Imitten ökologischer Herausforderungen, wirtschaftlicher Unsicherheit und wachsender sozialer Verantwortung suchen Unternehmen und Konsument*innen gleichermaßen nach nachhaltigen, langlebigen und ganzheitlichen Lösungen. Dieser Trend bestätigte sich auch beim ersten ISPO Award Jury Meeting 2025 im österreichischen Schröcken. Hier überzeugte die eingereichten Produkte vor allem durch clevere Detaillösungen und durchdachte, ganzheitliche Produktdesign-Konzepte.
Die aktuelle Transformation der Sportindustrie wird von fünf bedeutenden Entwicklungen geprägt. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie den Fokus auf die Verbesserung bestehender Strukturen legen, anstatt ständig nach Neuheiten zu suchen.
Die Grenzen zwischen Sport, Alltag und Wellness verschwimmen. Verbraucher*innen erwarten zunehmend Produkte, die mehr können als nur in einer Funktion zu glänzen. Sportbekleidung soll heute nicht nur funktional sein, sondern auch alltagstauglich, stilvoll und komfortabel – vom Bergtrail bis zum City-Alltag. Dieser Wunsch nach ganzheitlichen Lösungen führt dazu, dass sich Sportmarken stärker mit Lifestyle-, Gesundheits- und Modethemen verbinden.
Dr. Martina Wengenmeier, Journalistin, Outdoor-Sport-Expertin und ISPO Award Jury Member erläutert dazu:
Die umliegenden Märkte, wie die Mode- und Gesundheitsmärkte, rücken näher an die Sportindustrie heran und gewinnen für den Sporteinzelhandel und die Sportmarken an Bedeutung. Ich denke, dass die Überschneidung der verschiedenen Märkte die Stellen sind, an denen neue Trends entstehen und wo es ein großes Potenzial für Marken und die Sportscommunity gibt.
Athleisure ist längst kein Trend mehr, sondern ein fester Bestandteil des Marktes. Kollektionen orientieren sich an urbanem Stil und gesundheitsbewusstem Lebensstil, kombiniert mit technischer Performance. Wer als Marke ganzheitlich denkt und Produktdesign, Kommunikation und Vertrieb konsequent verzahnt, kann neue Märkte erschließen und Kund*innen langfristig binden.

Die EU macht ernst: Mit der kommenden Ökodesign-Verordnung (ESPR) und dem digitalen Produktpass stehen ab 2026 konkrete regulatorische Anforderungen im Raum, die Unternehmen zwingen, ihre Produktentwicklung grundlegend zu überdenken. Wer künftig in Europa verkaufen will, muss nachhaltige Materialien einsetzen, Reparaturmöglichkeiten mitdenken und Recyclingfähigkeit sicherstellen.
Viele Brands setzen bereits auf Monomaterialien, reduzierte Komponenten und designen modulare Produkkonzepte. Das Ziel: Produkte, die einfacher zu recyceln, reparieren und weiterzuverwenden sind. Damit wird zirkuläres Design vom freiwilligen Umweltversprechen zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor und zur regulatorischen Notwendigkeit.
Nana Fritz, Produktdesignerin und ISPO Colaborators Club Member beim ISPO Award Jurymeeting Q1/Q2 meint
Es geht um Vielseitigkeit, Langlebigkeit und natürlich um die Kreislauffähigkeit, denn letzteres ist in Zukunft das entscheidende Thema. Es geht nicht mehr darum das coolste, trendigste Produkt auf dem Markt zu haben, sondern auch dasjenige, das lange Bestand hat, das die Zeiten überdauert und das unserer Umwelt keinen Schaden zufügt.

