Autor:
Piotr Turkot

Alles, was Sie übers Klettern in China wissen müssen

China und der Fels: Wie Klettern zum Wachstumsmarkt wird

Obwohl Outdoorsport in China noch neu und relativ unbekannt ist, kann dieser Marktsektor eine dynamische Entwicklung verzeichnen. Wenn das so ist, wie steht es dann um den Klettersport?

Klettern erobert sich einen Platz auf dem chinesischen Sportmarkt.
Klettern erobert sich einen Platz auf dem chinesischen Sportmarkt.

Eins steht fest: Es gibt unzählige Kletterfans in China. Zwar liegen keine Angaben zur genauen Zahl der dortigen Kletterer vor, dennoch können wir von bis zu 100.000 aktiven Kletterern ausgehen.

Außerdem zeichnet sich die chinesische Kletter-Community durch eine bemerkenswerte Begeisterung und Leidenschaft aus. 

Schon allein die Tatsache, dass die dritte Ausgabe des „China Rock Climbing Summit“ während der ISPO BEIJING 2017 stattfand, beweist deutlich, dass die Kletterer in China ihren Sport mit großer Hingabe betreiben. Im Folgenden präsentieren wir Ihnen die jüngsten Entwicklungen in der chinesischen Kletterszene.


Überall Felsen, aber nur wenige Kletterer

Liza Di Liu, Redakteurin der chinesischen Ausgabe der Webseite 8a.nu, schätzt die Zahl der Kletterer in China wie folgt: „Wir gehen davon aus, dass es etwa 50.000 Kletterer in China gibt. Wenn wir nur die richtigen Kletterer berücksichtigen, die mindestens ein bis zweimal die Woche klettern gehen und dafür trainieren, sinkt die Zahl auf etwa 10.000.“

Andrew Hedesh lebt und klettert seit vielen Jahren in China. Der Kanadier ist ein großer Fan des berühmtesten chinesischen Klettergebiets, den Karstbergen von Yangshuo, und hat seine Erfahrungen in einem Kletterführer festgehalten, der dieses Jahr erscheint. 

Der „Chinese Rock Climbing Summit“ auf der ISPO BEIJING 2017.
Der „Chinese Rock Climbing Summit“ auf der ISPO BEIJING 2017.

Hedesh bestätigt, dass die Möglichkeiten für Neuerkundungen in China enorm sind. Obwohl Klettern immer beliebter wird, setzen sich nur wenige Kletterer für die Erschließung neuer Routen ein.

Der Klettersport steht in China noch ganz am Anfang. Zwar wollen die Kletterer an der Schaffung ihrer eigenen Kletter-Kultur teilhaben, dennoch konzentrieren sich viele von ihnen lediglich auf die wirtschaftlichen Aspekte der Entwicklung.

Dabei sei es, wie Hedesh betont, sehr wichtig, den Sport auch in anderer Form zu unterstützen, wie beispielsweise durch den Austausch alter Haken in Klettergebieten, die bereits vor über 10 Jahren eröffnet wurden.   

Wo kann man klettern?

Den meisten Kletterern sind bekannte Gebiete wie Yangshuo (Provinz Guangxi) und Getu (Provinz Guizhou) ein Begriff. Sie wurden durch Kletterevents wie den Petzl RocTrip in Getu bekannt gemacht und sind nun Aushängeschilder der chinesischen Kletterszene.

Darüber hinaus gibt es jedoch viele andere Kletteroptionen. Das Potenzial ist nahezu unbegrenzt und neue Regionen werden nach und nach entdeckt und erschlossen.

Dabei gibt es für jeden Stil das passende Angebot: vom Bouldern in Qingdao (Shandong) und Daocheng (Sichuan) über traditionelles Klettern in Liming (Yunnan), Keketuohai (Xinjiang), Guoliang (Henan) und einem relativ neuen Spot in Zhangjiajie (Hunan) bis hin zu Sport-Kletter-Felsen wie in Kunming und Shigu (Yunnan).

Ein besonders interessantes Gebiet, das eine Mischung aus Sport,- Eis- und traditionellem Klettern bietet, ist Baihe nahe Peking. 

Die besten Kletterer

Zu Chinas männlicher Kletterelite zählen Liu Yongbang (Abond), Wei Guang Guang (Da Wei) und Wang Qinghua, die weibliche Szene wird von Weijun Huang und Renqin Lamu dominiert.

