- Verhaltener Optimismus für 2024
- Konsumzurückhaltung bei kapitalintensiven Gütern
- Best practice: Fokussierung auf Nischen und flexibler Einkauf
- Mit dem Sport-Ökosystem spielen
- Technologien: Gamechanger für den Handel
- Raus aus der Einbahnstraße mit Omnichannel-Strategien
- Guter Kund*innenservice für perfektes Shopping-Erlebnis
- Loyalty-Programme kurbeln Verkäufe an
- Sustainability Sells: Greenwashing identifizieren
- ISPO Munich 2024 Explorer Networks: Kontakte sind der Schlüssel
Für 2023 generierte die Sportbranche nach Worten des Beratungsunternehmens ein globales Umsatzwachstum von sechs Prozent. Westeuropa schloss mit acht Prozent etwas besser ab – nach einem Rückgang von drei Prozent im Vorjahr. Auch im asiatisch-pazifischen Raum erhole sich die Branche mit einem Wachstum von elf Prozent (minus vier Prozent in 2022), ebenso wie in den USA mit plus sechs Prozent (plus zwei Prozent im Vorjahr). Das höchste Wachstum verzeichne Lateinamerika mit 22 Prozent (plus 20 Prozent im Vorjahr). Als größte Herausforderung nennt McKinsey „makroökonomische Entwicklungen und negative Verbraucherstimmung“. Dennoch zeige sich die Branche robust, denn für das Jahr 2024 sind die von McKinsey und dem Weltverband der Sportartikelbranche WFSGI befragten 85 Unternehmen verhalten optimistisch. Sie hoffen laut dem Report „Sporting Goods 2024 – Time to move” auf ein verbessertes Marktumfeld und neue Branchentrends.
Herausfordernd für die Branche sind derzeit nicht nur die hohen Lagerbestände, die viel Kapital binden, sondern auch die Inflation, die nach wie vor den Konsum bremst. „Ein Quartal mit schwachen Umsätzen“ habe der skandinavische Händler XXL Sport & Villmark hinter sich, wie Kommunikations-Chef Jan Christian Thommesen erklärt. Dies führe er in erster Linie auf die geringe Nachfrage nach kapitalintensiven Gütern zurück. „Wir haben jedoch eine stärkere und wachsende Bruttomarge, was unsere Betriebsergebnisse verbessert hat. Unsere Kosten sind zunehmend unter Kontrolle und rückläufig, und wir sehen eine positive Erholung des Umsatzes von März bis Juni.“ Das Unternehmen bewegt sich nach Worten von Thommesen bei der Umsetzung seiner „Reset- & Rethink“-Strategie kontinuierlich in die richtige Richtung, wobei sowohl die Must Win Battles als auch die Umstrukturierung nach Plan verlaufen. „Unser Hauptaugenmerk liegt jetzt auf dem Umsatz, um XXL bis 2024/25 wieder in Form zu bringen.“ Die Kaufzurückhaltung merkt auch Christoph Krenn von Sport Krenn in Waging a. See: „Die Kund*innen kaufen zwar mehr, aber dafür günstigere Teile. Das konnte ich im August deutlich feststellen.“
Das Zukunftsinstitut prognostiziert, dass der Druck, nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, wächst. Neben dem Aufbau flexibler Strukturen innerhalb der Organisationen sei Flexibilität auch bei der Realisierung von Kund*innenwünschen gefragt. Dies bestätigt Bergzeit-Chef Martin Stolzenberger: „Das Tagesgeschäft im eCommerce und Retail ist oft geprägt von geringen Margen. Entsprechend hoch spürt man den Druck mit Blick auf das Betriebsergebnis. Entspannungsphasen gibt es das ganze Jahr über nicht. Dennoch – dank der konsequenten Fokussierung auf unsere Nische, den guten Operations und unserem flexiblen Einkauf – konnten wir unseren Markt weiter ausbauen und zweistelliges Wachstum (zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr) verzeichnen.“
Die Nachfrage verlagert sich zunehmend weg von einzelnen Produkten hin zu umfassenden gesundheits- und aktivitätsorientierten Lösungen, sagt nicht nur McKinsey. Auch das Zukunftsinstitut konstatiert, dass Erlebnisse und Erfahrungen immer entscheidender würden, das Produkt selbst trete beim Kauf in den Hintergrund. Zudem würden Verbraucher*innen in der Zukunft über weniger Kaufkraft verfügen, sie würden technisch versierter sein sowie nach Halt, Orientierung und Sicherheit suchen. Ihr frei verfügbares Einkommen werden sie nach Worten des Zukunftsinstituts umschichten – von Produkten in Richtung Erlebnisse. Wer also als Händler überleben will und sich zukunftsfähig aufstellen möchte, muss umdenken.
