08.09.2016

Michael Teuber und seine Sponsoren: So verdiene ich mein Geld als Behindertensportler

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren!

Diese Funktion ist nur verfügbar, wenn eine entsprechende Zustimmung erteilt wurde. Bitte lesen Sie die Details und akzeptieren Sie den Service, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren.

Bewerten
Merken

Michael Teuber hat bereits fünf Goldmedaillen bei den Paralympics. Bei den Para-Radsport-Weltmeisterschaften in Südafrika fuhr er zu seinem 19. WM-Titel. Mit ISPO.com hat der Paracycler über die finanziellen Herausforderungen im Behindertensport gesprochen.

Michael Teuber präsentiert überglücklich seine Goldmedaille von Rio 2016.
Michael Teuber präsentiert überglücklich seine Goldmedaille von Rio 2016.

Michael Teuber ist ein echter Unternehmer: Der in Odelzhausen bei München lebende Athlet ist nicht zu bremsen, weder privat noch beruflich. Seine Frau Susanne hat längst kapituliert, wenn Teuber mit dem Rad durchs Münchner Umland rast oder er sich in den Kopf setzt, den Kilimandscharo zu besteigen.

 

 

Seit seinem 20. Lebensjahr ist Michael Teuber inkomplett querschnittsgelähmt, ein Freund hatte auf dem gemeinsamen Weg in den Surfurlaub einen Autounfall gebaut. Seitdem kann Teuber seine Beine unterhalb des Kniegelenks nicht mehr ansteuern.

Für Gold bei Rio 2016 gab es 20.000 Euro Prämie

Seine Kraft für die Wahnsinnsleistungen im Sport kommt aus den Oberschenkeln – und aus dem Kopf. Michael Teuber beeindruckt mit seiner Motivation und seinem Kampfgeist.

Dass er nicht nur beim Zeitfahren hart attackieren kann, hat er mit seinem Buch „Aus eigener Kraft“ bewiesen: Teuber benennt die Missstände im deutschen Behindertensport und fordert mehr Unterstützung von der Politik.

 

„Aus eigener Kraft“ von Michael Teuber und Thilo Komma-Pöllath ist im Edel-Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro.
„Aus eigener Kraft“ von Michael Teuber und Thilo Komma-Pöllath ist im Edel-Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro.
Bildcredit:
Edel Books

Ein Schritt in die richtige Richtung war die lange geforderte Prämienanpassung der Para-Sportler. Rio 2016 waren die ersten Sommerspiele, bei denen die deutschen Behindertensportler die gleichen Medaillenprämien erhielten wie die Olympioniken. Michael Teuber profitierte: Für sein Gold im Einzelzeitfahren auf der Straße gab es 20.000 Euro.

 

Michael Teuber startete bei den Paralympics 2016 auch auf der Bahn – leider ohne Erfolg.
Michael Teuber startete bei den Paralympics 2016 auch auf der Bahn – leider ohne Erfolg.
Bildcredit:
Imago

Interview mit Michael Teuber

Mit ISPO.com hat Teuber über die finanziellen Herausforderungen im paralympischen Sport gesprochen.

ISPO.com: Herr Teuber, Sie haben zuletzt mal vorgerechnet, dass Sie in den vergangenen Jahren mit durchschnittlich 9000 Euro an Fördermitteln auskommen mussten. Wie schaffen Sie es, mit so wenig Unterstützung Ihrem Sport unter professionellen Bedingungen nachzugehen?
Michael Teuber:
Mit dem Geld von der Sporthilfe alleine könnte ich meine Familie natürlich nicht ernähren, das liegt ja auf der Hand. Mit den monatlichen 150 Euro als paralympischer A-Kader-Athlet und 400 Euro aus der Top-Team-Förderung geht das nicht. Und das ist der springende Punkt: Dass erwachsene Menschen irgendeine nachhaltige Perspektive aufgezeigt bekommen müssen. Das ist zur Zeit nicht gegeben.

