Autor:
Lars Becker

Apps, Sicherheit, Outdoor und Differenzierung

Die sieben wichtigsten Fitness-Trends für das Jahr 2021

Die Corona-Pandemie schüttelt die Fitness-Industrie kräftig durch. KI-Apps sind so wichtig wie nie zuvor. Und statt der Devise „Höher, schneller, weiter“ werden künftig mehr Gesundheitsorientierung, ganzheitliche Angebote und die Spezialisierung auf besonderes Klientel wie Risikogruppen gefragt sein. Wir stellen die sieben wichtigsten Fitness-Trends für das Jahr 2021 vor.

Trend 8, Competitions: Who is the fastest in my friends list? Competitions are becoming more and more popular, especially among younger people. Measuring oneself is the trend.
ISPO.com zeigt die Fitness-Trends 2021.

Die Fitness-Studios in Deutschland sind mitten in ihrem zweiten Shutdown im Corona-Jahr 2020. Das hat vielschichtige Konsequenzen – zum einen fürchten viele Betreiber bei einem kumulierten Verlust der Branche von 460 Millionen Euro pro Lockdown-Monat um ihre Existenz. Zum anderen orientieren sich viele Nutzer (zwangsweise) um und entdecken das App- und Video-Training daheim.

„Die Unsicherheit in der Branche ist groß. Viele Studios werden das nicht überleben, wenn der Lockdown noch lange dauert“, sagt Ralph Scholz. Der Chef des Deutschen Industrieverbandes für Fitness und Gesundheit (DIFG) hofft, dass die Fitnessstudios im Januar 2021 wieder öffnen können – genau dann melden sich mit dem Weihnachtsspeck auf den Rippen nämlich gewöhnlich die meisten neuen Mitglieder an.

Scholz weiß auch dank der repräsentativen Umfrage „Fitness in Zeiten von Corona“: Die Pandemie wird die Fitness-Wirtschaft massiv verändern. Umso wichtiger ist es für alle Akteure, die Weichen mit Blick auf die Zukunft richtig zu stellen. Das sind die wichtigsten Fitness-Trends, die ISPO.com gemeinsam mit Scholz für das Jahr 2021 ausgemacht hat.

1. Der Besuch im Fitnessstudio muss sicher sein

Viele Menschen bleiben in der Zeit des Lockdowns mit Laufen, Walken, Fitnessübungen in Eigenregie oder kostenlosen digitalen Angeboten in Form. Stolze 73 Prozent davon wollen dieses alternative Training auch in Zukunft fortsetzen. Zwar wollen die meisten Fitness-Enthusiasten auch künftig wieder ins Studio gehen, allerdings nur, wenn das Training nicht mit der Gefahr einer Corona-Infektion einhergeht.

„Die Umfrage hat ergeben, dass es vielen Menschen wichtig ist, einen möglichst hohen Schutzstandard zu haben. Deshalb muss es im Eigeninteresse der Studios sein, genau das zu gewährleisten“, sagt Ralph Scholz im ISPO-Interview. Die Grundbedingung für Studiobetreiber 2021 ist also, das Vertrauen der Fitness-Fans zurückzugewinnen. Über eine Million der 2019 noch 11,6 Millionen Mitglieder sind bereits weg.

2. Fitness: Online-Apps gewinnen immens an Bedeutung

In der Zeit der geschlossenen Fitness-Studios sind die meisten Sport- und Fitness-Fans auf Online-Angebote ausgewichen. Besonders populär sind Apps wie Freeletics, die mittels Künstlicher Intelligenz (KI) individuelle Trainingsangebote für User zusammenstellen. „Die Hauptvorteile für die Nutzer sind der Zugang zu Trainingsplanung, -überwachung und sogar Motivation zu einem Bruchteil der aktuellen Kosten, wodurch viel mehr Menschen als je zuvor erreicht werden können“, sagt Simon Alger, Lead Data Scientist von Freeletics, im Gespräch mit ISPO.

Ein anderes Beispiel für den neuen Digital-Trend: Mit dem sogenannten Peloton-Bike – einem Spinning-Rad, mit dem man sich über das Internet mit Spinning-Fans in der ganzen Welt connecten kann – kann man sein Cardio-Training zum Beispiel im virtuellen Wettbewerb mit vielen Gleichgesinnten rund um den Globus bestreiten.

