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Für Kinder sind Berge ein Abenteuerspielplatz – vor allem, wenn sie auf einer Hütte übernachten dürfen

Hoch hinaus: Mit Kindern auf Hütten

  • Ute Watzl
  • 27. August 2019

Für Kinder sind die Berge ein Abenteuerspielplatz – vor allem, wenn sie auf einer Hütte übernachten dürfen. Wer im Vorfeld richtig plant, hat die besten Voraussetzungen für einen Traumtrip. OutDoor Society gibt in der Reihe "Mit Kindern unterwegs" Tipps. Teil 2: Hüttenwandern mit Kindern.


„Komisches Hotel, so winzige Zimmer!“ Die fünfjährige Lara sieht sich skeptisch um in dem Raum, den sie gerade mit ihren Eltern bezogen hat. Das vermeintliche Hotel ist eine Berghütte auf 2124 Metern, und das Zimmer hat vier Betten. Die Familie hat es für sich allein. Damit hat Lara noch Glück. Dass das auf einer Berghütte purer Luxus ist, weil man hier oft nur Platz in größeren Matratzenlagern findet, nimmt die Kleine staunend zur Kenntnis.

Überhaupt sind die Überraschungen zahlreich an diesem ersten Tag. Suchende Blicke schon auf dem Wanderparkplatz: Wo ist jetzt unser Hotel? Doch dorthin kann man nicht mit dem Auto fahren. Die Hütte muss erwandert werden, mit Rucksack und Familiengepäck für zwei Tage. Ein wenig irritiert marschieren die Kinder los über einen von Alpenrosen gesäumten Pfad und mit jeder Kurve wächst die Spannung, wann sich die Hütte wohl zeigen wird. Bis die Rastkogelhütte endlich ins Blickfeld gelangt und, so einsam gelegen hoch auf dem Berg, für Begeisterung sorgt: „Wie kommt das Haus hier hoch? Wohnen da Leute drin?“

Mit Kindern unterwegs: Wandern mit Kindern: Spielpausen schlagen jedes Panorama

Wie kommt das Haus da hoch? Hüttenübernachtungen sind für Kinder ein unvergessliches Abenteuer.
Wie kommt das Haus da hoch? Hüttenübernachtungen sind für Kinder ein unvergessliches Abenteuer.

Nachts am Berg bleiben

Für Kinder sind ja schon Bergwanderungen allein aufregend. Aber eine Nacht auf der Hütte wird zum Abenteuer. Noch besser, wenn man dieses mit anderen Kindern teilen kann. Dann heißt es: Bis in den Abend mit Freunden herumtoben und die Umgebung der Hütte erkunden, statt hektisch an den Rückweg erinnert zu werden. Denn wenn andere Wanderer wieder ins Tal müssen, um pünktlich im Rückreisestau zu landen, können Hüttenbewohner die Ruhe auf dem Berg erst so richtig genießen. 

Und auch die Kleinsten machen große Augen, wenn die Schatten der umliegenden Gipfel in der untergehenden Sonne immer länger werden. Für bleibende Erinnerungen ist also gesorgt, allein schon wegen des Erlebnisraums, den die Hütte und ihre Umgebung bietet.

Auf dem Berg spielt sich's gut: Abseits der urbanen Hektik können sich die Kleinen in der Natur austoben.
Auf dem Berg spielt sich's gut: Abseits der urbanen Hektik können sich die Kleinen in der Natur austoben.

Abenteuer Hütte

Einige Berghütten setzen ganz bewusst auf Familien und auf den Erlebnishunger von Kindern. Familienfreundlichkeit zeigt sich dann, wenn die Hütte bequem erreichbar ist, also keinen allzu langen Zustieg erfordert, und genügend kleinere Zimmer hat. Um sie herum sollten außerdem keine unmittelbaren Gefahren wie steile Abhänge drohen. Auch ein Spielplatz, ein Bach oder Tümpel sowie weitläufige Spielwiesen und ungefährliche Wandertouren in der Nähe kennzeichnen beispielsweise die Alpenvereinshütten mit dem Gütesiegel „Mit Kindern auf Hütten“.

Die Rastkogelhütte ist eine von ihnen, eingebettet zwischen sanften Hängen und umgeben von Wanderpfaden, die zu den umliegenden Gipfeln führen: Rosskopf, Kreuzjoch, Rastkogel. Von der Hüttenterrasse aus schaut man übers Tal hinweg zu den ganz Großen des Zillertals. Großer Löffler, Schwarzenstein, Gigalitz, alles schneebedeckte Dreitausender. Dafür haben die Kinder keinen Blick. Die stürmen die Zimmer, erklimmen statt der Gipfel die oberen Etagen der Doppelstockbetten. Zunächst gibt es nichts Spannenderes, als das eigene Zimmer und das der Freunde zu erkunden. Danach folgt gleich das gut ausgestattete Spielzimmer.

Draußen wäre jetzt noch ein kleiner Bach zu erforschen, doch der muss warten bis morgen. Zehn Uhr abends ist Schluss mit Toben: Hüttenruhe! Und 7.30 Uhr gibt’s schon Frühstück. Das hat Kathi, die Hüttenwirtin, mit Nachdruck zu verstehen gegeben. „Mama, die sind aber streng hier“, moniert der vierjährige Sohn. Doch der Alltag auf 2000 Metern ist gut durchgetaktet und lässt wenig Spielraum für Sonderwünsche.

