Autor:
Lars Becker

Top-Experte Andreas Breitfeld bei der ISPO Munich Online

Biohacking: Potential entfalten und mehr Erfolg haben

Biohacking heißt der neue Trend zur körperlichen Selbstoptimierung. Beschleunigt wird er von der Corona-Pandemie, die das Bewusstsein für die körperliche und geistige Gesundheit gestärkt hat. Die Experten Andreas Breitfeld und Max Gotzler haben bei der ISPO Munich Online exklusive Biohacking-Tipps gegeben.

Superstar Erling Haaland von Borussia Dortmund setzt auf Biohacking.
Erling Haaland nutzt Biohacking

Biohacking: Selbstoptimierung wie Fußballprofis

Der norwegische Fußball-Weltklassestürmer Erling Haaland hat ein Geheimnis seiner außergewöhnlichen Klasse verraten: Biohacking. Der Torjäger von Borussia Dortmund benutzt in seiner Freizeit zum Beispiel eine Spezialbrille, die das Blaulicht von Handy oder Fernseher herausfiltert, denn dadurch kann er besser schlafen und sich damit schneller regenerieren. Bei der Ernährung setzt Haaland besonders auf Nahrungsmitteln mit gesunden Fetten wie Avocados, Nüsse oder Samen.

Zu den Anhängern des neuen Trends zur Selbstoptimierung zählt auch der deutsche Fußball-Nationalstürmer Serge Gnabry vom FC Bayern München. Und selbst sein berühmter Teamkollege Robert Lewandowski setzt im Ernährungsbereich und beim Schlafen auf Elemente aus dem Biohacking, um mehr Potential zu entfalten.

„Wenn solche Stars offen sagen, dass sie Biohacker sind, erhöht das natürlich das Interesse – sowohl bei Topsportlern als auch in der breiten Öffentlichkeit“, sagt Andreas Breitfeld. Er ist der deutsche Top-Experte im Biohacking, besitzt in München ein Biohacking-Lab mit modernster Technologie und hat gemeinsam mit Max Gotzler bei der ISPO Munich Online Tipps und Tricks zum Trend-Thema weitergeben.

Was ist Biohacking?

Übersetzen kann man den Begriff Biohacking laut Breitfeld am ehesten mit „Selbstoptimierung oder selbstverantwortetem Gesundheitsmanagement.“ Vereinfach gesagt, umfasst Biohacking verschiedenste Maßnahmen, um sich physisch wie psychisch besser zu fühlen. Was das konkret bedeuten kann, zeigt das Beispiel des einstigen Fitness-Redakteurs und Gründers einer international agierenden PR-Agentur am eindrucksvollsten.

„Ich war mit Anfang 40 komplett kaputt und habe mich schlechter gefühlt als andere mit 80 oder 90. Ich hatte keine Körperfunktionen mehr, die richtig funktioniert haben und wollte in Thailand aus dem Leben scheiden“, erzählt Breitfeld. Freunde, sein Hausarzt, seine beruflichen Erfahrungen als Journalist und ein Buch von Tim Ferriss („Der 4-Stunden-Körper“) retteten ihn. Andreas Breitfeld übernahm Verantwortung für seinen Körper und seine Gesundheit. Er entdeckte Biohacking und fühlt sich mit Ende 40 nun vital wie nie zuvor.

Der Trend findet seinen Ursprung in den USA im Jahr 2005. Biohacker möchten ihren Körper "hacken", also die Schwachstellen ausfindig machen und optimieren. Biohacker suchen nach Möglichkeiten sich gesünder zu ernähren, Stress abzubauen und besser zu schlafen. Im Kern steht ein Ziel: Sein Potential entfalten und erfolgreicher in allen Lebensbereichen sein.

Biohacking-Grundlagen: 1. Ernährung

Ein ganz wichtiger Punkt ist, den Weg zurück zur Natur zu finden. „Das geht auf dem Teller los. Das ganze Convenience Food schadet auf Dauer. Das Essen sollte aus frischen, natürlichen Zutaten zubereitet sind“, sagt Breitfeld. Leistungssportler wie Erling Haaland achten dazu noch auf die richtige Verteilung von gesunden Fetten und Kohlenhydraten.