3. Outdoor is King

Das Thema Outdoor-Fitness gewinnt gerade wegen Corona an Bedeutung: Gerade intensives Training ist wegen des Luftzugs draußen viel weniger gefährlich als drinnen. Fitness-Studios sollten deshalb immer mehr Geräte und Aktivitäten nach draußen verlagern. Das schafft mehr Sicherheit bei den Benutzerinnen und Benutzern.

4. Mehr Gesundheitsorientierung bei Fitness-Angeboten

Die für alle Menschen einzigartige Erfahrung einer Pandemie hat das Thema Gesundheit bei vielen noch viel mehr als vorher in den Fokus gerückt. Das ist prinzipiell gut für die Fitness-Wirtschaft. Fitness stärkt das Immunsystem. Es braucht aber auch die passenden, sicheren Angebote dazu.

Gefragt ist also der „Wandel von der Muckibude zur gesundheitsorientierten Fitnessanlage“, wie es Ralph Scholz nennt. Auch die Themen „betriebliche Fitness“ und „betriebliches Gesundheitsmanagement“ werden weiter an Bedeutung gewinnen.

5. Noch differenzierteres Training und Angebote für Risikogruppen

Ob bei der Mediennutzung, im Kaufverhalten oder beim Reisen: Die Individualisierung schreitet in allen Lebensbereichen voran. Das gilt natürlich auch für die Fitness-Wünsche der Kundschaft. Ob Bier-Yoga, schnellstmögliche Selbstoptimierung durch High-Intensity-Training oder der neue Workout-Trend Glide Fit – differenziertes und zielgruppenorientiertes Training ist Pflicht.

Allround-Fitnessstudios wird es zwar weiter geben, aber Boutique- und Mikrostudios mit maßgeschneiderten Angeboten ziehen immer mehr Kundschaft ab. Die Spezialisierung kann in diesen schwierigen Zeiten für Fitnessstudios auch finanziell interessant sein. Scholz: „Das Interessante daran ist, dass man umso mehr Geld von den Kunden verlangen kann, je spezieller man ist.“

Für Corona-Risikogruppen und Senioren sind Gesundheit und Fitness ebenso wichtig wie für den Rest der Bevölkerung. Das macht Senioren zu einer Kernzielgruppe, die mit besonderen Angeboten und Trainingsmöglichkeiten umworben werden müssen. Das kann von Einzeltrainings oder Workouts in kleinen Trainingsgruppen über besondere Räumlichkeiten bis hin zu digitalen Angeboten für risikoloses Training zu Hause reichen.

6. Mindset: Die Verbindung von Körper und Geist im Training

Den Trend zu Themen wie Yoga, mentalem Training oder Pilates gab es schon vor Corona. Er ist durch die Pandemie aber verstärkt worden. Immer mehr Menschen wollen eine Verbindung von körperlichem Training mit geistiger Entspannung.

Auslöser für diesen Wunsch sind in diesen Tagen neben beruflichem Stress verstärkt auch das anstrengende Homeschooling mit den Kindern oder finanzielle und gesundheitliche Ängste im Zusammenhang mit der Pandemie. „Wir müssen deshalb auch die sportpsychologische Ebene in unseren Angeboten stärken“, fordert deshalb Ralph Scholz.

7. Sport und Fitness verschmelzen

Lieber ins Studio an die Geräte oder draußen joggen? Für viele Fitness-Freaks war das früher eine echte Glaubensfrage. Die Corona-Zeit samt der Schließung der Studios hat die Auflösung dieser Entweder-Oder-Situation beschleunigt. Viele Geräteanhänger weichen zu alternativen Indoor- und Outdoor-Angeboten aus. Und Apps gehören selbstverständlich dazu

„In der Wahrnehmung der Endverbraucher gehört das zusammen, schon wegen der vielen neuen Apps und Wearables. Deshalb ist es auch wichtig, ganzheitliche Angebote zu entwickeln. Das Fitnessstudio ist dabei gewissermaßen der Lotse“, sagt Scholz.

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Lars Becker