Übermütig rennen die Kinder los. Kräfte einteilen? Es hat wenig Zweck, Kindern das zu erklären. Bei den ersten Murmeltierhöhlen bleiben sie sowieso stehen.

Von der Hütte zum Gipfel

Der nächste Morgen beginnt trüb. „Mama, die Berge sind weg“, stellt der Sohn beim Blick aus dem Fenster fest, alles grau in grau. Doch dann legt die Sonne Stück für Stück den Himmel wieder frei. Dass er diesen Nebel hier oben vom Tal aus gewöhnlich als Wolke wahrnimmt und wir jetzt in einer solchen sitzen, übersteigt sein Vorstellungsvermögen. „Das sollen Wolken sein“, ruft er und schaut zu, wie einzelne Nebelschwaden den Berghang hinaufkriechen.

Das Tagesziel ist das sichtbare Gipfelkreuz am Kreuzjoch (2336 Meter). Übermütig rennen die Kinder los. Kräfte einteilen? Es hat wenig Zweck, Kindern das zu erklären. Bei den ersten Murmeltierhöhlen bleiben sie sowieso stehen. Außerdem laden kleine Tümpel zum Molche-Fangen ein, Felsbrocken zum Klettern. Noch eine Kraxeleinlage und das Kreuz ist erreicht. Die Belohnung zeigt sich in Gestalt eines dicken Murmeltiers unterhalb des Gipfels. Kind und Tier betrachten einander wachsam, bis sich der pelzige Geselle in seine Höhle trollt.

Kommentar: Themenwanderwege? Lasst die Natur lieber für sich sprechen!

Auf dem Weg zum Gipfel können Kinder immer wieder Interessantes am Wegesrand entdecken.
Auf dem Weg zum Gipfel können Kinder immer wieder Interessantes am Wegesrand entdecken.
So vergehen fünf Stunden bis zur Rückkehr für eine Wanderung, die Erwachsene in zwei Stunden meistern. Doch diese Zeit muss man den Kleinen geben. Nur so wird aus einer eher öden Wanderung ein spannendes Erlebnis.

Gipfelglück mit Kindern

Und was die Kleinen hier oben mitten im Hochsommer nicht erwartet hätten: Schnee! Das kleine weiße Feld wird sofort in Beschlag genommen für Rutschübungen und eine Schneeballschlacht. So vergehen fünf Stunden bis zur Rückkehr für eine Wanderung, die Erwachsene in zwei Stunden meistern. Doch diese Zeit muss man den Kleinen geben. Nur so wird aus einer eher öden Wanderung ein spannendes Erlebnis.

Nach einer Nacht auf einer Hütte liegt der Gipfel auch für Kinder in Reichweite, ganz ohne Seilbahn. Gipfelkreuz und die alpine Abenteuerwelt bleiben kein Privileg der Großen. Dass man dafür nicht den Komfort eines Hotels genießt, dass es keine (kostenlose) Warmwasser-Dusche, keine Steckdosen fürs Smartphone im eigenen Zimmer gibt, und auch keine eigene Toilette und Dusche – das alles stört, wenn überhaupt: nur die Eltern. Für die Kinder zählt das Abenteuer – auch ohne vier Sterne, Schwimmbad und All Inclusive.

Auf Tuchfühlung mit der Natur: Die Kleinen können in freier Wildbahn endlich hautnah erleben, was sie sonst nur aus dem Klassenzimmer kennen.
Auf Tuchfühlung mit der Natur: Die Kleinen können in freier Wildbahn endlich hautnah erleben, was sie sonst nur aus dem Klassenzimmer kennen.

Bergferien mit dem Alpenverein

Zahlreiche Hütten des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins bieten in den Sommerferien spezielle Familienwochen samt Kinderprogramm und -betreuung. Gemeinsam gehen die Familien klettern, mit Lamas oder Fackeln wandern, machen Lagerfeuer, oder verbringen eine Nacht unter freiem Himmel. Während die Kinder betreut werden, können Eltern auch allein auf Tour gehen.

Von Hütte zu Hütte

Auch mehrtägige Touren lassen sich mit Kindern unternehmen. Die Eltern müssen dabei nur an einige Dinge denken:

  • Das tägliche Aus- und Einpacken mit Kindern ist aufwendiger und das Mehrtagesgepäck muss auch für die Kinder getragen werden.
  • Die Betten bzw. Lager sollten im Voraus gebucht sein.
  • Für die Tourenwahl sollte bedacht werden, dass die Hütten an der Strecke alle kinderfreundlich sind.

Buchtipps

  • „Wander- und Hüttenurlaub. Trekking für alle“. Von Birgit Eder. Wandaverlag, 18,90 Euro. 32 Mehrtagestouren für Familien in Bayern, Südtirol und Österreich.
  • „Hüttenwandern mit Kindern: Abenteuer zwischen Zugspitze und Königssee“. Von Michael Kleemann, Berg-Verlag, 17,95 Euro.
  • „Meine Berge – Tourenbuch für Kinder“. Von Ute Watzl, Zwerg am Berg Verlag, 9,99 Euro.