Bike/29.09.2017

Elektroräder brauchen mehr Ladestationen, bessere Diebstahl-Sicherung und Infrastruktur

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Die Qualität, Leistungsfähigkeit und Reichweite der E-Bikes hat in den vergangenen Jahren enorm zugelegt. Der Absatz der Pedelecs und S-Pedelecs steigt stetig. Motor, Getriebe, Akkukapazität reichen für die meisten Anforderungen aus. Aber was fehlt noch, damit das Elektro-Rad in Teilen das Auto ersetzen kann und sich bei allen durchsetzt? E-Bike-Experten setzen unterschiedliche Schwerpunkte.

Mit dem Pedelec in die Arbeit, für immer mehr Menschen eine Alternative
Mit dem Pedelec in die Arbeit, für immer mehr Menschen eine Alternative

Ist es die Infrastruktur, die Diebstahl-Sicherung, die Vernetzung oder das Gewicht der E-Bikes? Welche Faktoren bremsen den Wachstumsmarkt E-Bike eigentlich noch? Diese Frage haben wir den folgenden sieben Händlern, Getriebe-Herstellern und Pedelec-Marken gestellt.

  • Absoluts – Bikes and More: Bernd Welponer, Geschäftsführer
  • Internetstores: Markus Winter, CEO
  • TQ: Reiner Gerstner, Chief Marketing Officer TQ Group
  • Bosch E-Bike-Systems: Tamara Winograd, Leiterin Marketing und Kommunikation
  • Diamant: Anja Schmidt-Amelung, Brand Managerin
  • Riese & Müller: Sandra Wolf, Geschäftsführerin
  • Rocky Mountain: Stefan Goetz, Produktmanager


E-Bike-Händler: Gewicht und Infrastruktur

Bernd Welponer führt mit seiner Frau Nicole das Fahrradfachgeschäft „Absoluts – Bikes and More“ mit zehn Mitarbeitern mit Sitz in Prien am Chiemsee. Angeschlossen daran ist der Onlineshop des Geschäfts. Parallel dazu haben beide einen Fahrradverleih. Der Fokus liegt auf E-Bikes.

„Vielen Kunden ist das Gewicht der E-Bikes aktuell noch zu hoch", sagt Welponer. „Besonders für Frauen ist der Weg z.B. aus dem Keller durch das Gewicht oft ein Hindernis, aber auch die Lautstärke der Motoren ist oft störend. Ich denke, hier liegt das größte Verbesserungspotential.“

Die Internetstores Holding ist Europas führender Spezialversender für Bike- und Outdoor-Produkte. In 16 europäischen Ländern betreibt die Gruppe zahlreiche Onlineshops. Darunter fahrrad.de, Brügelmann und Bikester. Die Internetstores Holding GmbH erwirtschaftete 2016 einen Umsatz von rund 170 Millionen Euro. CEO und Antwortgeber ist Markus Winter.

„Im urbanen Kontext ist hier eindeutig die noch immer stark benachteiligte Radverkehrsinfrastruktur zu nennen. Im sportiven Bereich steht die technologische Entwicklung noch ganz am Anfang.

Antriebe und Energieträger sind inzwischen erfolgreich integriert. Im nächsten Schritt geht es um bessere Usability und Vernetzung, später dann um Gewichtsreduktion und höhere Effizienz im Raum.“ 

Beim Thema Infrastruktur fehlt es nach Ansicht von Markus Winter an besseren Straßen für E-Biker und an einer ausgeklügelteren Straßenführung. Zudem müsse diese besser auf die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer abgestimmt sein, um Konflikte zu minimieren, sagt der Internetstores-CEO.

E-Bikes brauchen Verkehrsinfrastruktur
E-Bikes brauchen Verkehrsinfrastruktur
Bildcredit:
Bosch

Getriebe-Hersteller: Radwege und Diebstahl-Sicherheit

Reiner Gerstner ist Chief Marketing Officer der TQ-Group. Zuvor war er u.a. als Geschäftsführer bei der Oberalp-Group (u.a. Salewa, Dynafit). Für ihn ist E-Biken „the next big thing“. TQ Systems bietet Elektroantriebe für E-Bikes im Premiumsegment an.

„Ich sehe zwei zentrale Ansatzpunkte: Erstens sind das die Kapazitäten: Zum einen muss das innerstädtischen Radwegenetz kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dabei wäre zu wünschen, dass es auch Verbindungswege gibt, die auf höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten ausgelegt sind (Rad-Highways). 

Die Kapazitäten der Stromversorgung sind derzeit schon hoch genug, da die Effizienz der Energienutzung stetig steigt. Außerdem wird der Bauraum kontinuierlich kleiner, was die Integration der Batterie im Rahmendesign fördert. 

Zweitens geht es um die gesetzlichen Rahmenbedingungen: Die müssen sich stärker an der Realität der Nutzung orientieren. Das heißt, ein starker Motor ist auch im Gelände sinnvoll. Hier sind die Interessenverbände und die Politik gefragt, optimale und einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich am Nutzer orientieren.“

 

 

Bosch E-Bike Systems mit Sitz in Reutlingen wurde 2009 als Start-up innerhalb der Bosch-Gruppe ins Leben gerufen und hat sich mittlerweile zum Weltmarktführer im Premium-Segment entwickelt. Mehr als 70 führende Fahrradmarken nutzen Komponenten von Bosch. Tamara Winograd ist Leiterin Marketing und Kommunikation bei Bosch E-Bike Systems.

