Autor:
Martina Wengenmeir

Adrenalin und Abenteuer in der Schlucht

Was macht man eigentlich beim Canyoning?

Grenzen ausloten und das eigene Limit kennenlernen, Adrenalin in den Adern - für viele zentraler Bestandteil von Bergsport. Und auch beim Canyoning geht es darum. Wir haben die wichtigsten Facts rund um Canyoning als Outdoor-Sport mit viel Action gesammelt.

Canyoning kann man in vielen Schluchten in den Alpen betreiben.

In den Bergen unterwegs zu sein ist immer ein Erlebnis. Einmal mit dem Outdoor-Virus infiziert, drängt es viele Liebhaber danach, weitere Sportarten neben dem Wandern auszuprobieren. Sie streben danach, die bekannten Pfade zu verlassen, sich selbst herauszufordern und dahin zu gehen, wo vor ihnen vielleicht noch nicht so viele andere gewesen sind. Vor allem im Sommer, wenn es heiß ist und man den Bergbesuch am liebsten mit einem Aufenthalt in und am Wasser verbinden und gleichzeitig aktiv sein will, bietet es sich an, das Canyoning auszuprobieren. Wo man den Sport austesten kann und was man als Anfänger wissen muss, wenn man sich in die Schlucht wagt: ISPO.com verrät es dir.

Was bedeutet Canyoning?

Der Grand Canyon als wohl bekannteste Schlucht der Welt ist den meisten sicher ein Begriff. Denn Canyon bedeutet genau das. Der Ausdruck Canyoning stammt also vom englischen Wort für Schlucht. Alternativ wird der Sport auch als Schluchteln, Schluchting oder Canyoneering bezeichnet. Aber was ist damit genau gemeint? Canyoning beschreibt das Begehen einer Schlucht von oben nach unten. Es wird also an einer bestimmten Stelle in die Schlucht eingestiegen und dann dem Verlauf des Wassers gefolgt. Mal auf dem Trockenen, mal im kalten Nass. Also geht es eigentlich um Wandern? Man könnte sagen zum Teil, oder wenn, ist Canyoning eher Schluchtenwandern in extrem. Denn es braucht verschiedene Techniken um sich seinen Weg durch die Schlucht zu bahnen, beispielsweise Abseilen, Springen, Rutschen, Schwimmen oder sich im Strom des Flusses treiben lassen. Meistens mit einer Wanderung zum Einstieg verbunden, vereint das Canyoning also ziemlich viele Elemente verschiedener Sportarten outdoor.

Canyoning ist meist mit einer Wanderung als Zustieg verbunden.

Wo kann ich als Anfänger Canyoning ausprobieren?

Einfach so allein in eine Schlucht einsteigen, ist keine gute Idee, wenn man das Canyoning einmal ausprobieren will. Die meisten Touren werden von kommerziellen Anbietern angeboten und von einem oder, je nach Gruppengröße und Schwierigkeit der Schlucht, mehreren Guides begleitet. Das ist auch besser so, denn es muss Einiges beachtet werden, wenn man in der Schlucht unterwegs ist. Wasserstände, verschiedene, auf den ersten Blick nicht sichtbare Strömungen, gegen die man als Schwimmer nur mit Mühe ankommt und auch kein ausgeschilderter Weg durch die Schlucht, das alles sind Gründe, für eine geführte Tour.

Als Anfänger ist wichtig zu wissen, dass man zu nichts auf der Tour gezwungen wird. Auch wenn die meisten Sprünge zum Einstieg eher zwischen einem und drei Meter liegen, kann man sie oft auch umgehen oder abseilen. Gleiches gilt auch für einige Abseilstellen und oft gibt es unterwegs auch die Möglichkeit, wieder aus der Schlucht auszusteigen.

Beim Canyoning begeht man eine Schlucht flussabwärts von oben nach unten.