Eine der berühmtesten Kletterrouten in Yangshuo, „Spicy Noodle“ (8c+), wurde 2010 von Liu Yongbanga und 2013 von Wei Guang Guang durchstiegen. 2012 bewältigte Wang Qinghua „Red Point Dinner (Meal)“,eine Route, deren Schwierigkeitsgrad ursprünglich auf 9a geschätzt, später dann auf 8c+ zurückgestuft wurde. 

Die schwierigste Route, die von einer Frau durchgestiegen worden ist, ist „China Climb“ (8c), absolviert von Weijun Huang (Jun Bao). Beste Wettkampfklettererin ist Renqin Lamu aus Tibet, die kürzlich Asienmeisterin 2017 wurde, sowohl im Bouldern als auch im Sportklettern.

Die oben genannte Route „Spicy Noodle“ wurde 2009 von Chris Sharma erschlossen und ist so schön, dass sie Kletterer aus aller Welt anzieht. Sie wurde kürzlich von zwei Frauen begangen: der bekannten koreanischen Klettererin Jain Kim (Dezember 2016) und der Polin Aleksandra Przybysz (Januar 2017).

Über die polnische Klettererin lohnt es sich, ein paar Worte zu verlieren. Przybysz lebt seit Jahren in China und leitet dort eine Firma, die Outdoor-Events organisiert. Sie ist eine einflussreiche Persönlichkeit in der chinesischen Klettercommunity: Sie wiederholt die schwierigsten Linien, erschließt neue Routen und erkundet eine Vielzahl interessanter Klettergebiete, sowohl für das Sport- als auch für das traditionelle Klettern.

Kailas – der Kletterexperte aus China

Was etwas spezialisierteres Outdoor-Equipment, Kletterausrüstung und -bekleidung angeht, ist Kailas der unbestrittene Marktführer in China.

 

Kailas war Aussteller auf der ISPO BEIJING 2017.
Kailas war Aussteller auf der ISPO BEIJING 2017.

Kailas konzentriert sich nicht ausschließlich auf den chinesischen Markt, wo das Unternehmen seine Produkte in über 500 Shops und 100 Monobrand-Stores verkauft, sondern versucht auch, in Europa und den USA Fuß zu fassen, sponsert Kletterwettkämpfe und Filmfestivals. 

Kailas fertigt technologisch fortschrittliche Produkte wie Eisgeräte, Gurte, Helme, Expressen, Seile usw. Viele dieser Produkte wurden bereits auf der ISPO MUNICH ausgezeichnet. 

Kletterzentren brauchen Nachwuchs

Trotz hervorragender Aussichten zeichnet sich eine leichte Stagnation der chinesischen Kletterbranche ab, ebenso wie im gesamten globalen Outdoorsektor. Viele Kletteranlagen haben mit Kundenmangel zu kämpfen. Kletterkurse und die Förderung des Klettersports bei den Kleinsten könnten hier für Abhilfe schaffen. 

Liz Di Liu bestätigt dies: „Ich mache mir große Sorgen um alle, die ihr Geld in Kletteranlagen investiert und sie mit Leidenschaft und Hingabe betrieben haben. Leider ist die Branche mittlerweile sehr anspruchsvoll geworden. Viele Inhaber verfügen nicht mehr über die finanziellen Mittel, um in ein Geschäft zu investieren, das nicht zu 100 Prozent rentabel ist. Kletteranlagen haben es zurzeit extrem schwer. Wenn sie bestehen, dann nur, weil sie sich ihre Zukunft mit Kursen für Kinder und Teenager sichern.“ 

Weltcup begeistert vom China

Obwohl Kletteranlagen offensichtlich Schwierigkeiten haben, erfreuen sich Kletterwettkämpfe großer Beliebtheit. Jedes Jahr finden mehr als 25 verschiedene Events statt, von nationalen Meisterschaften über Amateur-Events bis hin zu Weltcups.


2017 kommt der Boulder- und Speedkletter-Worldcup wieder nach Chongqing (22. bis 23. April) und Nanjing (29. bis 30. April). Im Herbst treten dann Sport- und Speedkletterer in Wujiang (7. bis 8. Oktober) und Xiamen (14. bis 15. Oktober) gegeneinander an. 

Ein weiterer wichtiger Faktor zur Förderung des Klettersports und zur Stärkung der Community sind die Kletterfestivals in Yangshuo, Getu und Liming (Festival für traditionelles Klettern).

Jedes Jahr ziehen sie hunderte Kletterfans an und beweisen, dass Klettern in China trotz der derzeitigen Schwierigkeiten immer beliebter wird.

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Piotr Turkot



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