Globetrotter beispielsweise veranstaltet regelmäßig Wandertage in verschiedenen Regionen Deutschlands und Sport-Scheck organisierte bis dato Deutschlands größte und traditionsreichste Stadtlaufserie (unter anderem in Hamburg, München, Leipzig). JD Sports spricht seine Zielgruppe mit Urban- und Street-Events an – 2024 war der britische Einzelhändler sogar Hauptsponsor des etablierten splash!-Festivals in Deutschland.
Es geht aber auch kleiner: Sportgeschäfte in Bergnähe nutzen gerne Skitest-Tage, um ihren Kund*innen die Möglichkeit zu bieten, die neuesten Alpin- oder Tourenski auszuprobieren.
In-Store-Technologien steigern die Customer Experience vor Ort. Bei Bergzeit gibt es zur Lauftyp-Analyse noch ein Sohlenfitting dazu und spätestens dann wissen die Mitarbeiter*innen, welcher Schuh optimal an den Fuß der Kund*innen passt. Noch einen Schritt weiter geht beispielsweise Decathlon: Hier hilft ein RFID-Roboter bei der Inventur. Dieser fährt außerhalb der Öffnungszeiten automatisch durch die Gänge der Filiale und scannt die RFID-Etiketten der Produkte. In Ludwigshafen benötige er für eine Fläche von 4.300 Quadratmetern und 93.000 Produkten ungefähr 3,5 Stunden – eine sportliche Leistung! Anfang 2024 sind bei Decathlon laut Pressesprecherin Nora Lühne schon 64 automatisierte Mitarbeiter im Einsatz. Weitere zukunftsweisende Technologien wie beispielsweise Smart Mirrors, die den Kund*innen in der Umkleidekabine passende Artikel empfehlen, warten auf ihre Implementierung. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz kann die Attraktivität eines Retailers erhöhen und den Verkauf ankurbeln – darin sind sich Expert*innen einig. Sporthändler Krenn kann sich zwar nicht vorstellen, dass irgendwann ein Roboter seine Kund*innen empfängt, aber er sieht in der Digitalisierung seiner Veraltung enorme Vorteile: „Elektronische Lieferscheine, Rechnungskontrolle mit KI und neue Warensysteme sparen mir Zeit, die ich dann wiederum für meine Kund*innen und deren Beratung habe.“
Omnichannel-Ansätze bieten zahlreiche Vorteile für Händler*innen – egal ob online oder stationär. Dazu gehört unter anderem eine „seamless“ Kund*innenerfahrung über verschiedene Kanäle hinweg. Diese erhöht die Kund*innenzufriedenheit und -bindung, optimiert die Verkaufsprozesse und verbessert die Chance auf Umsatzsteigerung. „Wir glauben fest an Omnichannel und eine starke Interaktion zwischen Laden und Online. Deshalb haben wir auch 2023 neue Geschäfte eröffnet (Lillehammer, Skellefteå). Wir werden stets bestrebt sein, bestehende Geschäfte zu optimieren, neue zu bauen und auch unsere Online-Präsenz zu stärken“, sagt Norweger Thommesen. Nach seinen Worten sind die XXL-Läden „die Plattform für unseren Omnichannel-Ansatz, wobei Click & Collect, Ship-from-Store und Bestellung ab Lager die Kernfunktionen sind, die unseren Kund*innen eine führende Customer Journey bieten“. XXL sei mit dieser Strategie der größte Online-Anbieter für Sport und Outdoor in den nordischen Ländern, „eine starke Position, die wir in den Jahren 2024 und 2025 und darüber hinaus weiter ausbauen wollen“.