 

Andere deutsche Paralympics-Fahrer, wie zum Beispiel die Kugelstoßerin Birgit Kober, leben sogar von Hartz IV...
Ja, das ist eine traurige Geschichte. Mit dem wenigen Geld können auch Medaillengewinnerinnen wie Birgit Kober nur von der Hand in den Mund leben. Es ist wahnsinnig schwer, als Behindertensportler seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Von Politik und Öffentlichkeit heißt es gerne: „Ihr macht den Sport doch für euch und weil ihr den Erfolg wollt.“ Aber wenn die Medaillenbilanz dann nicht stimmt, wird rumgemeckert. Bei den Paralympics holen wir die Medaillen doch auch für Deutschland – das bekommst du aber hierzulande nicht honoriert.

Teuber: Sparkasse als wichtigster Sponsor

Sie schaffen es dennoch, genug Geld zu verdienen.
Zum Glück habe ich einige Sponsoren gewinnen können. Und weil mein Vater vor meinem Unfall 1987 eine Versicherung abgeschlossen hatte, war es anfangs nicht so schwer für mich. Mein Haus ist gekauft und bezahlt.

Wer unterstützt Sie finanziell?
Mein wichtigster Baustein ist die regionale Sportförderung der Sparkasse Dachau, die mich schon viele Jahre begleitet. Dafür bin ich sehr dankbar. Damit sie möglichst wenig Arbeit mit mir haben, übernehme ich die Pressearbeit in eigener Sache und liefere die Texte über meine Wettkämpfe für die Homepage. Und ich trete als verlässlicher Repräsentant auf. Für den Behindertensportverband Bayern fungiere ich als Landestrainer Paracycling – eine 12-Stunden-Teilzeitstelle. Und dann halte ich noch Vorträge.

 

Michael Teuber auf seinem Weg zu Paralympics-Gold 2012 in London.
Michael Teuber auf seinem Weg zu Paralympics-Gold 2012 in London.
Bildcredit:
Imago

Klingt nach viel Arbeit.
Na ja, anders geht es eben auch kaum. Jeder muss werkeln, jeder muss in seinem Leben eine Wertschöpfung generieren. Ich bin Profi-Sportler, wenn ich das machen will, muss ich mich vermarkten. Als Diplom-Kaufmann habe ich ja auch einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Und eines habe ich auch schnell gemerkt…

Ja?
Man muss seinen Wert kennen. Was nichts kostet, ist nichts wert – das Sprichwort ist gar nicht so falsch. Wenn ein Unternehmen möchte, dass ich vor Managern oder Mitarbeitern einen Vortrag halte, dann muss es eben auch dafür bezahlen. Dann sage ich: „Zahlen Sie keine 2000 bis 2500 Euro, komme ich eben nicht.“ Ich sehe nicht ein, warum so viele Firmen und Verbände Geld mit dem Sport scheffeln und ich als Sportler soll nichts davon haben.

Sachleistungen als Unterstützung

Auf Ihrer Homepage stehen unter der Rubrik Sponsoren immerhin neun Firmennamen.
Das sind vor allem Ausrüster, von denen ich kein Geld, sondern Sachleistungen bekomme. Paracycling ist ja nicht unbedingt eine besonders günstige Sportart (Teubers Rennrad hat einen Wert von über 10.000 Euro, Anm.d.Red.).
Von Scott bekomme ich mein Bike, Paul Lange stellt mir Shimano-Komponenten und einen kleinen Kostenzuschuss, von Schwalbe erhalte ich die Laufräder, Adidas stellt mir Kleidung und Sportbrillen, Uvex sponsert die Helme und von Ortema bekomme ich einmal im Jahr meine Sport-Orthesen für die Unterschenkel. Müsste ich diese kaufen, würde mich das rund 10.000 Euro kosten.
Und schließlich gibt es noch PowerBar und LaVita, die mich vor allem mit Energieriegeln und Säften versorgen.

Sie sind 49 Jahre alt, Rio 2016 waren Ihre fünften Paralympischen Spiele – wie lange machen Sie noch weiter?
Tatsächlich stellt sich mir diese Frage nicht. Alter schützt nicht vor Schnelligkeit, heißt es bei uns im Radsport. (lacht) Der Schweizer Heinz Frei ist mit 58 Jahren immer noch dabei. Ich strebe jedenfalls nach meiner sportlichen Karriere keinen 9-to-5-Job in irgendeinem Büro an.

 



Joscha Thieringer Autor: Joscha Thieringer