„Für E-Bike-Fahrer geht es vor allem um ein perfektes Zusammenspiel aus praktischem Nutzen, Leistung, Design und Sicherheit. Doch außer einer ausgereiften Technologie gehören zu einer sicheren Mobilität auch eine adäquate Infrastruktur sowie ein verantwortungsbewusstes Handeln des Einzelnen.

Mit der elektrischen Unterstützung fahren E-Biker deutlich häufiger, länger und laut ZIV (Zweirad-Industrie-Verband) im Schnitt rund zwei Km/h schneller als mit dem konventionellen Fahrrad. Dafür müssen passende Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Für das Pedelec bedeutet dies: breite und durchgängige Radwege, ausreichend Ladestationen und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten.“ 

Das denken Experten über die Zukunft von E-Bikes >>>

Pedelec-Hersteller: Bessere Straßen und Diebstahlsicherung

Anja Schmidt-Amelung ist Brand Managerin bei Diamant und damit beim ältesten deutschen Fahrradunternehmen. Das erste Rad, das den Namenszug „Diamant“ trägt, rollte bereits 1895 vom Band. Der Schwerpunkt der Produktpalette liegt heute auf E-Bikes, Stadt- und Retrorädern. Die Marke gehört inzwischen zu Trek.

„Aus technischer Sicht ist die Leistung des Motors im Alltag sicher kein Hindernis mehr. Wenn es eins gibt, ist das der Akku. Wir bieten beispielsweise verschiedene Akku-Kapazitäten an. Je nach Preis sind das Akkus mit 300, 400 oder 500 Wattstunden. 

Natürlich ist das abhängig vom Gebrauch. Ohne Berge und bei zehn bis zwölf Kilometern täglich zur Arbeit reicht der 300er Akku die ganze Woche.“ 

 


„Das wichtigste Thema ist aus meiner Sicht eher das Thema Diebstahl. In Großstädten werden sehr viele Räder geklaut. Inzwischen haben wir viele Fahrradversicherungen, oder die Versicherung ist bei der Hausratversicherung dabei. Von einigen Endkunden kam aber bereits das Feedback, nachdem das Rad zum zweiten, dritten Mal geklaut wurde, zahlt auch die Versicherung nicht mehr.

Hier müssen wir ansetzen. Das machen wir erstens mit dem Rahmenschloss. Ab 2019 wollen wir bei allen Rädern ein Rahmenschloss anbieten. Zweitens geht es um einen GPS-Sensor in den Fahrrädern. Aus meiner Sicht sollte das in jedem unserer E-Bike-Rahmen Standard werden. So wissen die Besitzer jederzeit, wo ihre Bikes sind und das schreckt Diebe ab. Wann das genau kommen wird, kann ich noch nicht sagen. Wir entwickeln sehr intensiv in diese Richtung.“ 


Sandra Wolf ist Geschäftsführerin bei Riese & Müller, deutscher Hersteller von E-Bikes, E-Cargo Bikes und Falträdern. 1993 von Markus Riese und Heiko Müller gegründet, beschäftigt das Unternehmen heute über 250 Mitarbeiter am Standort Weiterstadt bei Darmstadt. Neben den beiden Gründern ist Sandra Wolf seit 2013 Geschäftsführerin. Sie ist verantwortlich für die Unternehmens- und Markenstrategie.

„Aktuelle Hindernisse sind die Infrastruktur, wie zum Beispiel fehlende Schnelltrassen für (E-)Bikes oder spezielle E-Bike-Wege, sichere Park- sowie Unterstellmöglichkeiten und teilweise noch die Akkukapazität.“

So sehen E-MTBs aus der Modellgeneration 2018 aus
So sehen E-MTBs aus der Modellgeneration 2018 aus
Bildcredit:
Rocky Mountain

E-MTB-Hersteller: Harmonischer Antrieb

Rocky Mountain ist eine MTB-Marke aus Kanada. Stefan Goetz von Bike Action ist Produktmanager in der Distribution von Rocky Mountain und seit 1987 in der MTB-Branche tätig.

„Solange das E-MTB wie ein MTB bewertet wird, sind die Hindernisse für unsere Kundengruppe im Rahmen der Diskussionen, die sich sowieso immer wieder ums Mountainbike ergeben, überschaubar.“ 

„Meiner Ansicht nach ist eine Diskussion der ‚Leistung’ von E-MTB-Pedelecs weitestgehend hanebüchen, wenn über Drehmomente und ähnliches ‚schwadroniert’, beziehungsweise ‚Marketing’ betrieben wird.

Leistung im Sinne von puren ‚Kraftparametern’ haben praktisch alle Systeme genug, harmonische Regelungen nicht unbedingt und MTB-taugliche Geometrien und Fahrwerke die allerwenigsten der sogenannten E-MTBs.“




Claudia Klingelhöfer Autor: Claudia Klingelhöfer (Chefredakteurin)