Wintersport/11.02.2016

Carv: Der Ski-Lehrer mit 116 Sensoren

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Mit dem Ski-Wearable Carv lässt sich genau tracken, welche technischen Fehler man noch beim Skifahren macht. Das Startup Motion Metrics will bei Kickstarter durch Crowfunding genug Geld sammeln, um in Serie zu produzieren. Dann soll sich die Technik jeder leisten können: Vom Hobbyfahrer bis zum Profi.

Die Skischuhe im Fokus: Carv misst Belastung und Bewegung des Schuhs und analysiert die Fahrtechnik des Skifahrers.
Die Skischuhe im Fokus: Carv misst Belastung und Bewegung des Schuhs und analysiert die Fahrtechnik des Skifahrers.

Den Skilehrer oder Trainer auf der Piste immer an der Seite zu haben, um Tipps zum Fahrverhalten zu bekommen – das würde nicht nur Profis, sondern auch Freizeit-Fahrern helfen. 116 Sensoren in zwei Schuh-Einlagen verpackt, kombiniert mit einem kleinen Kästchen am Rücken des Schuhs, machen das nun möglich: Jeder Sensor misst jeweils 200 Mal pro Sekunde Belastung und Bewegung im Stiefel. Die Daten werden an das Smartphone gesendet, das sie auswertet. Sind die Informationen erst einmal verarbeitet, bekommt der Skifahrer Tipps, wie man den Fahrstil verbessern kann, direkt aufs Ohr.

 

 

Das Startup Motion Metrics aus London entwickelte und produzierte zwei Jahre lang Prototypen für die detaillierte Analyse des Fahrstils von Skifahrern. Am Ende stehen zwei Einlagen mit jeweils 58 Sensoren und zwei Transpondern, die die Daten verwerten und in Informationen für den Fahrer filtern.

Entstanden ist das Unternehmen nach dem Uni-Abschluss von Jamie Grant, der heute CEO ist. Seine Doktorarbeit hat er in Financial Economics geschrieben und dazu noch einen Master-Abschluss in Physik gemacht. Gemeinsam mit einigen Freunden vom Imperial College London hat Grant Motion Metrics gegründet. Die meisten Mitarbeiter sind Absolventen, die in den vergangenen zwei Jahren ihren Uni-Abschluss gemacht haben.

Wearable für Amateure und Profis

Grant beschreibt sein Produkt als „Next-Level-Technology für Trainer“, die sich durch Carv nicht mehr nur auf Videobilder verlassen müssten, sondern nebenher auch die Daten auf dem Display auswerten können. „Man muss nicht mehr raten und schätzen“, was der Athlet falsch macht, sondern kann alles genau messen: Wird der Außenski zu viel oder zu wenig belastet, ist die Körperhaltung richtig, wo kann man durch kleine Umstellungen noch an Tempo gewinnen und die Technik perfektionieren?

 

Klappt's schon? Filip Flisar, Weltmeister im Ski Cross, CEO Jamie Grant und Chief Technical Officer Pruthvikar Reddy testen Carv auf der Piste.
Klappt's schon? Filip Flisar, Weltmeister im Ski Cross, CEO Jamie Grant und Chief Technical Officer Pruthvikar Reddy testen Carv auf der Piste.
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Motion Metrics

Aber auch für Amateure soll Carv einen echten Mehrwert bringen: „Wir wollten vor allem ein Consumer-Produkt produzieren. Unser System soll günstig genug sein, damit es sich jeder leisten kann“, sagt Grant. Ab 169 Dollar sind die Geräte bei Kickstarter zu haben. 

Damit der Skifahrer seine Daten nicht mühsam im Nachhinein auswerten muss, werden ihm Verbesserungsvorschläge direkt aufs Ohr übermittelt. Dazu braucht es nur Kopfhörer am Smartphone: „Das Real-Time-Feedback läuft aber nicht die ganze Zeit, das würde dich ja verrückt machen“, sagt Grant. Erst wenn man den selben Fehler wiederholt macht, gibt das Gerät Ratschläge, wie man seine Technik anpassen sollte. Der Ski-Lehrer ist also immer und überall mit dabei.

Erfolgreich ist mit einer sehr ähnlichen Idee bereits die Fitness-App Moov, die über ein Fitness-Band die Leistung des Läufers erfasst und dem Sportler Tipps und Motivation geben kann.

 

Die Einlagen in die Schuhe, Transponder am Schuh, App parat: So funktioniert Carv.
Die Einlagen in die Stiefel, Transponder am Schuh, App parat: So funktioniert Carv.
Bildcredit:
Motion Metrics

Crowdfunding zur Finanzierung

Noch steht das Projekt am Anfang, bislang hat das junge Team erst 20 Prototypen entwickelt. Immerhin konnten sie ihre Wearables schon auf der ISPO MUNICH ausstellen. Finanziert wurde Carv von der Investmentfirma Hax, die Hardware-Startups unterstützt und sie bei der Entwicklung berät.

Mit der Anschub-Finanzierung haben Jamie Grant und seine Kollegen die Firma stark entwickelt: „Vor zwei Jahren haben wir damit angefangen, iPhones an Skistiefel zu tapen. Danach haben wir Sensoren von einer anderen Firma gehabt, jetzt haben wir unsere eigenen Sensoren entwickelt, um den Preis zu drücken“, erzählt Grant.

Am 10. Februar 2016 begannen Grant und Co. auf der Crowdfunding-Homepage Kickstarter Geld für Ihr Projekt zu sammeln. Nur zwei Tage nach dem Start war das Ziel, 50.000 Dollar zu verdienen, schon erreicht. Jetzt sollen die nächsten Produktions-Prozesse angestoßen werden. „Wir haben damit den Break-even-Point erreicht und freuen uns wahnsinnig, wie gut es gelaufen ist“, sagt Grant. Je mehr zusammenkommt, desto mehr könnte produziert und die Technologie verfeinert werden. 

 

 

Bislang gibt es nur ähnliche Wearables: Der Deutsche Ski-Verband nutze eine Technologie, die allerdings einen ganzen Rucksack benötige, um die Daten auszuwerten, sagt Grant. Hier sieht das Startup seine Marktlücke: Grant und seine Freunde von Motion Metrics forschen an einer preisgünstigen Alternative, die keinen Rucksack braucht, um exakte Daten hervorzubringen.

Ihr Ziel haben sie trotzdem noch nicht erreicht: Nach dem Launch bei Kickstarter will das Startup die besten Ski-Tracker im Mini-Format auf den Markt bringen – dann endlich ohne externe Finanzierung. 




Gregor Röslmaier schreibt für ISPO.com. Autor: Gregor Röslmaier