Wintersport/29.10.2019

Skitouren mit Kindern: Die besten Tipps und Ideen

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Skitouren können auch für Kinder ein großartiges Erlebnis sein. Die Anforderungen in Sachen Planung, Routenwahl und Ausrüstung dürfen dabei aber nicht unterschätzt werden. Experte Bernhard Ziegler gibt auf ISPO.com Tipps für die perfekte Skitour mit den Kids.

Auf Skitour mit der Familie, das geht beispielsweise in St. Antönien. 
Auf Skitour mit der Familie, das geht beispielsweise in St. Antönien. 

Mit Kindern Skitouren zu unternehmen, geht niemals „zwischendurch“. Eine gute Planung, kompetente Eltern und absolut sichere Ziele sind beim Tourengehen mit Kindern die entscheidenden Faktoren für das Gelingen eines Ausflugs.

Das heißt besonders: rechtzeitiges Planen, damit kein Zeitdruck entsteht. Ausrüstung, Bekleidung, Gepäck, Brotzeit und Hilfestellung beim Anziehen – alles braucht mit Kindern deutlich mehr Zeit, wie auch der Aufstieg selbst. Schließlich haben die Kids abseits der Skitour einiges zu tun, wie Iglu bauen, Schneeballschlacht oder Schätze suchen. Für den Aufstieg sollte mit Kindern daher doppelt so viel Zeit eingerechnet werden.

„Kinder geben einen neuen Blickwinkel aufs Tourengehen“

Bernhard Ziegler ist Gründer des Tourenportals www.tourentipp.com. Als leidenschaftlicher Skitourengeher und Vater zweier Kinder hat er mit ihnen in den vergangenen Jahren viele gemeinsame Skitouren unternommen, seit sein Sohn sieben Jahre alt war. Seine Erlebnisse und eine Auswahl kindertauglicher Routen hat er im ersten „Skitourenführer für Kinder“ niedergeschrieben.


„Meine Kinder haben mir einen anderen Blickwinkel auf das Skitourengehen geschenkt,“ sagt er, „Kinder bewegen sich viel mehr im Hier und Jetzt.“ Sie wollten viel lieber ihre eigene Spur legen, einem Bachlauf folgen oder im Schnee spielen. Dem solle man unbedingt nachgeben. Auch wenn man sich da etwas zurücknehmen müsse.

Das Cover des Buches "Skitouren mit Kindern" von Bernhard Ziegler. 
Bildcredit:
Bernhard Ziegler

ISPO.com: Ab wann würden Sie Skitouren mit Kindern empfehlen?
Bernhard Ziegler:
Die wichtigste Voraussetzung ist, dass die Kinder gut Ski fahren können. Das ist keine Frage des Alters. Man sollte die Kinder zum Beispiel am Pistenrand langsam an den Tiefschnee heranführen. Je mehr Gefühl für tieferen Schnee, desto mehr Spaß macht die Abfahrt.

Ob ein Kind mit sechs Jahren schon kleine Skitouren geht oder erst mit neun, hängt davon ab, wie es körperlich ausgebildet ist – und natürlich, ob es Lust dazu hat. Spaß an Skitouren haben die Kinder, die auch im Sommer gern in den Bergen sind, die sich gern auch einmal anstrengen.

Welche Eigenschaften müssen Skitourenrouten besitzen, damit man sie mit Kindern gehen kann?
Das Thema Lawine darf bei Kinderskitouren gar keine Rolle spielen. Ich gehe nicht, wenn die Lawinensituation das nicht hergibt. Und ich gehe nicht in ein Gelände, das im ungünstigsten Fall dann doch lawinengefährdet sein könnte. Die Sicherheitsmaßnahmen, die ich mit Erwachsenen ergreifen würde, kann ich mit Kindern nicht durchführen. Zum Beispiel Entlastungsabstände halten: Kinder brauchen in schwierigen Situationen Nähe statt Abstand. Sie brauchen Anleitung. Dazu kommt, dass vielleicht die Sicherheit beim Skifahren fehlt. Ein Sturz ist immer eine große Zusatzbelastung. Man stelle sich vor: Ein Kind soll einzeln den Hang befahren, es stürzt, es muss wieder in die Ski hinein... Das geht nicht allein.

Bernhard Ziegler mit seinen beiden Kindern. 
Bildcredit:
Bernhard Zieger

„Im besten Fall kein Spitzkehrengelände“

Was heißt das für die Skitouren-Planung mit Kindern?
Ich gehe bei einer Lawinenwarnstufe von maximal 2 in Gelände mit weniger als oder maximal 30 Grad. Zudem ist es im besten Fall auch kein Spitzkehrengelände, denn da tun sich Kinder schwer. Pistenskitouren mögen sicher sein. Aber darauf hatten meine Kinder gar keine Lust. Wenn schon Skitouren, dann im Gelände.

Wie viele Höhenmeter haben Sie Ihren Kindern anfangs zugemutet?
Touren mit 300 oder 400 Höhenmetern haben am Anfang ganz gut funktioniert. Die Lieblingstour meiner Kinder war im Sudelfeld der Schreckenkopf.

