Wintersport/04.01.2017

Ski-Marken bei der Vierschanzentournee: Die fliegende Werbeplattform

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Jeden Flug gibt es in Zeitlupe, die extra-breiten Sprungski sind sekundenlang groß im Bild – und damit auch der Schriftzug der (Ski-)Marke. Skispringen fasziniert jedes Jahr aufs Neue Millionen Zuschauer. Die Vierschanzentournee ist die ideale Werbeplattform für Hersteller von Sprungski – und nicht nur für diese.

Deutschlands Überflieger bei der Vierschanzentournee 2016/2017: Markus Eisenbichler.
Deutschlands Überflieger bei der Vierschanzentournee 2016/2017: Markus Eisenbichler.

Welchen Markenschriftzug gibt es in dieser Größe irgendwo sonst sekundenlang in der Tagesschau zu sehen? Die Berichterstattung übers Skispringen bringt die Unternehmen einer enormen Zahl von TV-Zuschauern nahe. Das haben inzwischen nicht nur traditionelle Skifirmen wie Fischer erkannt. Auf den eng anliegenden Startnummern-Leibchen werben bei der Vierschanzentournee 2016/2017 Veltins, Milka und Intersport – doch wirklich interessant sind vor allem die Schriftzüge auf den Sprungski.

Vorbildlich: Stephan Leyhe hält seine Sprungski mit dem Firmenschriftzug von Sport 2000 beim Neujahrsspringen 2017 in die Kamera.
Vorbildlich: Stephan Leyhe hält seine Sprungski mit dem Firmenschriftzug von Sport 2000 beim Neujahrsspringen 2017 in die Kamera.
Bildcredit:
Imago

Sprungski bieten viel Platz für Werbung

„Die Marke ist im Bild – mit Sicherheit in Zeit und Länge häufiger als bei anderen Ski-Disziplinen. Das sind Fernsehzeiten, die ansonsten teuer erkauft werden müssten“, sagt Tanja Winterhalder, Marketingleiterin bei der Skifirma Fischer. Besondere Bedeutung für das Unternehmen habe dabei natürlich das Premium-Event Vierschanzentournee: „So eine Plattform haben wir sonst nicht.“

Als mit dem Österreicher Stefan Kraft 2015 ein Springer mit Fischer-Ski Vierschanzentournee-Sieger wurde, sei „das in der Öffentlichkeit deutlich wahrgenommen“ worden.



Der Media-Wert für die TV-Übertragungen vom Skisprung-Grand-Slam – das Neujahrsspringen 2017 verfolgten in der ARD bis zu 5,5 Millionen Deutsche – und für die zahllosen (Werbe-)Fotos in Zeitungen und Internet geht für die Skihersteller in die Millionen.

Der Aufwand ist allerdings auch relativ hoch. Offizielle Zahlen gibt es bei der österreichischen Traditionsfirma nicht, aber knapp in den Millionenbereich dürften die Kosten für die Herstellung, Entwicklung und das Personal schon gehen. Vier Mitarbeiter produzieren pro Jahr etwa 1500 Paar Sprungski. Einer davon, der ehemalige Topflieger Franz Neuländtner, ist bei den Weltcups und der Vierschanzentournee immer als Servicemann dabei.

Ski für Springer werden im Handel praktisch nicht verkauft

Das Problem bei der Sprungski-Herstellung: Im Gegensatz zu Alpin oder Langlauf werden Sprungski nicht von „normalen“ Konsumenten gekauft. Pro Jahr werden weltweit lediglich 2500 Paar verkauft, bei Fischer wird der offizielle Verkaufspreis von 799 Euro faktisch nie erlöst.

Auch den ermäßigten Kaderpreis von 550 Euro zahlen höchstens die Hälfte der Athleten. Weil die Topflieger wie Weltmeister Severin Freund ihr Material von Fischer gesponsert bekommen. „Und jeder dieser Ski für die Topspringer ist eine Einzelanfertigung“, sagt Winterhalder.

Zwei Skispringer beim Jubeln
Trikots der Skispringer: Viel Platz für Werbung
Bildcredit:
imago/GEPA Pictures

Die Zeiten in der Skiindustrie sind nicht gerade rosig, deshalb wurde auch bei der Traditionsmarke Fischer schon mal über die Einstellung der Sprungski-Produktion diskutiert. Rossignol – früher die Marke von Martin Schmitt – und Atomic (die einstige Marke von Janne Ahonen) sowie Elan (verkaufte seine Produktion an die slowenischen Landsleute von Slatnar) haben das bereits getan. „Wir wollen dagegen als nordischer Marktführer alle Sparten bedienen. Zugleich nutzen wir das Skispringen als Wissenspool für das Spiel mit neuen Materialien“, sagt Tanja Winterhalder, Marketingleiterin von Fischer.

Das gewichtigste Argument bleibt jedoch das der idealen Werbeplattform. Gerade beim Highlight Vierschanzentournee.

Sponsoring im hohen sechsstelligen Bereich

Nachdem die Nachfolgefirma des einstigen DDR-Sportartikelherstellers Germina, die S.K.I. Sprungskiproduktions GmbH, mal wieder in die Krise geschlittert war, gingen die Verantwortlichen auf die Suche nach Kooperationen, um die Herstellung am thüringischen Standort Floh-Seligenthal zu retten. Das Unternehmen klopfte zunächst bei Audi und Lufthansa an, am Ende schlugen Sport 2000 und das mittlerweile insolvente Leipziger Internet-Unternehmen Unister zu.

Unister sah Skispringen für sein Reiseportal fluege.de als ideale Werbeplattform – und ließ sich die perfekte Werbung jährlich geschätzte 700.000 Euro kosten. Nach der Insolvenz sprang das Vergleichsportal Verivox ein.

Auch bei Sport 2000 heißt es ganz offen, dass man sich „Sprungski statt Werbeinserate“ leistet. Offenbar ein Erfolgsmodell: Auch Löffler lässt sich inzwischen Ski bei seinem Schwesterunternehmen Fischer fertigen und nutzt die Werbeplattform Tournee. Das deutsche Skisprung-Talent Pius Paschke fliegt unter anderem mit Löffler durch die Lüfte. 


Obwohl der Werbewert gigantisch ist, partizipieren die Sportler daran nur wenig. Bei der Vierschanzentournee kann der Sieger so geschätzte 20.000 Euro an zusätzlichen Prämien verdienen. Peanuts im Vergleich zum Alpinbereich, wo Topathleten erfolgsabhängig jährlich bis zu siebenstellige Summen von ihrer Skifirma kassieren.

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Autor: Lars Becker