*innen zugeschnitten werden.
Risiko: Häufige Preisänderungen können bei Kund*innen Misstrauen wecken und langfristig das Markenimage beschädigen. Zudem kann KI Wettbewerber durch Datenanalyse von Preisen, Rabatten, Bestsellern und Kund*innenverhalten durchleuchten und damit gezielte Preiskriege durch dynamische Preisanpassungen entfachen, die alle unter Druck setzen. Adler warnt:
Statt sich ausschließlich auf den Preiswettbewerb einzulassen, sollten Händler auf Kundenloyalität, Personalisierung und hochwertige Produkte setzen. Verbraucher*innen sind bereit, für Mehrwert und Vertrauen mehr zu zahlen. Es gilt daher, ein Gleichgewicht zwischen wettbewerbsfähigen Preisen und nachhaltiger Profitabilität zu finden.
Gerade für kleinere Sporthändler mit wechselndem Sortiment oder Interesse an Newcomern eine interessante Option: Statt großer Vorbestellungen hilft KI, zunächst nur kleine Mengen auf Basis von Bedarfsschätzungen zu ordern. Reagiert der Markt positiv, wird automatisch nachbestellt – das senkt das Risiko von Ladenhütern und Retouren. Auf diesem Prinzip basieren auch die Erfolgsgeschichten von Temu und Shein. Allerdings: Dieses Modell setzt nicht nur zuverlässige Daten, sondern vor allem auch schnelle Produktionszyklen und eine flexible Lieferkette voraus. Hier steht die Sportbranche in verschiedenen Kategorien erst am Anfang.
Risiko: Funktioniert nur mit zuverlässigen Daten und flexibler Produktion. Unzureichende oder ungenaue Prognosen können zu Fehlbestellungen führen, was entweder zu Lagerengpässen oder Überschüssen führt, die die Rentabilität gefährden.
Statt Tausende Bewertungen einzeln zu lesen, erkennt KI Schwachstellen in Produkten oder im Service automatisiert. Adler betont:
KI-Tools analysieren Bewertungen, Rezensionen und Social-Media-Kommentare und geben gezielte Verbesserungsvorschläge.
So können Retailer viel früher reagieren, etwa wenn ein bestimmter Wanderschuh häufig als zu eng bewertet wird oder die Größe anders als gewohnt ausfällt. Davon profitieren auch Kund*innen und Retourenquote, wenn Händler z.B. bereits während des Kaufprozesses darauf hinweisen, dass viele Kund*innen einen Schuh als „zu klein” bewertet haben und daher den Kauf einer größeren Größe empfehlen.
Risiko: Achtung vor KI-generierten Fake-Bewertungen. Diese können zwar Kaufentscheidungen positiv beeinflussen, schädigen damit aber das Vertrauen in den E-Commerce allgemein. Adler empfiehlt:
Händler sollten auf intelligente Prüfmechanismen setzen, die verdächtige Muster in Bewertungen erkennen.
Generative KI kann auf Basis von Kund*innendaten Inhalte für personalisierte Newsletter, Social Media Posts oder Werbeanzeigen erstellen – abgestimmt auf Zielgruppe, Saison oder Produkttyp. Sie kann A/B-Tests durchführen und die beste Strategie identifizieren, um Zielgruppen effizient anzusprechen und Streuverluste zu reduzieren. So lassen sich z.B. Kampagnen für nachhaltige Sportmode punktgenau und automatisiert ausspielen. Gleichzeitig können auch Rabatte gezielt angeboten werden – abgestimmt auf die Preissensibilität der Kund*innen oder die jeweilige Marge.
Gerade kleinere Shops können hier profitieren. Adler verdeutlicht:
KI bietet insbesondere kleineren Unternehmen neue Chancen: Viele Prozesse, die bislang nur für Großkonzerne wirtschaftlich realisierbar waren – etwa personalisierte Kund*innenansprache, automatisierte Analysen oder intelligente Lagerverwaltung – werden durch KI zunehmend demokratisiert. Mit niedrigeren Einstiegshürden und offenen Technologien können auch kleinere Player von der Leistungsfähigkeit moderner KI profitieren.
Risiko: Überautomatisierung kann auch langweilig und beliebig wirken. Gerade im Sporthandel ist Authentizität ein wichtiger Erfolgsfaktor und sollte im Marketing berücksichtigt werden.

