Health/30.04.2021

Zwischen Home-Office und Home-Workout: Wie Unternehmen die Mitarbeitergesundheit fördern

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Die Corona-Pandemie hat unser Leben und die Art, wie wir arbeiten, auf vielfältige Weise verändert. Nach über einem Jahr in dieser Ausnahmesituation ist klar, Arbeitgeber übernehmen Verantwortung, müssen ihre Initiativen im Corporate Health Management aber auf die neuen Gegebenheiten nachhaltig anpassen. ISPO.com hat mit wellabe Mitgründer Michael Theodossiou über die aktuellen Herausforderungen und konkrete Tipps und Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) zur Stärkung der Gesundheit gesprochen.

Frau an Laptop
Betrieblichen Gesundheitsmanagements im Home Office: Maßnahmen für die Verbesserung der Mitarbeitergesundheit.

ISPO.com: Herr Theodossiou, wir hören aktuell viel über neue Herausforderungen während der Pandemie. Welche spielen für Beschäftigte derzeit eine besondere Rolle?

Michael Theodossiou: Erste Studien zeigen, dass die gesundheitliche Belastung während der Pandemie deutlich zugenommen hat. Die Sorge um das persönliche Wohlergehen und das von Freunden und Familie, die Angst vor Kurzarbeit oder Jobverlust, die heimische Isolation und die damit verbundene mangelnde Trennung von Arbeits- und Privatleben, treibt viele Menschen an ihre Belastungsgrenzen. Hinzu kommen geschlossene Fitnessstudios, die Arbeitswege, die wegfallen und weniger Freizeitaktivitäten. Das führt bei einem Großteil der Bevölkerung zu einem massiven Bewegungsmangel. Daher fällt es Beschäftigten zunehmend schwer, abzuschalten und Körper und Psyche die so wichtigen Erholungspausen zu gewähren. Arbeitgeber können hier gezielt ansetzen und ihre Beschäftigten mit konkreten Maßnahmen unterstützen.

Interview mit wellabe Mitgründer Michael Theodossiou.
Bildcredit:
wellabe

Gleichermaßen ergeben sich Herausforderungen für Arbeitgeber - mit welchen sehen sich Unternehmen gerade konfrontiert? 

Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit in Betriebliches Gesundheitsmanagement investiert, können ihre Maßnahmen jetzt aber nicht mehr wie geplant umsetzen, weil beispielsweise der Großteil der Beschäftigten im Home-Office arbeitet. So können zum  Beispiel das gesunde Kantinenangebot und gesundheitsfördernde Aktionen am Arbeitsplatz nicht bzw. nur noch eingeschränkt genutzt werden. Auch Investitionen in Firmensport-Angebote oder die Finanzierung von Fitnessstudio-Mitgliedschaften verpuffen.

Einige Unternehmen reagieren auf diese Widrigkeiten, indem sie entsprechende Maßnahmen aktuell aussetzen - was halten Sie davon? 

Das halte ich für den falschen Weg. Wenn uns die Krise eines gelehrt hat, dann ist es die hohe Bedeutung der eigenen Gesundheit. Ein Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM hilft, Belastungen zu minimieren und die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu stärken. Betriebe, die seit jeher aktiv Gesundheitsförderung betreiben, sind heute klar im Vorteil. Sie haben vielfach schon Strukturen geschaffen, um die Arbeit stressfrei zu gestalten. Sie können mit den neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel der ständigen Erreichbarkeit, besser umgehen. Das kommt ihnen in der Krise zugute. Außerdem wünschen sich Angestellte gerade jetzt die Unterstützung durch ihren Arbeitgeber und wissen Initiativen in diesem Bereich besonders zu schätzen. Für Unternehmen wird die Krise zur Chance, sich stärker um das Wohl der Beschäftigten zu kümmern. So können Mitarbeitende langfristig an das Unternehmen gebunden und die Arbeitgebermarke nachhaltig gestärkt werden. Auch wenn sich die Rahmenbedingungen geändert haben, kann ein erfolgreiches BGM umgesetzt werden.

Sport und Bewegung helfen gegen Stress und führen langfristig zu mehr Entspannung und einem ruhigeren Lebensstil.
Als BGM Maßnahme können Unternehmen beispielsweise zu Schritt-Challenges aufrufen und dadurch aktive Pausen und Bewegung an der frischen Luft fördern.
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fizkes / Shutterstock.com

Was zeichnet für Sie ein gutes bzw. erfolgreiches BGM aus? 