Der Stellenwert von gutem Kund*innenservice werde vor allem im eCommerce immer wieder sträflich unterschätzt, sagen die Expert*innen von creativestyle in ihrem „E-Commerce Experience Report“ aus dem Jahr 2023. Im stationären Handel seien die Mitarbeiter*innen im Laden ansprechbar und könnten schnell und direkt antworten. Online funktioniere das nicht so einfach. Trotzdem müsse jedem Anbieter im Sport- und Outdoormarkt klar sein, wie wichtig ein perfektes Shopping-Erlebnis ist. Je mehr Kommunikationskanäle zur Wahl stehen, desto besser: Denn mit Kanalvielfalt lässt sich bei Kund*innen punkten. Trotzdem liegt die Sport- und Outdoorbranche laut creativestyle mit durchschnittlich nur zwei Touchpoints je Shop im unteren Durchschnitt.
Ebenfalls ein Pluspunkt für Online-Seller: Kund*innenbindungsmaßnahmen wie beispielsweise der Bergzeit Club. Das Loyalty-Programm wurde im November 2020 ins Leben gerufen. Mit der Registrierung sammeln Mitglieder durch ihren Einkauf, eine Produktbewertung oder das Tracking sportlicher Erfolge über die Apps der Kooperationspartner Strava und Vertical Life Gipfelpunkte. Neben Vergünstigungen oder Gutscheinen bekommen Mitglieder beispielsweise frühen Zugang zu Sales-Aktionen, eine Einladung zu Stammkund*innentage oder sie haben die Möglichkeit, geführte Kurse und Touren zu gewinnen. „Club-Members sind sehr loyale Kund*innen, ihre Bestellfrequenz liegt 15 bis 20 Prozent höher als die von Nicht-Mitgliedern“, verrät Bergzeit-Chef Martin Stolzenberger.
Der Druck, nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, wächst laut Zukunftsinstitut rasant. Hyper-informed Consumers erwarten zunehmend Transparenz und ethisches Verhalten von den Unternehmen, bei denen sie einkaufen. Dies erfordere nachhaltige Praktiken entlang der gesamten Lieferkette. Handelsunternehmen müssten hier mit innovativen Lösungen aufwarten, um sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung zu übernehmen. Bergzeit hat beispielsweise 2020 den MUT-Filter (MUT steht für Mensch, Umwelt, Tier) eingeführt. „Wir stellen fest, dass Nachhaltigkeit zu einem Boom geworden ist und auf Hersteller- und Händlerseite jeder mitspielen will. Gleichzeitig ist es schwierig, nachhaltige Produkte überhaupt zu identifizieren und mögliches Greenwashing zu erkennen“, betont Jule Schneider, People & Sustainability/CSR Manager. Der MUT-Filter mache den ökologischen, sozialen oder tierwohlbezogenen Mehrwert transparent. Er basiere auf von Bergzeit ausgewählten und geprüften, offiziellen Siegeln (zum Beispiel Grüner Knopf, Fairwear Foundation, RWS Down Standard). Inkludiert sei aber auch der Hinweis, dass recycelte Materialien verwendet würden oder das Produkt PFC-frei sei. Schneider: „Über unabhängige Siegel und nachvollziehbare Kriterien decken wir die wichtigsten Kategorien ab – diese beziehen sich meist auf das Material, aber auch auf die Produktionsstätten und den sozialen Umgang mit den Mitarbeitern. Damit schaffen wir vertrauliche Fakten und machen sie für den Endkonsumenten möglichst übersichtlich.“
Das Zukunftsinstitut empfiehlt in seinem Whitepaper „Zukunft des Handels“ jedem Retailer „das Lernen von und Vernetzen mit anderen – Stichwort Explorer Networks“. Diese Netzwerke würden unzählige Chancen bieten, um der Vielzahl an Herausforderungen entgegenzutreten. Wo könnte das besser gelingen als auf der ISPO Munich 2024? Kontakte und Gespräche ergeben sich oft spontan, beim Gang durch die verschiedenen Areas – deshalb auch das Motto „Love Every Contact“. Denn: Every contact pushes you forward! Kontakte sind der Schlüssel zum Erfolg – im Sport wie im Business. Kontakte ermöglichen Erfahrungen, zeigen Lösungen auf, bieten Insights und geben Orientierung.
