
Wie Herr Angel erklärte: „Die Designer fangen an, sich Gedanken über die Wertschöpfungskette zu machen und entwickeln folglich Ideen, wie das System hinter den Produkten smarter, effizienter und umweltfreundlicher gestaltet werden kann.“
Wir sind in Sachen nachhaltigere Lebensführung im Alltag schon sehr weit und schützen durch die Nutzung von Elektroautos, geruchshemmender Bekleidung, Recycling von Kunststoffen aus Haushalten und die Beschaffung umweltfreundlicher Produkte auf allen Ebenen wertvolle Ressourcen.
Die Säuberung unserer Meere von Plastik und Recyclingprodukten ist ein aktuelles Thema, dem sich viele Initiativen widmen. Zu den bekanntesten zählt der Parley Schuh von Adidas, von dem bereits mehr als eine Millionen Paar verkauft wurden. Der spanische GarnherstellerSeaqual sammelt Müll aus dem Meer und stellt daraus Garn her, das von vielen Spinnereien verwendet wird. Das von der Visleer Foundation entwickelte Nyvidd Fischleder geht einen Schritt weiter, da es aus Nebenprodukten der Fischindustrie hergestellt wird.

Fischleder ist nichts Neues und wird in Island bereits seit Jahrhunderten für die Schuhherstellung verwendet. Als Abfallprodukt der Fischindustrie ist Fischleder dünn, elastisch und wasserabweisend und aufgrund der ineinander verwobenen Fasern außerdem reißfester als herkömmliches Rindsleder. Die spezielle Oberfläche ermöglicht zudem innovative Finishes und eine spezielle Reptilien-Optik, weshalb sich Fischleder als Ersatz für die früher auf dem Luxusmarkt verwendeten und mittlerweile verbotenen exotischen Lederarten eignet. Die Visleer Foundation strebt danach, Fischleder als Alternative auf dem Markt zu etablieren, insbesondere als alternatives Material für den Luxusledersektor.
Keramik ist im Textilsektor durch mikro-ummantelte Garne und Finishes mit thermoregulierenden Eigenschaften kommerziell entwickelt worden. Justina Moceviciute, die Designerin hinter Claything erforschte, wie ein festes Material in eine bewegliche textile Oberfläche umgewandelt werden kann. Claything besteht aus miteinander verbundenen Tonperlen, die mithilfe einer speziellen Stricktechnik und Stretchgarnen zu einer Oberfläche verarbeitet werden. Ton wird zwar schon seit Jahrhunderten genutzt, für die Textilindustrie bietet er jedoch immer noch Potenzial zur Entwicklung neuer Ideen, insbesondere, da Ton ein natürliches und recycelbares Material ist.

Angesichts der vielen Alternativen für künstliche Farbstoffe, die der Textilsektor weiterhin hervorbringt, wie EarthColors von Archroma, haben Laura Luchtman und Ilfa Siebenhaar das Forschungsprojekt Living Colour angestoßen, das sich mit der Farbherstellung mithilfe von Bakterien beschäftigt. Das Designerduo platzierte Petrischalen mit Bakterienkulturen und Stoffe auf Lautsprecher und vermehrte die Bakterien durch hochfrequente Töne, sodass mithilfe von Vibrationen batikähnliche und gleichmäßige Muster auf dem Stoff entstanden.

Die Designerin Billie van Katwijk war fasziniert, als sie zum ersten Mal einen Rindermagen sah – dabei wusste sie anfangs gar nicht, worum es sich handelte. Aber dann wurde ihr klar, dass Rindermagen, der in manchen Ländern als kulinarische Spezialität gilt und in anderen zu Hundefutter verarbeitet wird, eine einzigartige Struktur und Textur aufweist. Außerdem haben Rinder vier Mägen. Könnten Rindermägen für Luxusgüter genutzt werden? Für ihr Projekt „Ventri“ färbt van Katwijk die Mägen in einem anspruchsvollen Prozess in einem Labor ein. Es wurde bereits eine Taschenkollektion entwickelt sowie Poufs aus Rindermagenleder in Zusammenarbeit mit der dänischen Designagentur Mooi, was beweist, dass dieses preiswerte Material für das Premiumsegment genutzt werden kann.

Pine Skins von Sarmite Polakova ist ein veganes, aus erneuerbaren Ressourcen gefertigtes Leder, das zudem auch noch biologisch abbaubar ist. Kiefern wurden im Laufe der Geschichte sowohl als Nahrungsquelle als auch zu medizinischen Zwecken verwendet und der Baum wird auch heute noch für sein weiches Holz und andere, selten genutzte Bestandteile geschätzt. Polakova entdeckte, dass die Innenhaut, die sich unter der dicken und harten Außenrinde befindet, lederähnliche Eigenschaften aufweist. Das Nebenprodukt der Holzindustrie kann zudem mit einer Schutzschicht aus Wachs und Farbpigmenten versehen werden. Aufgrund seiner weichen und dennoch robusten Eigenschaften eignet sich Kiefernrinde insbesondere für den Einrichtungsmarkt und kann nach einer Lebensdauer von zwei Jahren wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt werden.

Einige dieser Entwicklungen klingen zugegebenermaßen ein wenig merkwürdig, aber jede kommerzielle Neuentwicklung muss schließlich irgendwo anfangen, nicht wahr? Wer hätte noch vor zwanzig Jahren gedacht, dass wir einmal Kleidung aus Recyclinggarnen aus gebrauchten Plastikflaschen tragen werden oder aus Plastikmüll aus dem Meer erzeugte Schuhe oder biologisch abbaubare, aus Rote Beete und Maisstärke gewonnene Synthetikfasern? Die im Rahmen des Sustainable Innovations Forum präsentierten Produkte tun vor allem eines: sie liefern Gesprächsstoff.