Ob auf dem Trail, in der Stadt oder auf dem Weg zur Arbeit: Verbraucher*innen wollen Produkte, die sich flexibel an ihre Lebensrealität anpassen. Die Nachfrage nach multifunktionaler Bekleidung und Ausrüstung steigt spürbar – sowohl aus Gründen der Nachhaltigkeit als auch aus dem Wunsch nach Einfachheit und Effizienz.
Dr. Regina Henkel, Textiljournalistin und ISPO Award Jury Member erläutert
Vielseitigkeit und Langlebigkeit liegen im Trend. Die Einzelhändler sind auf der Suche nach Produkten, die der Nutzer in vielen verschiedenen Situationen tragen oder verwenden kann. Es geht also nicht so sehr darum, dass man eine Hose hat und sie nur zu einem bestimmten Anlass trägt. Sondern man trägt sie zu vielen Gelegenheiten.
Sie ergänzt:
Und auch in der Lifestyle-Branche verlagert sich die Sportausrüstung in die Lifestyle-Industrie, und die Leute tragen ihre Sportswear, wo immer sie wollen.
Designs und Produkte, die verschiedene Anwendungsbereiche abdecken, ermöglichen einen reduzierten Konsum, verlängern die Nutzungsdauer und schaffen einen echten Mehrwert. Dabei geht es nicht um den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern um maximale Funktionalität bei minimaler Komplexität. Hersteller, die Vielseitigkeit intelligent umsetzen, schaffen nicht nur nachhaltige Lösungen, sondern auch neue Markenidentität.
Die Zeiten schneller Produktzyklen und rein trendgetriebener Kollektionen verlieren an Bedeutung. Immer mehr Konsument*innen entscheiden sich bewusst für Qualität, Funktion und zeitloses Design. Langlebigkeit wird zum wichtigsten Verkaufsargument – unterstützt durch Reparaturservices, verlängerte Garantien und transparente Kommunikation.
Aktuelle Marktforschung bestätigt diesen Wertewandel deutlich: Eine Studie von Vogue Business zeigt, dass vor allem jüngere Zielgruppen wie Gen Z verstärkt auf langlebige Sportbekleidung setzen: Qualität und Verlässlichkeit schlagen kurzfristige Trends. Auch europaweite Verbraucherumfragen untermauern diese Entwicklung: 91 Prozent der Konsument*innen legen Wert auf langlebige Kleidung, und 71 Prozent geben an, ihre Bekleidung möglichst lange tragen zu wollen – das geht aus einem Bericht der Europäischen Umweltagentur hervor. Gleichzeitig wächst das Interesse an Second-Hand- und Reparaturangeboten. Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit geht damit Hand in Hand mit einem bewussteren Konsumverhalten – weg von schnellen Kollektionswechseln, hin zu Produkten mit Substanz und Beständigkeit.
„Buy less, buy better“ ist kein Slogan, sondern heute eine realistische Erwartungshaltung vieler Kund*innen. Wer langlebige Produkte bietet, schafft Vertrauen – und setzt sich langfristig von der Konkurrenz ab. Marken wie Patagonia, Ortovox oder Vaude leben dieses Prinzip vor und zeigen: Nachhaltigkeit beginnt schon im Produktdesign.
Was ich beobachte ist, dass die Leute bei ihren Kaufentscheidungen für Outdoorsport-Produkte nachhaltiger denken. Wenn sie zum Beispiel eine Rad- und Wandertour machen, suchen sie nach Produkten, die man kombinieren kann, die zum Radfahren und zum Wandern passen, sodass man nicht so viele Ausrüstungsgegenstände braucht, sondern vielleicht nur einen, der für alles funktioniert.
meint Sigrid Eder Chefredakteurin trailrunning-szene.at und ISPO Collaborators Club Member beim ISPO Award Jury Meeting in Schröcken.

Reparieren statt wegwerfen: Die Akzeptanz und Nachfrage nach Produkten, die einfach zu warten und zu reparieren sind, steigt kontinuierlich. Design for Repair entwickelt sich zum neuen Standard – nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht. Reparaturfreundliche Produkte ermöglichen längere Lebenszyklen, senken Rücklaufquoten und schaffen neue Touchpoints zwischen Marke und Kund*in.
Zahlreiche Sport- und Outdoormarken setzen bei der Produktentwicklung bereits heute auf modulare Konstruktionen und bieten Ersatzteilservices oder Upcycling-Programme an. Das Resultat ist ein Second-Life-Modell, das verantwortungsvollen Konsum fördert und die Kundenbindung stärkt. In einer Zeit, in der Werteorientierung Kaufentscheidungen prägt, ist Reparatur kein Rückschritt – sondern ein Zeichen von Fortschritt. Man kann durchaus behaupten, dass gerade in diesem Punkt die Sportbranche innovativer Impulsgeber für die gesamte Textilbranche ist.

2025 markiert eine Wende in der Sport- und Outdoorbranche – nicht durch disruptive Technologien, sondern durch konsequente Weiterentwicklung in Qualität, Funktion und Verantwortung. Die fünf vorgestellten Trends machen deutlich: Es geht nicht mehr um höher, schneller, weiter, sondern um intelligenter, langlebiger, nachhaltiger.
Die Branche reagiert auf veränderte Konsumgewohnheiten, regulatorischen Druck und ökologische Realitäten mit ausgereiften Produktkonzepten, die echte Mehrwerte schaffen. Kreislaufdesign, modulare Konstruktionen, alltagstaugliche Vielseitigkeit und Reparaturfähigkeit sind keine Nischenmerkmale mehr, sondern zentrale Erwartungen einer zunehmend verantwortungsvoll handelnden Zielgruppe.
Marken, die sich diesem Wandel frühzeitig anpassen und auf Transparenz, Langlebigkeit und crossfunktionales Design setzen, schaffen nicht nur stabile Kundenbeziehungen – sie werden auch zu aktiven Gestaltern einer zukunftsfähigen Sportkultur. Wer heute Verantwortung übernimmt, gestaltet das Spielfeld von morgen – und positioniert sich klar für ein Wachstum, das über den Umsatz hinausgeht.
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