Technik ist alles: Springen, Abseilen, Rutschen

Auch beim Canyoning kommt es auf die richtige Technik an. Viele fiebern dabei besonders auf die Klippensprünge hin und wählen ihre Tour speziell nach der Höhe der möglichen Sprünge aus. Für Anfänger heißt es allerdings, sich erstmals durch niedrigere Sprünge heranzutasten.

Je nach Schlucht und Level der Gruppe, können auch mal höhere Sprünge in Gumpen und natürliche Pools anstehen, bei denen es umso wichtiger ist, dass man richtig eintaucht. Um sicher zu gehen, sollte man unbedingt die Anweisungen des Guides beachten, der einem sagt, wo man springen kann und wo nicht. Grundsätzlich reichen dafür meistens Überwindung und ein zwei Schritte Anlauf, oder manchmal auch ein großer Schritt ins Leere. Während man die Körpermitte zwar leicht anspannt, sollten die Beine leicht angewinkelt bleiben um Bodenkontakt im Wasser gegebenenfalls abzufedern. Ansonsten kann man viele Sprünge auch abseilen, wenn man sich nicht traut zu springen, getreu dem Motto, „alles kann, nichts muss“. Zur Warnung sei allerdings gesagt: aus 5 bis 10 Metern Höhe in eine manchmal dunkle, manchmal glitzernde Gumpe zu springen, zieht allerdings ein riesiges Glücksgefühl nach sich und macht gegebenenfalls süchtig.

Sprünge sind für viele das Highlight beim Canyoning.

Überall dort, wo das Wasser nicht tief genug, oder der Sprung zu hoch wäre, wird abgeseilt. Als Gast muss man sich dabei um wenig kümmern: Der Guide baut den Stand auf und seilt die Gäste von oben ab. Das geschieht meist passiv, also durch den Guide. Dabei ist man in das Seil eingeklippt und wird kontrolliert abgelassen und gesichert, wodurch das Abseilen eher mit dem Ablassen durch einen Partner beim Sportklettern vergleichbar ist, als mit aktivem alpinem Abseilen auf Hochgebirgstouren. Man kann man sich also einfach rückwärts über die Kante lehnen, in den Gurt setzen und das Abseilen genießen. Dieser Nervenkitzel ist für viele gerade zu Beginn wahrscheinlich auch mehr als ausreichend.

Als drittes und besonders spaßiges Element ist Rutschen ebenfalls ein Teil des Canyonings. Auf natürlichen Wasserrutschen können ebenfalls Wegstücke der Strecke zurückgelegt werden, bei denen man unter Umständen ganz schön Geschwindigkeit aufnimmt und wie im künstlichen Rutschenpark auch, am besten die Arme nah am Körper behält.

Hohe Stellen werden beim Canyoning abgeseilt - wie hier mit Aussicht und Regenbogen.

Ist Canyoning gefährlich?

Wer vermutet, dass beim Canyoning die meisten Unfälle durch Abstürzen beim Abseilen oder Verletzungen bei Sprüngen passieren, liegt nicht ganz richtig. Oft passieren Verletzungen eher beim Wandern oder Waten durchs fließende Wasser, da nasse und auch moosbewachsene Steine in seichten Becken glitschiger sind, als gedacht und deshalb die Gefahr besteht umzuknicken. Durch feste Schuhe ist das Risiko geringer, ebenso wie die richtige Ausrüstung insgesamt.

Wirklich gefährlich kann es beim Canyoning allerdings werden, wenn man ohne professionellen Guide unterwegs ist. Alpine Vorkenntnisse helfen nur bedingt, es wird andere Ausrüstung benötigt und spezielles Wissen muss abgerufen werden. Bei Tourenanbietern befindet man sich allerdings in guten Händen, denn Guides kennen die Schluchten der angebotenen Touren im Normalfall wie ihre Westentasche und sind gut geschult, da sie ihren Schein regelmäßig verlängern müssen. Wie allgemein in den Bergen besteht natürlich immer ein gewisses Restrisiko, beispielsweise durchs Wetter und wie bei jedem Sport könne genauso Verletzungen passieren, selbst wenn man umsichtig handelt.

