Der Marketing-Spezialist nennt auch einen klaren Digitalisierungs-Gewinner unter den Sportbrands.
ISPO.com: Herr Hartog, welche Aspekte umfasst Change Branding?
Peer Hartog: Meistens wird unter Change Branding nur die Digitalisierung der Marke verstanden, also das Durchdeklinieren in Cross- oder Multi-Channel. Aber eine Marke ohne klaren Nutzen, saubere Positionierung und relevanter Haltung kann man nicht zum Erfolg digitalisieren.
Häufig muss früher angesetzt werden: Bei Produkt- und Markenstrategie inklusive Positionierung und Markenkern, Logo sowie Corporate Design und Kommunikationsstrategie.
Durch die Digitalisierung wird somit das gesamte Markenkonzept hinterfragt?
Durch die Digitalisierung verändert sich die Art, wie Konsumenten Marken erleben. Früher kommunizierten Marken einseitig – Marke stellt sich dar, Konsument nimmt auf. Heute kommuniziert der Verbraucher zurück, mit der Marke und mit anderen Verbrauchern.
Dadurch sind Produktleistung, Service und Preis komplett transparent. Der Konsument ist aufgeklärter und lässt sich nichts mehr vormachen. Das bedeutet, dass die Marke in Kern und Strategie sehr konsistent und authentisch sein und ihre Werte medienübergreifend kommunizieren muss.
Markenführung benötigt Haltung
Wie gelingt eine stringente, medienübergreifende Kommunikation?
Nur wer seinen Markenkern kennt, kann eine klare differenzierte Marken- und Kommunikationsstrategie entwickeln und Haltung annehmen. Denn die Erfahrung zeigt: Erfolgreiche Marken haben gute Produkte, sehr erfolgreiche Marken haben eine Haltung. Und diese Haltung gilt es, konsequent, über alle Kanäle, immer wieder überraschend, zu inszenieren.
Das bedeutet aber auch, dass jeder Mitarbeiter im Change-Prozess eine Rolle spielt?
Der Mitarbeiter muss die Idee der Marke verinnerlichen und verkörpern. Wenn sie nur auf dem Papier stattfindet, kann die beste Marken-Strategie nichts bewirken.
Der Kern der Marke in einem Satz
Wann sollten sich Sport-Unternehmen mit dem Thema Change befassen, wann sollten die „Alarmglocken“ läuten, bevor es zu spät ist?
Zum Beispiel, wenn Mitarbeiter, Handel und Verbraucher nicht in einem Satz sagen können, wofür die Marke steht. Wenn man wie Adidas den heißen Atem von Under Armour im Nacken spürt, ist es jedenfalls schon recht spät.
Wie gelingt dann ein erfolgreiches Change Branding und wie können die Kosten kalkuliert werden?
Bevor man über das WIE spricht, sollte das WAS geklärt sein. WAS ist die Existenzberechtigung der Marke? Wo kommt sie her, was ist ihr Kern, was ihre Vision und welche gesellschaftsrelevante Haltung hat sie? Wenn das geklärt ist, kann man über das WIE, also Auftritt und Optik sprechen. Die Kosten dafür sind natürlich abhängig vom Aufwand, die kann man nicht mal eben pauschal taxieren.
Change Branding: Under Armour zeigt es
Welche Sport- oder Outdoor-Unternehmen haben einen erfolgreichen Change hinter sich und was waren die Erfolgsfaktoren?
Um das seriös beurteilen zu können, müsste man Einblick in Zahlen bekommen. Mit Sicherheit kann man aber Under Armour nennen, die alle drei Jahre den Umsatz verdoppeln und vom Spezialanbieter für Football-Unterwäsche zum Jäger von Nike und Adidas avancierten.
In den USA hat Under Armour Adidas bereits überholt. Ein Grund dafür ist sicherlich die klare Haltung, sinngemäß „Du kannst dich nach vorne kämpfen“, die konsistent zur Historie und den Kernwerten der Marke passt. Diese sind weiterhin Willensstärke, Durchsetzungsfähigkeit und Mut.
Interessant ist, dass mit Dove ein Anbieter von Körperpflege den Sportmarken vorführt, wie man in ihrem Genre konsequent Haltung zeigt. Mit seiner Olympia-Kampagne hat Dove aufgezeigt, dass viele Athletinnen in der Presse nach Äußerlichkeiten beurteilt werden.
Sehr konsequent und glaubhaft. Denn Dove steht seit seiner Repositionierung 2006 für die Haltung „Wir glauben an wahre Schönheit“ – und hat den vielleicht erfolgreichsten Marken-Relaunch der Nachkriegsgeschichte hingelegt.
Video: Digitale Herausforderung für die Sportbranche
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