Ernährungstipps für Biohacking:

  • Für die Nährstoffzufuhr eignen sich vor allem gesunde Omega-3-Fette (z.B. in Algen), Antioxidantien (Gemüse), und Proteine/Aminosäuren
  • Fertiggerichte und abgepackte Produkte vermeiden
  • Auf Qualität achten, frische Zutaten vom Markt kaufen

Biohacker setzen bei Ihrer Ernährung auf Proteine und wenig Kohlenhydrate. Viele Anhänger des Gesundheitstrends leben ketogen oder Low-Carb, um ihren Körper optimal zu versorgen. Mit am wichtigsten ist natürlich auch die Vitaminversorgung - Obst und Gemüse gehören zum Speiseplan, wobei Obst wegen des Fruchtzuckeranteils nur in bestimmten Mengen konsumiert wird.

Ein elementarer Schritt beim Biohacking: Die Ernährung umstellen
Ein elementarer Schritt beim Biohacking: Die Ernährung umstellen

Rezept für Biohacker: Avocado und Rührei

Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit am Tag, auch für Biohacker. Rührei mit Avocado ist ein Low-Carb Frühstück, das den Körper mit wichtigen Makro- und Mikronährstoffen versorgt und zudem gut sättigt.

Die Zutaten für das Rezept:

  • Eier
  • Eine Avocado
  • Kräuter
  • Paprikagewürz
  • Salz und Pfeffer
  • Etwas Olivenöl

Zunächst schneidet man die Avocado in kleine Scheiben und würzt sie mit Salz und Pfeffer. Wer mag, kann etwas Zitronensaft hinzugeben. Im Anschluss brät man die Eier in einer mit Olivenöl beschichteten Pfanne an und würzt das Gericht nach Geschmack. 

Biohacking-Grundlagen: 2. Weniger Stress dank Digital-Hygiene

„Wir brauchen Licht, Wärme und Kälte. Ein positiver Umgang mit Stress tut unserem Körper gut“, sagt Breitfeld. Denn so nützlich Stress vor zigtausenden Jahren bei der frühen Erkennung von natürlichen Feinden war, so unnötig verschwendet der Körper heute Energie durch die Ausschüttung von Stresshormonen am Schreibtisch. „Es braucht Stunden, bis der Körper seine Funktionen danach wieder normalisiert hat", so Breitfeld.

Tipps zur Digital-Hygiene für weniger Stress:

  • Verhindere Situationen, die Stress auslösen, etwa durch Deaktivierung von Push-Benachrichtigungen am Handy, Nutzung des Flugmodus oder von Noise-Cancelling-Kopfhörern
  • Atmung beachten und bei Stress Körperposition korrigieren: Schultern zurück, tief durch den Bauch atmen, langsamer einatmen
  • Atemübungen und Yoga helfen

Kalte Dusche: gesund und gut für Stress

Nicht jede Art von Stress ist schlecht, denn setzen wir unseren Körper bewusst der Gefahr aus, stärken wir damit auch unser Immunsystem und härten ab. Das gilt nicht für den Stress auf der Arbeit, welcher durch unzählige Telefonate oder einem großen Stapel Papier verursacht wird. Es gibt aber auch den sogenannten "positiven Stress", welcher uns bei der Persönlichkeitsentwicklung hilft und die eigene Überwindung belohnt.

Eine gesunde Methode zum nachhaltigen Stressabbau ist die kalte Dusche. An sich stressen kalte Duschen den Körper, doch genau das ist der Punkt: Man setzt seinen Körper moderaten Stress aus und wird robuster. Also die kalte Dusche baut an sich keinen Stress ab, sondern macht den Körper resistent. Weitere Vorteile sind ein gestärktes Immunsystem, Anregung des Stoffwechsels, Senkung der Cholesterinwerte und bessere mentale Gesundheit.

