Es ist wie es ist, nicht nur die Wettkämpfe, sondern auch unsere Urlaubsplanung fordert 2020 Improvisation und einen gewissen Grad an Spontaneität. Was also tun, wenn der hart erarbeitete und lang ersehnte Jahresurlaub plötzlich nicht mehr durchführbar ist?
Achtung: es folgt nun ein Satz, von dem ich noch im Februar dieses Jahrs behauptet hätte, dass ich ihn sicherlich niemals sagen oder schreiben werde: „Es muss nicht immer weit weg sein!”
Anfang Juli bin ich meinen ersten Fernwanderweg gewandert, den Salzalpensteig, von Prien am Chiemsee bis nach Ramsau am Königssee. Die Strecke führte mich durch traumhafte Landschaften, brachte mir die Geschichte meiner Wahlheimat näher und ließ mich die bayerische Gastfreundlichkeit mit ganz anderen Augen wahrnehmen.
Dies soll kein Erfahrungsbericht werden, sondern vielmehr eine Anregung, dem ausgefallenen Fernreise-Urlaub vielleicht nur mit einem Auge nachzutrauern und das andere auf neue Abenteuer zu richten.
Ob Fern- oder Weitwanderweg, ob Hüttenrundtour oder Campingplatz-Trip: Mit der richtigen Einstellung und dem nötigen Respekt vor unserer Natur kann der Sommer 2020 zu einem ganz besonderen Erlebnis werden.
Fern- oder Weitwanderweg sind überregionale Wanderwege für Weitwanderungen und Trekking-Touren. Sie führen regelmäßig an Hütten vorbei und durch Ortschaften, sodass Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeiten gesichert sind.
Das mag jetzt eventuell leicht esoterisch klingen, so ist es aber sicher nicht gemeint: Durch das Wandern findet man zu sich selbst. Man läuft, und läuft - ist mit sich und seinen Gedanken allein. Man wandert, um die Natur zu erleben und um zu erleben, was passiert, wenn man sich in ihr bewegt, sich ihr hingibt.
Und irgendwann, da sind alle Gedanken gedacht und man ist fertig mit dem Dauerstaunen: Genau das ist der Moment, an dem die totale Entspannung einsetzt. Die Anstrengung ist plötzlicher Genuss, die Freuden über Kleinigkeiten wie eine kalte Saftschorle oder eine warme Nudelsuppe auf der Hütte setzen ein - man spürt Dankbarkeit und den Einklang mit sich selbst.
Im einfachsten Falle auf dem Rücken des Wanderers. Hierzu empfiehlt sich aber ein vorangegangenes Rückentraining. Wer lieber nur mit Tagesgepäck reisen beziehungsweise wandern möchte, der findet im Netz zahlreiche Anbieter für Shuttleservices.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Nicht viel! Bargeld, Ausweis, gutes Schuhwerk, ein trockenes und warmes Wechseloutfit, regendicht verpackt in einem Drybag oder einer Zippertüte, eine Regenjacke sowie ein Cappy. Außerdem Kosmetikartikel wie Sonnencreme, Zahnbürste und -Pasta, ein kleines Duschgel sowie Haarshampoo und Deo. Viele Hütten haben eine Hüttenschlafsack-Policy.
Ich war noch sehr froh um meine Sonnenbrille und ein bequemes Abendoutfit und die Flip-Flops zum Wechseln nach der Wanderung. Wichtig: Genug Trinkwasserkapazitäten - zum Beispiel per Trinkblase – und ein paar Notfallriegel, falls der Weg von Hütte zu Hütte länger als gedacht ist und der Zuckerspiegel sinkt.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es für nahezu alle Fitnesslevel Wanderwege gibt. Je weiter es Richtung Gebirge, zum Beispiel die Alpen, geht, desto anspruchsvoller wird es. Eine gewisse Grundkondition und die Bereitschaft, die Komfortzone zu verlassen, sollten vorhanden sein.
Inzwischen unendlich viele, beinahe überall. Hier geht es zur Informationsseite des Deutschen Alpenvereins.
Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Ich persönlich kann für mich resümieren, dass der Salzalpensteig nicht mein letzter Weitwanderweg war. Denn die Reise, auf welche ich mich Anfang Juli begeben habe, hat mir nicht nur wortwörtlich neue Wege aufgezeigt, sondern auch auf wundersame Weise klar gemacht, dass man Abenteuer und Neues auch gar nicht weit weg von zu Hause erleben kann.
In diesem Sinne: ich wünsche einen erholsamen, ereignisreichen und wunderschönen Sommer.
Eure Sandra
Über die Autorin: Sandra Mastropietro ist 32, lebt mit Mann und Kind (8 Jahre) im Münchner Umland und ist begeisterte Trailrunnerin. Da das mit dem “Schnellwerden” bei ihr nicht so richtig klappen wollte, ist sie auf die langen Distanzen geflüchtet und läuft seither alles zwischen 80 und 168 Kilometern - und das eigenartiger Weise immer mit einem Lächeln im Gesicht. Sandra ist Fachtrainerin für Ausdauersport, Mentaltrainerin und zu allem Überfluss auch noch Schreiberling (Buch Transalpine Run, Delius Klasing 2019 & Läuferleben, Komplett Media 2015). An allererster Stelle sieht Sie sich aber selbst als Mama.
Zu ihren größten Erfolgen zählt das 4-malige Finish des Transalpine Runs, 2x 100 Meilen beim S1 Corsa Della Bora, der Lavaredo Ultratrail, der Namibia Wild Run und das Bestehen beim härtesten Rennen der Welt: dem Dragons Back Race.
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