Ganz ehrlich: Eine geringere Wahrscheinlichkeit, als mit einer neuen Laufschuhmarke aus der Schweiz Erfolg zu haben, gibt es wohl kaum. Wie wir es mit On trotzdem geschafft haben, erzähle ich in meinem Gastbeitrag für ISPO.com.
Wir haben mehr als 17 Millionen Produkte verkauft, sind an die Börse gegangen und haben 2022 die Milliarden-Umsatzgrenze geknackt. Der Hauptgrund für diesen Erfolg lag ursprünglich in unserer einzigartigen Cloud Technologie, heute sind wir im Kern ein Innovationsunternehmen. Wir kreieren High-Performance-Produkte für alle Menschen, die sich durch Bewegung fit und gesund halten möchten. Dazu gehören Bekleidung und Laufschuhe, die schon auf den ersten Blick anders sind, und für viele die komfortabelsten Schuhe, die sie je getragen haben.
Ob ich von Anfang an davon überzeugt war? Nein. Als mein Mitgründer Olivier Bernhard vor 15 Jahren mit der Idee auf mich zukam und mich um Hilfe bat, war ich mehr als skeptisch. Rückblickend lache ich über diesen Caspar, der ich damals war – wie wenig Mut ich hatte!
Zusammen mit dem Dritten im Bunde, David (Allemann), haben wir es dann zum Glück trotzdem gewagt und unseren ersten Laufschuh entwickelt. Mit sehr minimalistischem Design, typisch schweizerisch. Der Standort war von Anfang an Fluch und Segen für uns. In einem so kleinen Land wie der Schweiz kann man mit einer Laufschuhmarke einfach nicht genügend Umsatz machen. Wir mussten gleich raus in die Welt und sind gleichzeitig in sechs Ländern gestartet. Ich war die ersten zehn Jahre die meiste Zeit global unterwegs, um alle Märkte parallel aufzubauen. Aber es hat sich gelohnt: Wenn‘s mal läuft, dann läuft es. Inzwischen sind wir in 60 Ländern vertreten.
Wir hatten zu Beginn keine Ahnung von der Branche. Keiner von uns hat jemals ein Produkt entwickelt oder verkauft. Vom Start-up-Award der ISPO hatte ich durch Zufall erfahren und überhaupt nicht damit gerechnet, bei der ersten Teilnahme direkt zu gewinnen. Als ersten Preis gab es einen Messeauftritt mit PR-Package – das war überwältigend: Als ich 2010 in die Messehallen kam, wollte ich mich am liebsten verstecken. Überall war unser Schuh abgebildet. Aber wir hatten weder eine Bestellliste noch einen Preis. Nur zwei, drei Samples des Prototyps.
Der ISPO Brandnew Award hat vieles ins Rollen gebracht: Zwei Wochen nach der Bekanntgabe – ich war gerade im Snowboard-Urlaub – hatten wir 600 E-Mails im Postfach. So haben wir auch unsere ersten sechs Vertriebspartnerschaften geknüpft.
Anfangs konnten wir uns keine Athlet*innen als Testimonials leisten, deshalb haben wir diejenigen unterstützt, die eine besondere Geschichte zu erzählen haben. Am bekanntesten ist „The Man with the Halo“, unser Athlet Tim Don. Am Tag vor seinem Ironman Wettkampf 2016 in Hawaii wurde er von einem Lastwagen angefahren. Genickbruch. Wir haben ihn sofort ausfliegen lassen, damit er medizinisch bestens versorgt wird. Und noch auf dem Krankenbett seinen Vertrag verlängert.
Er bekam dann ein sogenanntes Halo, das ist ein Metallgestell, das mit Schrauben im Schädel befestigt wird. Extrem schmerzhaft, aber für Tim die einzige Option, jemals wieder Sport machen zu können. Wir haben den Heilungsprozess von Tag eins begleitet und es ist ein Dokumentarfilm entstanden, der durch die Decke ging. Dadurch ist nicht nur Tim sehr bekannt geworden, auch für On hat das vieles beschleunigt.
Olivier, David und ich haben uns früh dazu entschieden, zwei weitere Partner mit ins Boot zu holen, um zu fünft gleichberechtigt die Marke aufzubauen. Wir wollten keine Hierarchieebenen unter uns aufbauen und immer weiter das Nadelöhr im Unternehmen sein. Mit Marc Maurer und Martin Hoffmann als Co-CEOs haben wir unglaublich viel an Kapazität gewonnen.
Wir sind jetzt fünf Ansprechpartner, wenn es um „Chef-Sachen“ geht. So können wir Dinge schneller vorantreiben und können uns im Unternehmensalltag als Sparring Partner nutzen. Früher oder später macht jeder einmal einen Fehler, aber als Gruppe erkennen wir sie früh und können sie besser korrigieren.
Der wichtigste Grundsatz bei On ist: The Positive Spirit. Der Markt für Laufschuhe ist so groß, dass wir uns eigentlich nicht an Wettbewerbern orientieren müssen. Es ist genügend Platz für alle da, auch wenn wir mit unserem ersten Erfolg schon den Traum träumen, die Nummer 1 zu werden.
Dafür haben wir in den letzten 18 Monaten unser Running-Sortiment komplett überarbeitet. Für viel mehr Komfort und noch mehr Dämpfung. Gerade haben wir den Elite Laufschuh Cloudboom Echo 3, mit dem Helena Obiri den Boston Marathon gewonnen hat, auf den Markt gebracht. Und in den nächsten zehn Monaten werden weitere Modelle mit unseren Performance-Technologien kommen.
Meine 3 Tipps für gesundes Wachstum
- Seid mutig! Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und versuche immer offen für Neues zu sein. Heute kommen viele junge Unternehmen mit ihren Technologien zu uns. Genau hinzusehen, Potenziale zu erkennen und eben nicht vorschnell zu urteilen, ist die größte Herausforderung, denn das Produkt ist niemals fertig.
- Gib alles, um dein Produkt zu bewerben. Ich beobachte oft, dass Unternehmen fünf Personen in der Entwicklung haben, aber nur eine im Marketing und Sales. So wird’s nie was.
- Ein guter Finanzchef ist Gold wert. Finanzielle Sicherheit ist essenziell, um sich auf die Produktentwicklung zu konzentrieren. Und traut euch, auf die Finanzmärkte zu gehen! Wir sind ganz bewusst an die New Yorker Börse gegangen, nicht in Zürich. Sonst wären wir in der Regionalliga geblieben – jetzt spielen wir in der Champions League mit.
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