Auch schwimmen und sich treiben lassen gehören beim Canyoning dazu.

Welche Ausrüstung brauche ich zum Canyoning?

Vorweg, bei geführten Touren ist die Ausrüstung meist inklusive. Diese besteht aus einem dicken Neoprenanzug mit Kapuze, der innen meinst aufgeraut ist um möglichst viel Wärme zu spenden. Wer schon mal seine Füße in einen Gebirgsbach gestreckt hat, weiß, selbst im Sommer hat das Wasser eher niedrige Temperaturen. Und im schattigen Dunkel einer Schlucht ist es selbst bei brütender Hitze auf den Wanderwegen beim Aufstieg ganztags eher kühl. Deshalb machen Neoprensocken auch Sinn, damit die Füße ebenfalls schön warm bleiben. Sollte man im Vorfeld Größenangaben fürs Ausleihen machen müssen, sollte auf jeden Fall bedacht werden, dass diese Socken dicker sind als normale und deshalb die Schuhe eher eine Größe größer benötigt werden.

Weiterer Teil der Ausrüstung ist ein Helm Kletterhelm und ein spezieller Gurt fürs Canyoning. Dieser wird zwar ähnlich wie ein Klettergurt fürs Sichern verwendet, ist aber etwas anders aufgebaut. Ein Latz aus festem Plastik ist mit dem breiten Band des Hüftgurts und den Beinschlaufen verbunden um zusätzlichen Schutz beim Rutschen zu bieten. Am Gurt wird zudem eine Selbstsicherung angebracht, die im Prinzip aus zwei Schlingen mit jeweils einem gegen das Verrutschen fixierten Karabiner besteht.

Selbst sollte man an Badesachen, ein Handtuch und trockene Klamotten zum Wechseln denken. Die meisten Touranbieter schicken ihren Gästen aber auch Packlisten oder genauere Infos, was mitzubringen ist.

Abseilen findet beim Canyoning auf trockenem Fels oder wie hier im Wasserfall statt.

Wo kann ich Canyoning machen?

Mittlerweile hat sich Canyoning als Trendsport ausgebreitet und vor allem in den Alpen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten mit wunderschönen, teils auch grundverschiedenen Schluchten, etwa in der Schweiz, im Ursprungsland Frankreich, in Österreich oder aber auch in Italien. Je nach Level gibt es wohl auch für jeden die richtige Schlucht, denn die Touren können sich stark unterscheiden. Während die einen mit hohen Sprüngen, laut rauschenden Wasserfällen durch die abgeseilt wird, oder aber auch langen Rutschen aufwarten, gibt es genauso Schluchten, die mit kleineren Sprüngen und Abseilstellen auch gut für Familien geeignet sind. Gleiches gilt auch über Europa hinaus, denn Canyoning ist genauso auch in Neuseeland oder den USA ein besonderes Erlebnis um die Natur vor Ort zu erleben.

Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, einmal einen Tag beim Canyoning in der Schlucht zu verbringen. Je nach Länge und auch Schwierigkeit der Tour, Land und auch Anbieter können die Preise zwischen 80 und 150 Euro variieren, manchmal sogar mehr.

Ist Canyoning für jeden geeignet?

Wichtig ist vor allem, dass man sich und den eigenen Fitnessstand im Vorfeld gut einzuschätzen weiß und sich mit dem Tour-Guide bespricht, was für das persönliche Level geeignet ist, damit sowohl der Schwierigkeitsgrad als auch die Länge der Tour passen und weder überfordern noch unterfordern. Ist die Tour gut gewählt und ein grundsätzliches Fitnesslevel vorhanden, kommt so gut wie jeder auf seine Kosten, sei es nur eine anspruchsvolle Tour mit haushohen Sprüngen und Abseilstellen für Adrenalin-Junkies oder aber mehr eine Genusstour, bei der man sich im Wasser treiben lassen kann und entspannt durch eine faszinierende vom Wasser geformte Welt wandert, bei der man von Staunen den Mund kaum mehr zu bekommt.

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Martina Wengenmeir
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