Drei Kinder, dreimal geschieden – Gordon Herbert sagt von sich selbst, dass die Zahl 3 in seinem Leben eine wichtige Rolle spielt. Aber neben seinem Privatleben denkt er auch sportlich gern in Dreier-Schritten: Nach Bronze bei der Heim-EM 2022 und dem Gewinn der Basketball-Weltmeisterschaft 2023 wäre eine olympische Medaille 2024 sein dritter Coup als Coach der deutschen Korbjäger in drei Jahren. „Das ist unser Ziel“, sagt der 65-Jährige. Und er verrät im Gespräch auch seine Taktik, dorthin zu kommen.
„Vor der WM haben wir über drei Punkte gesprochen, die wir besser machen müssen. Ich habe diese Punkte immer wieder betont.“ Denn drei könne man sich besser merken als fünf oder sieben Dinge, die es zu verbessern gilt. „Vor Olympia gehen wir nach dem gleichen Prinzip vor.“ Dabei liege die größte psychologische Hürde darin, sich nicht auf dem Erfolg des letzten Sommers auszuruhen, sondern besser werden und sich selbst zu glauben, dass das Team noch mehr erreichen könne.
Herbert greift für seinen Trainerjob oft auf sportpsychologisches Wissen aus seinem Studium zurück, aber auch auf Kniffe, die er von seinen Spielern oder von anderen Trainern gelernt hat. Obwohl der Kanadier sich selbst eher als „Hockey-Guy“ bezeichnet und lieber Eishockey statt Fußball schaut, hat er sich dennoch von Fußball-Coaches das eine oder andere abgeschaut. Seine Prämisse: „Egal ob du im Fußball, Basketball oder Eishockey tätig bist – du kannst als Coach meistens Dinge von anderen auf deinen Sport und Stil übertragen. Man hört nie auf zu lernen.“
Auch für ihn selbst ist es wichtig, sich auszutauschen und auf Sparringspartner und Mentoren zurückzugreifen, wenn er etwas durchsprechen oder eine Meinung hören will. „Du brauchst keine sieben oder acht, aber du brauchst zwei oder drei Leute dafür.“ Daraus entstand seine Philosophie und vor allem auch die Vision, mit der er die Nationalmannschaft coacht. „Ich glaube fest daran, dass der Druck nicht größer sein darf als die Freude an der Sache. Genau das haben wir auch mit dem Nationalteam versucht."
In seinen Worten scheint durch, wie wichtig ihm die Kommunikation zwischen Team und Trainer ist. Aber Herbert betont auch, wie bedeutend es ist, die individuellen Fähigkeiten der Spieler auf dem Platz hervorzubringen und daraus ein harmonierendes Team zu bauen. Von der Qualifikation bis hin zum Turnier schaffen es naturgemäß nicht alle Kandidaten ins Team. Einige Spieler müssen gecuttet werden. Auch mit ihnen pflegt Herbert intensiven Kontakt. Er erklärt: „Es waren ja um die 30 Spieler, die uns geholfen haben, die Quali zu schaffen, dann aber nicht Teil des finalen Kaders waren. Diese Spieler waren auf unserem Weg auch enorm wichtig und sollten nicht vergessen werden.“ So eine Anerkennung ist für das Teamgefüge sehr wichtig, da der Basketball-Coach mit vielen extrem talentierten jungen Leuten arbeitet, die auch aufgrund ihrer großen Egos und starken Charakterzüge überhaupt so erfolgreich werden konnten – siehe Kapitän Dennis Schröder. Diese gilt es zu managen.
„Ich habe einen Eishockey-Background, deshalb mag ich auch Spieler, die mit Ehrgeiz und Enthusiasmus dabei sind. Ich zähme also lieber einen Löwen, als einer Katze das Brüllen beizubringen. Mir macht es weniger aus, wenn es ein paar Konflikte und Wettkampf gibt, als wenn ich die Spieler dazu anstiften muss, stärker zu fighten und härter zu spielen. Manchmal kreiert man als Trainer sogar solche Konflikt-Situationen, um zu sehen, ob die Spieler resilient genug sind oder nicht."
Als Person und Trainer strahlt Gordon Herbert eine unglaubliche Ruhe aus. Er geht gern Lachs fischen, hat ein Haus in Finnland, wo er als Spieler lange aktiv war, und würde sich selbst als Outdoor-Person bezeichnen, die die Natur liebt und Städte und Verkehr hasst. Der Trubel am Rande des Parketts in der Basketballhalle macht ihm dagegen nichts. „Als Coach bin ich im Tunnel, kriege davon gar nicht so viel mit. Das ist eher etwas, was man auf den Rängen bemerkt. Ich konzentriere mich aufs Spielfeld und die Spieler, was drumherum passiert, bemerke ich gar nicht.“
Sieht man, wie ausgeglichen Herbert heute als Person und Trainer wirkt, fällt es schwer sich vorzustellen, wie er früher am Spielfeldrand ausgeflippt ist. „Als junger Trainer habe ich mich oft von meinen Emotionen übermannen lassen. Aber um ein Team zu führen, braucht man das nicht unbedingt. Das sagt auch sehr viel über das deutsche Nationalteam aus, denn ich musste Leistung und Teamwork nie einfordern. Wenn du das einfordern musst, treten Gefühle mehr in den Vordergrund.“ Manchmal würde er seine Emotionen gern anders transportieren, aber als Trainer sei es ihm vor allem wichtig, authentisch zu sein.
Nach Fußball ist Basketball weltweit die beliebteste Sportart. Dennoch sieht Gordon Herbert in Deutschland noch Wachstumspotential: „Durch den Weltmeistertitel sind die Zuschauerzahlen in der Basketball-Bundesliga gestiegen und mehr Kinder haben angefangen zu spielen. In zwei oder drei Jahren müssen wir schauen, ob es so weitergeht.“ Den Olympischen Spielen in Paris bezeugt er dabei eine wichtige Rolle, und er erwartet spannende Partien: „Serbien wird mit Nicola Jokić besser sein, die USA kommen mit LeBron James und Co., Kanada und Australien haben zehn bis zwölf NBA-Spieler. Die Franzosen werden als Ausrichter motiviert sein, dann wird sich Griechenland wahrscheinlich qualifizieren und auch Spanien – das wird super für den Basketball! Das kann eine außergewöhnliche Möglichkeit sein, um als Sport zu wachsen.“
Auch die aus Sicht des europäischen Publikums günstigen Spielzeiten machen einen Unterschied. Ob er sich selbst als Trainer dabei sehr unter Druck setzt, verneint er aber. „Ich will die Zeit mit dem Team genießen, denn als Trainer waren das die besten Momente in meinem Leben. Was mit den unvergleichlichen Spielern zusammenhängt, die wir haben."
„Unsere Welt ändert sich die ganze Zeit, egal ob im Business oder im Sport. Meine Message wäre also, sich kontinuierlich anzupassen. Kreativ zu werden und out-of-the-box zu denken, gehört dabei dazu.“ Er selbst mache das nicht oft genug. Deshalb umgibt sich Herbert gern mit kreativen Menschen und deren Ideen. Diese neuen Perspektiven, die der Sport laufend braucht, bezieht er auch auf den Basketball: „Auch in der NBA vollzieht sich ein Wechsel. Die alten Hardliner werden weniger, dafür kommt ein anderes Trainerkaliber nach. Ich war zu Beginn meiner Trainerkarriere selbst einer dieser Hardliner. Aber die Landschaft verändert sich. Und deshalb müssen auch wir uns verändern. Denn die Landschaft macht, was sie will.“
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