1300 digitale und IT-Experten beschäftigt Adidas nach eigenen Angaben schon jetzt. Der Sportgigant, der enorme Summen in die Digitalisierung investiert, ist nach zwölf Jahren dennoch zurück auf der ISPO Munich, wo sich Menschen noch von Angesicht zu Angesicht begegnen.
Wie passt das zusammen? Vor allem, „weil ISPO neue Wege geht und heute viel mehr bietet als die Möglichkeit einer physischen Produktpräsentation.“
Diese Worte stammen von Roland Auschel, Chief Sales Officer bei Adidas. Der Manager ist überzeugt von den digitalen Angeboten, die ISPO als Sportbusiness-Netzwerk neben seinen Messen in München, Peking und Shanghai anbietet.
Schließlich hat allein ISPO.com seit Januar 2016 mit seinen über 6500 Artikeln mehr als 7,5 Millionen Menschen erreicht.
Die Digitalisierung ist ein Grund, weshalb Adidas und ISPO die Kooperation wieder aufleben lassen. Eine Kooperation im Rahmen von ISPO Digitize; der neuesten Initiative des Sportnetzwerks ist in Halle A4 eine Area gewidmet, gleich nebenan fand das Adidas-Symposium statt. „Ich möchte mich bei Adidas bedanken, dass wir diesen Bereich zusammen mit Ihnen gestalten konnten“, sagt Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München GmbH.
„Die Digitalisierung verändert die Zukunft und hat bereits zahlreiche Geschäftsfelder disruptiv beeinflusst“, sagte Dittrich und hob die Bedeutung von ISPO auch innerhalb der Messe München hervor. „ISPO ist bei der Digitalisierung ein Vorreiter in unserem Portfolio.“
Es ist die Zeit der Menschen, wie Joseph Godsey einer ist. Vor zehn Jahren wäre der junge Manager für seine Ansätze vielleicht noch belächelt worden, heute ist er Head of Digital Brand Commerce bei Adidas. Wer sich neuen Ideen nicht öffnet, verpasst die Chance, sein Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Ein Beispiel: „Kaum jemand hätte geglaubt, dass es so schnell möglich wäre, das Online-Shopping mit dem Smartphone so einfach zu machen“, sagte Godsey in seinem spannenden Vortrag.
Mittlerweile sind 70 Prozent des Online-Traffics von Adidas mobil. 2020 werden es 85 Prozent sein, glaubt Godsey. Für den Erfolg des E-Commerce sei es elementar wichtig, Daten über die User zu sammeln und einen individuellen User-Journey zu kreieren. „Bis es zu einer Transaktion kommt, ist der Konsument durchschnittlich vier Mal mit uns in Kontakt getreten“, berichtete der Adidas-Manager. Und wer nicht wisse, mit wem er es zu tun hat, der verkaufe auch nichts: „Es bringt ja nichts, einem Yoga-Fan neue Fußballschuhe anzubieten.“
Nicht jedem gefällt, wie Adidas sein eigenes E-Commerce fördert. „Natürlich kenne ich die Argumente, Sorgen und Probleme der stationären Händler“, sagt Roland Auschel. „Ich habe im vergangenen Jahr mit vielen von ihnen gesprochen. Für viele ist der Online-Käufer immer noch ein Gegner, der ihnen Umsatz raubt.“
Doch der Zug ist nicht aufzuhalten. „Wir sind einfach dort, wo unser Konsument ist“, sagte Auschel. „Und da er sich offensichtlich für den digitalen Vertriebsweg entschieden hat, treiben wir auch systematisch den Direktverkauf über unsere E-Commerce-Plattformen an.“
Der Börsenkurs der Adidas-Aktie gibt Auschel Recht: „Schon heute ist E-Commerce der am stärksten wachsende Vertriebskanal. Wir werden unsere Umsätze in diesem Bereich bis 2020 auf vier Milliarden Euro überproportional steigern.“
Und dennoch sei Platz für Einzelhändler, betonte Auschel: Als Experte für Vertrauen, als Experte für Kommunikation und als Experte für Lebensgefühl. „Adidas setzt ganz klar nur auf die Händler, die sich vom Internet nicht den Schneid abkaufen lassen, die inszenieren und animieren, kompetent beraten und eine Atmosphäre schaffen, die für Sport, Teamgeist und Leidenschaft steht.“
Leidenschaft beweist auch ISPO. Auf dem Weg zur digitalen Plattform für Sport Professionals seien auch Fehler gemacht worden, das gibt Tobias Gröber, Director der ISPO Group, offen zu. Mit einem Augenzwinkern bedankt er sich bei seinem Vorgesetzten: „Danke, Klaus Dittrich, dass ich immer noch auf dieser Bühne stehen darf.“
Seit 1997 ist Gröber bereits für ISPO tätig – seitdem hat sich das Business-Modell grundlegend verändert. „Unser Geschäft ist es nicht mehr, Quadratmeter zu verkaufen, sondern wertvolle Verbindungen zu schaffen.“
Analog und digital – beides kann funktionieren. „Wir müssen Brücken zwischen der alten und der neuen Welt bauen“, betont Messe-Chef Klaus Dittrich: „Und beide Bereiche müssen Respekt vor der Leistung des anderen zeigen.“
Günter Althaus konnte da nur zustimmen. Der CEO der ANWR GROUP, dem Mutterkonzern von Sport 2000, steht nach eigenen Angaben vor einer besonderen Herausforderung: „Stellen Sie sich vor, Sie müssen einer hundert Jahre alten Gesellschaft beibringen, wie Digitalisierung geht“, sagte Althaus auf der ISPO Digitize Bühne.
Der schwierigste Schritt sei der „Cultural Change: Wir glauben, dass wir die Digitalisierung nur stemmen können, wenn wir Dinge ausprobieren. Und dazu gehört auch, dass wir drei Mal auf die Nase fallen. Und erst danach wird es richtig gut.“