Fühlen, berühren, erleben: Die ISPO Munich ist auch 2024 wieder ein Stelldichein der Branche – nirgendwo sonst gibt es die Möglichkeit, so schnell, so leicht, so intensiv Händlerinnen und Händler zu treffen sowie neue und altbekannte Brands und deren Neuentwicklungen zu sehen. Chantal Caron, A&P Manager Globetrotter, sagte beispielsweise bei einem ihrer ISPO-Munich-Besuche: „Wir freuen uns auf den persönlichen Austausch mit unseren Partnern und die Möglichkeit auf der Messe auch Marken und Kollektionen anschauen zu können, die wir aktuell in unserem Sortiment nicht führen.“ Mit dabei sind in diesem Jahr unter anderem die Brands Bergans of Norway, Blackroll, Oakley, Fjällräven, Icebug, Polartec und viele mehr – siehe hier: Sneak Peek Ausstellerbrands 2024. Und noch ein Geheimtipp: Das Pickleball- & Padel-Village ist der ideale Treffpunkt, um das neueste Equipment führender Marken testen und Spitzenspieler*innen in Aktion sehen.
Must-visit auf der ISPO Munich 2024: Egal ob Einzelhändler*in oder Unternehmer*in, der Digitize & Retail Hub im Future Lab ist der Place-to-be, der einen profunden Einblick in die Welt der Digitalisierung gewährt. Auf den kuratierten Marktplätzen zu den Themenbereichen Transformation und Digitalisierung bieten Solution Provider, Services, Consulting- und Technologieunternehmen aus den Bereichen Retail, Transformation und Digitalisierung ihre neuesten Ideen und Lösungen. Branchenpioniere geben in den interaktiven Ausstellungsräumen spannende Insights in die digitale Landschaft. Unternehmen aus den Bereichen Handel, Technologie und Digitalisierung zeigen die neusten Trends der Einzelhandels-Technologie.
Eine der größten Herausforderungen der Sportindustrie: Lösungen zu finden, die sowohl den Menschen als auch den Planeten regenerieren. Die Frage ist also, wie der Sporthandel effektiv und nachhaltig auf Veränderungen wie Covid, Kriege und globale Krisen reagieren kann, wie ein verändertes Mindset die Gesellschaft und Umwelt positiv beeinflussen kann und wie gleichzeitig das eigene Risiko verringern werden kann? Von Hightech-Materialien über intelligente Wearables bis hin zu digitalen Innovationen: In dem umfangreichen Rahmenprogramm der ISPO Munich 2024 präsentieren führende Speaker*innen, Unternehmen, Start-ups und Expert*innen visionäre Lösungen, um die Zukunftsfähigkeit der Sportindustrie sicherzustellen und den Sportsektor zu verändern. Ergänzend hierzu findet mit der Sports Tech Nation das wichtigste Gipfeltreffen der Sporttechnologiebranche statt. Die Veranstaltung komplettiert das erweiterte Konferenzprogramm auf der ISPO Munich 2024. Sports Tech Nation bietet eine Plattform für einflussreiche Führungskräfte aus Sport und Technologie, um zusammenzukommen, neue Trends zu diskutieren und die bahnbrechendsten Technologien der Branche kennen zu lernen.
Für Händler*innen, die auf der Suche nach den besten Produkten und Innovationen sind, bieten die renommierten Auszeichnungen – ISPO Award, ISPO Brandnew und ISPO Textrends – eine unverzichtbare Orientierungshilfe. Jedes Jahr wählen Expert*innen aus der Sport- und Outdoorbranche die herausragendsten Produkte aus, die sich durch Innovation, Funktionalität und Nachhaltigkeit auszeichnen. Diese Auszeichnungen dienen als verlässlicher Kompass, um die besten und zukunftsfähigsten Produkte für das Sortiment zu identifizieren. Indem sich Retailer an den prämierten Produkten orientieren, stellen sie sicher, dass sie nur die hochwertigsten und innovativsten Lösungen anbieten, die den aktuellen Marktanforderungen entsprechen. Ehemalige ISPO Brandnew Preisträger, wie GoPro, Naish Kites, Maloja, Nixon oder On prägen heute beispielsweise den Markt.
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