Was planen Sie noch mit ein, wenn Sie eine Route auswählen?
Die Einkehr ist nicht unbedingt das Wichtigste. Wenn die Kinder in der Sonne sitzen können mit der Brotzeit und vielleicht im Schnee vergrabene Schokoladentaler mit einem alten LVS-Gerät suchen dürfen, das hat auch seinen Reiz. Forststraßen finden Kinder auch bei Skitouren eher fad. Sie lassen sich auch nicht über so eine langweilige Strecke hinwegtrösten mit der Aussicht auf einen tollen Hang. Sie interessiert das Jetzt. Und das ist in dem Moment langweilig. Leider schränkt das die Auswahl an Touren natürlich sehr ein. Genauso ist es mit dem Hunger oder Durst. Da zeigen sie auch wenig Geduld. Man sollte immer sehr viel Essen dabei haben.

„Das LVS-Gerät ist Standard, auch mit Kindern“

Gibt es kindertaugliches Skitouren-Equipment?
Man muss sich bewusst machen, dass Kinder bei Skitouren in Relation zum Körpergewicht etwa doppelt so viel zu tragen und zu leisten haben wie ein Erwachsener. Das eigene Gewicht und das der Ausrüstung – Skistiefel, Ski, Bindung – stehen in einem völlig anderen Verhältnis zueinander als bei uns. Noch vor einigen Jahren war die Ausrüstung das schwierigste Thema. Da hat sich einiges getan.

Braucht jedes Kind eine eigene LVS-Ausrüstung?
Zwar begebe ich mich mit Kindern nicht in lawinengefährdetes Gelände, aber es ist wie mit dem Auto. Auch wenn ich mit meinem Kind nur um die Ecke fahre, schnalle ich es an. Das sollte Standard sein und führt die Kinder an das Sicherheitsdenken heran. Aus meiner Erfahrung haben Kinder auch Spaß daran, mit dem LVS-Gerät etwas zu suchen und danach zu buddeln.

Der Schweizer Outdoor-Blogger und Buch-Autor Urs Kyburz, im Vorstand der Sektion Homburg im Schweizer Alpenclub aktiv, berichtet auf seinem Blog „In der Natur unterwegs“ über seine zahlreichen Erfahrungen auf Skitouren mit beiden Söhnen. Er ergänzt Bernhard Zieglers Tipps mit dem Hinweis, dass er mit den Kindern anfangs Touren gegangen ist, die er bereits kannte. Für die ersten Versuche genügte außerdem ein Hang, damit sich die Kinder mit dem Bewegungsablauf vertraut machen konnten. Seine Erfahrung sagt ihm, dass Touren mit Gegenanstieg bei Kindern gar nicht gut ankommen. Und das Wichtigste: „Das Kind bestimmt den Verlauf der Tour, nicht das Ziel“, so Urs Kyburz. „Hat das Kind keine Lust auf den Gipfel, dann ist es so.“

Ausrüstung für Kinder-Skitouren

Skitouren-Bindungsadapter für Einsteiger
Die Firma KochAlpin bietet die Kunststoff-Adapter Contour startUp für die normalen Skibindungen. Diese sind nicht zu schwer und man kann sie leicht in den Rucksack stecken. Zum Ausprobieren oder gelegentliche Skitouren mit Kindern sind sie sehr praktikabel, denn der Kauf einer extra Skitourenausrüstung ist nicht nötig. Auch günstige Felle für Kinderski
gibt es von der Firma Contour (50 Euro).


Tourenski für den ambitionierten Nachwuchs
Auch die ersten Hersteller im Skitourenmarkt stellen sich auf die wachsende Zahl junger Skitourengeher ein. Sie dürften dieses Angebot angesichts der noch immer niedrigen Verkaufszahlen als Investition in die Zukunft betrachten.

Tourenski für Kinder bietet die Firma Hagan. Den Hagan Ride Junior (199 Euro) gibt es ab einer Länge von 125 cm mit der passenden Steg-Bindung Z02 JR (279,99 Euro). Die Ride Jr Klebefelle liefert Hagan für 99 Euro dazu.

Ganz neu am Markt ist Dynafit mit dem SL 80 Kindertourenski (400 Euro) herausgekommen. Ihn gibt es ab einer Skilänge von 129 cm mit der Bindung ST Rotation 7 (450 Euro).

Nach Angaben von Dynafit gibt es noch keine Kinder-Tourenstiefel am Markt. Für die Dynafit-Tourenski und -Bindung werden daher die kleinsten Damenstiefel (Größe 22,5 bzw 36) empfohlen. Nachteil: Sie sind für Kinderbeine oft zu steif und mitunter zu hoch. Die Entwicklung eines Kinder-Tourenschuhs ist aber im Gespräch.

Der Contour startUp Bindungs-Adapter und die Hagan-Bindung funktionieren mit jedem beliebigen Skistiefel, den die Kinder zum Aufstieg offen tragen.

LVS-Geräte können in den Servicestellen des Deutschen Alpenvereins ausgeliehen werden.