So funktioniert die kalte Dusche:

  • Zunächst duscht man sich warm ab
  • Nun stellt man das Wasser auf kalt
  • Nicht gleich den ganzen Körper abbrausen! Man sollte folgende Reihenfolge befolgen: Rechtes Bein, linkes Bein, rechter Arm, linker Arm und Oberkörper
  • Jedes Körperteil wird für 15 Sekunden abgebraust
  • Im Anschluss duscht man den Körper wieder warm ab und wiederholt den Prozess erneut

Verabschiede dich also von Mythen, welche 15-minütige Kaltduschen empfehlen, denn das bewirkt eher das Gegenteil und ist langfristig gesehen nicht gesund.

 

Biohacking-Grundlagen: 3. Aha-Erlebnisse & Sport und Spiel für Körper und Geist

Andreas Breitfeld legt sich früh fünf Minuten in sein Eisbad – dann fühlt er sich topfit für den Tag. Aber es muss nicht gleich Eisbaden sein: „Als Einstiegsdroge reicht schon kalt duschen. Der Körper braucht Aha-Erlebnisse.“ Deshalb empfiehlt der Biohacking-Guru auch, sich einfach „zwei bis drei Mal pro Woche barfuß auf den Acker zu stellen: Das erdet ungemein.“

Unser Körper funktioniere noch nach dem gleichen Bauprinzip wie vor Tausenden Jahren. Deshalb sei Dauersitzen komplett kontraproduktiv: „Auch wenn man im Homeoffice sitzt, sollte man sich in jeder Stunde zumindest fünf Minuten die Füße vertreten, Hanteln stemmen oder einfach sein Kind in die Luft werfen.“ Es sei wichtig, sich neben körperlichem Training auch spielerische Aspekte ins Leben zurückzuholen und so häufig wie möglich zu lachen.

Biohacking-Grundlagen: 4. Gesunder Schlaf

Wenn die seelische und körperliche Leistungsfähigkeit bröckelt, merkt man das zuerst beim Schlaf. Mit einem Schlaftagebuch oder passenden Wearables kann man sich selbst einen Überblick verschaffen. Schließlich nutzt der Körper den Schlaf zum Entschlacken. Sieben bis acht Stunden Schlaf sind unabdingbar, um körperlich und geistig stressresistent zu bleiben. „Auf das Gehirn prasselt den ganzen Tag eine ganze Menge Müll. Es braucht die Nacht, um den Ballast aufzuräumen und die Gedanken und Erinnerungen sinnvoll zu verarbeiten", so Breitfeld.

Dabei sollte man ein bis zwei Stunden vor dem Einschlafen Fernsehen oder das Checken des Smartphones bleiben lassen. Das Blaulicht aus den technischen Geräten behindert nämlich die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Deshalb macht die Anti-Blaulicht-Brille von Erling Haaland sehr viel Sinn.

Weitere Tipps für gesunden Schlaf:

  • Essen kurz vor dem Einschlafen stört den Schlaf
  • Alkohol oder Nikotin wenn dann lieber am Nachmittag als kurz vor dem Schlafengehen zu sich nehmen
  • 2-3 Stunden vor dem Schlafengehen am besten nur noch Wasser zu sich nehmen, dabei aber nicht das Wasserdefizit sturzweise am Abend ausgleichen, sondern tagsüber regelmäßig trinken

Viele schwören auf Meditation vor dem Schlafen. Wer nur fünf Minuten meditiert und den stressigen Tag an sich vorbeiziehen lässt, fördert einen guten und erholsamen Schlaf.

 

Biohacking-Grundlagen: 5. Rotlicht und Co

Neben der Brille hilft die Anschaffung einer rotlichtimitierenden LED-Lampe laut Breitfeld ebenfalls, „richtiges Licht zur richtigen zeit zu konsumieren“. Auch die Zuführung von Antioxydanzien – zum Beispiel über Tabletten oder ein molekulares Wasserstoff-Sprudelgerät – kann bei der Entgiftung des Körpers helfen.