KI kann dabei helfen, Inhalte wie Produktbeschreibungen, Werbetexte, Videos oder Social Media-Posts nicht nur effizienter zu erstellen, sondern auch eine höhere Konsistenz und Qualität zu gewährleisten, insbesondere bei großen Datenmengen. Mithilfe von Technologien wie Computer Vision und Generativer KI können bereits jetzt animierte Produktvideos erstellt, Produkte aus verschiedenen Perspektiven gezeigt, Funktionen hervorgehoben oder Anwendungsszenarien simuliert werden. Diese automatisierte Videoproduktion ermöglicht es Unternehmen, die Conversion Rate zu steigern, da Videos die Kaufentscheidung unterstützen und die Kund*innenbindung erhöhen können.
Gleichzeitig werden die hohen Kosten traditioneller Videoproduktionen drastisch reduziert, was insbesondere für kleinere Händler oder Händler mit umfangreichen Produktkatalogen ein entscheidender Vorteil ist.
Weiterer Bonus: KI spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern stellt auch sicher, dass Inhalte für Suchmaschinen optimiert sind.
Risiko: Beim Content sind nicht nur Kreativität und Emotionalität wichtig, sondern auch Glaubwürdigkeit. Alles zusammen können KI-Tools noch nicht zuverlässig bieten. Auch hier sind hybride Konzepte eine gute Lösung.
Bleibt noch ein letzter, wichtiger Punkt: Der Datenschutz. KI verarbeitet große Mengen an Kund*innendaten, denn nur dann kann sie ihre Vorteile wirklich ausspielen. Damit steigt jedoch das Risiko, Datenschutzgesetze zu verletzen. Adler rät:
Wichtig ist ein bewusster Umgang mit den eingesetzten Tools und den zugrunde liegenden Foundation-Modellen. Sensible Daten sollten nicht unbedacht in KI-Systeme übermittelt werden, deren Datenverarbeitung und Modellverhalten sich nur schwer kontrollieren lassen.
Er empfiehlt daher Open-Source-Modelle, deren Hosting und Zugriff vollständig in eigener Hand liegen. Und wie steht es mit Hackerangriffen? Der Experte meint:
Natürlich können auch Hacker KI-Systeme manipulieren, um Zugang zu sensiblen Daten zu erhalten, aber KI kann auch genutzt werden, um Cyberangriffe frühzeitig zu erkennen und abzuwehren.
Wie sich KI konkret in vorhandene Unternehmensstrategien integrieren lässt, welche Chancen sie eröffnet und was es dabei zu beachten gilt, erfährst du auf der ISPO 2025. Als internationales Flagship-Event der globalen Sportbranche bietet ISPO eine Plattform für praxisorientierte Diskussionen mit Branchenexpert*innen. Hier erhältst du wertvolle Insights zu technischen Innovationen, die dein Unternehmen stärken. Ob im Digitize & Retail Hub oder im Brandnew Village – hier kommen Innovator*innen, Start-ups und etablierte Brands zusammen, um richtungsweisende Ideen voranzutreiben. Sei dabei – vom 30. NOV. – 02. DEZ. in München.
Personalisierte Produktempfehlungen – Steigerung der Conversion-Rate durch genauere Empfehlungen. Risiko: Zu aufdringliche Vorschläge könnten das Vertrauen schmälern.
Automatisierter Kund*innenservice – 24/7 Support durch KI-gestützte Chatbots und Voice Commerce. Risiko: Bei komplexen Anfragen könnte es zu Frust kommen.
Optimierte Lieferketten und Bestände – Bessere Planung durch KI-basierte Prognosen. Risiko: Bestseller könnten Nischenprodukte verdrängen.
Dynamisches Preismanagement – Preisoptimierungen in Echtzeit für wettbewerbsfähige Angebote. Risiko: Häufige Preisänderungen könnten Misstrauen wecken.
Reverse Manufacturing – Bedarfsgerechte Bestellungen minimieren Retouren und Ladenhüter. Risiko: Abhängig von zuverlässigen Daten und flexibler Produktion.
Kundenfeedback besser verstehen – Automatische Analyse von Bewertungen zur Optimierung von Produkten und Services. Risiko: Fake-Bewertungen könnten das Vertrauen gefährden.
Marketing-Kampagnen zielgenau aussteuern – Personalisierte Inhalte und Angebote. Risiko: Überautomatisierung könnte Authentizität beeinträchtigen.
Content-Erstellung – Effiziente Erstellung von Produktbeschreibungen und Werbetexten. Risiko: KI kann Kreativität und Glaubwürdigkeit nicht immer liefern.
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