Ein erfolgreiches BGM zeichnet sich insbesondere durch eine hohe Teilnehmeraktivierung aus. Um das zu erreichen, braucht es BGM Maßnahmen, die sich flexibel in den Alltag des Einzelnen integrieren lassen und eine thematische Breite haben, bei der idealerweise die Schwerpunkte Bewegung, Ernährung und mentale Gesundheit abgedeckt werden.

Und wie kann diese hohe Teilnehmeraktivierung erreicht werden, wenn diese Maßnahmen aktuell nicht umzusetzen sind? 

Wichtig ist es, die Situation der Beschäftigten zu kennen und zu verstehen, welchen Rahmenbedingungen BGM-Maßnahmen heute Rechnung tragen müssen. Dazu kann es hilfreich sein, eine Mitarbeiterumfrage aufzusetzen, um aus erster Hand zu erfahren, welche Initiativen gerade gewünscht sind. 

Grundsätzlich erreicht man derzeit möglichst viele Angestellte im Home-Office, indem man orts- und zeitunabhängige Maßnahmen anbietet. Dies gelingt insbesondere durch digitale Kanäle. Haben vorher Präsenzveranstaltungen zu Gesundheitsthemen stattgefunden, können die Inhalte jetzt aufgezeichnet und so jederzeit On-Demand abgerufen werden. Auf Events muss man nicht zwingend verzichten. Gemeinsame Kochkurse können beispielsweise auch gut virtuell stattfinden. 

Mit sogenannten Home-Tests können Beschäftigte ihren aktuellen Gesundheits-Status quo im heimischen Umfeld ermitteln. So können beispielsweise mittels einer smarten Waage verschiedene Körperwerte wie Muskelmasse und BMI erhoben werden. Dies macht zum einen möglicherweise vorhandene bzw. entstandene Risikofaktoren deutlich und veranschaulicht gleichzeitig sehr konkret die Fortschritte, die man erzielt - das steigert deutlich die Motivation “am Ball zu bleiben”. Wichtig ist, solche Aktionen in ein ganzheitliches Angebot einzubetten und die erhobenen Gesundheitswerte beispielsweise im Rahmen virtueller Experten-Coachings und -Beratungen zu erklären. So kann ein individuelles und fachgerechtes Programm zur nachhaltigen Verbesserung der Werte erstellt werden.

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Wenn es um das Thema Gesundheit geht, spielen insbesondere Bewegung und Sport eine große Rolle. Wie können Arbeitgeber Aktionen für mehr körperliche Betätigung implementieren? 

Oft sind es kleine Initiativen, die schon große Wirkung zeigen. Werden sogenannte spielerische Aspekte der Gamification oder Gruppen-Challenges umgesetzt, steigert das die Teilnahmequote. Unternehmen können beispielsweise zu Schritt-Challenges aufrufen und dadurch aktive Pausen und Bewegung an der frischen Luft etablieren. Beschäftigte können sich dazu mit Kollegen in ihrer Nähe zusammentun, um auch in Corona-Zeiten, unter Berücksichtigung der Abstandsregel, gemeinsame Pausen zu verbringen und ihre Schritt-Ziele zu erreichen. Das stärkt zudem das Gruppengefühl und sorgt für entsprechende Erholung. 

Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der körperlichen Betätigung im Home-Office sind kollektive, virtuelle Sporteinheiten. Dies können beispielsweise gemeinsame Stretchingpausen nach dem Mittagessen, geführte Yoga-Kurse oder gemeinsame Trainingseinheiten sein. Die Teilnehmerzahl wird erhöht, wenn für diese Sporteinheiten Zeit während des Arbeitsalltags eingeräumt wird. Bestenfalls kann dabei auf spezielles Equipment verzichtet werden. Das senkt die Einstiegsbarrieren.

Welche Tipps für Arbeitgeber haben Sie darüber hinaus zur Stärkung der Erholung der Beschäftigten in der jetzigen Situation? 

Der erste Schritt liegt in einer offenen Kommunikation und einer Arbeitskultur, in der deutlich wird, dass das Abschalten vom Arbeitsalltag und Erholungspausen nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht sind. Führungskräften kommt hier eine Vorbildfunktion zu. Neben den generellen Arbeitsstrukturen hat vor allem sie großen Einfluss auf die kör­perliche und seelische Gesundheit der Mitarbeiter. Wer als Führungskraft die eigene Gesundheit vernachlässigt, vermit­telt auch gegenüber Mitarbeitenden keine Offenheit für einen gesunden Lebensstil. Unternehmen unterstützen die Erholung ihrer Beschäftigung zudem durch flexible Arbeitszeitmodelle und Pausenregelungen. Sind diese grundsätzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, kann mit konkreten Maßnahmen nachhaltig die Erholung der Beschäftigten in dieser Ausnahmesituation sichergestellt werden.

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