Wer besonders gestresst ist oder zum Beispiel als Kampfsportler häufiger am Kopf getroffen wurde, sollte es mit einer Sauerstofftherapie probieren: „Die meisten sagen nach ein paar Mal in der Sauerstoffkammer, dass sie plötzlich wieder klar denken können.“ Auch Infrarot-Saunakabinen, die ohne die Erzeugung schädlichen Elektrosmogs funktionieren, seien ein guter Tipp für Körper und Geist.

Biohacking im Corona-Zeitalter: „Health is the new wealth”

Die Corona-Pandemie hat wegen des verstärkten Gesundheitsbewusstseins das Thema Biohacking in den Fokus gerückt. Breitfeld: „Ich habe mir auch für die ISPO Munich Online die Schlagzeile ausgedacht: Health is the new wealth.“ Jeder solle sich heutzutage selbst fragen, ob noch alles in Körper und Geist richtig funktioniere und ob man in der Balance sei. Falls nein, sei Biohacking eine mögliche Antwort. „Das ist kein Boot-Camp, aber neben der Umstellung einiger Gewohnheiten gehört ein körperliches Trainingsprogramm natürlich auch dazu“, so Breitfeld.

Die Nachteile von Biohacking: Nicht zu viel des Guten

Ernährungs- und Gesundheitstrends bergen einen großen Nachteil: Sie können zu einer Obsession werden. Biohacking bringt den Nachteil mit sich, dass man ständig nach Optimierungsmöglichkeiten sucht und jeden Fehler in Ernährung und Gesundheit beheben möchte. Doch das ist nicht möglich. Wir Menschen sind schließlich keine Maschinen und können daher nicht perfekt sein. 

Möchten wir zu perfekt sein, hat das oft folgende Nachteile:

  • Alle Lebensmittel könnten ungesund sein
  • Die gesamte Umwelt und ihre Einflüsse werden als Gefahr für die Gesundheit wahrgenommen
  • Man möchte alle Prozesse in seinem Körper messen, sei es die Blutwerte, Testosteronspiegel usw.

Prinzipiell ist es gut auf diese Dinge zu achten, aber wer in allem eine Gefahr für seine Gesundheit sieht, bewirkt das Gegenteil. Dadurch setzt man sich Stress aus und ignoriert die natürlichen Verlangen seines Körpers. Das ist ungesund.

Biohacking: So sieht die Praxis aus

Doch wie funktioniert Biohacking nun erfolgreich in der Praxis, ohne dass man gleich zum Opfer der erwähnten Schattenseiten wird? Zunächst sollte man kleine Schritte machen und sich Schritt-für-Schritt mit der neuen Lebensweise vertraut machen. Im Anschluss folgen sukzessive Optimierungen.

  • Mehr Sport: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt wöchentlich 2,5 Stunden bei moderater Auslastung oder 75 Minuten bei extremer Auslastung
  • Ernährung: Mehr Obst, Gemüse, hochwertiges Öl und Proteine. Außerdem sollte man weniger Zucker zu sich nehmen
  • Digital Detox: Hier muss man sich realistische Ziele setzen - man kann anfangen, nur noch zweimal während der Arbeitszeit auf das Handy zu schauen und die Fernsehzeit auf eine Stunde am Abend minimieren

Letztendlich sind es genau diese kleinen Schritte, welche den Unterschied machen. Man muss sein Leben nicht komplett umkrempeln, denn schon kleine Veränderungen können viel bewirken.

Fazit

Mehr Potential, weniger Stress und eine gesunde Lebensweise - dafür steht Biohacking. Der Trend aus den USA wird weltweit bekannter und selbst Fußballprofis wie Robert Lewandowski und Erling Haaland nutzen dieses Konzept zur Selbstoptimierung. Das Ganze ist jedoch auch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, denn alle Methoden zur Gesundheitsverbesserung bringen die Gefahr mit sich, dass man es zu exzessiv betreibt und das Gegenteil bewirkt.

Wer jedoch verantwortungsbewusst vorgeht und Biohacking Schritt-für-Schritt umsetzt, der wird schnell erste Erfolge sehen und muss sich keine Gedanken wegen der "Nebenwirkungen" machen.

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Lars Becker