Julian Galinski
Autor:
Julian Galinski

Er wog 150 Kilo: Olympiasieger stellte Ernährungsplan um

Ex-Gewichtheber Matthias Steiner: So habe ich 45 Kilo abgenommen – ohne Diät

Matthias Steiner hat mit Olympia-Gold im Gewichtheben die Herzen der Menschen in Deutschland berührt. Seine Leistung nach den Sommerspielen 2008 in Peking ist ebenso beeindruckend: Heute wiegt der ehemalige Gewichtheber 45 Kilo weniger. Wie Matthias Steiner so viel abgenommen hat, erklärt er hier.  

Matthias Steiner hat rund 45 Kilogramm abgenommen.
Vom Schwergewichtler zurück zum Musterathleten: Matthias Steiner.

Matthias Steiner (hier im Porträt) hat sich und sein Leben grundlegend verändert. Seit seinem Gold-Triumph in Peking ist nicht nur viel Zeit vergangen, am Körper des einstigen Superschwergewichtlers sind auch viele Kilos geschmolzen. Der 34-Jährige, mittlerweile auch aus diversen TV-Werbesports bekannt, ist zwar immer noch kräftig, sieht dabei aber durchweg gesund aus.

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Bei „Let's Dance 2015“ und „Schlag den Star“ begeisterte Matthias Steiner die TV-Zuschauer, darüber hinaus wirbt der ehemalige Gewichtheber für Küchengeräte von Philips und hat ein Buch geschrieben: „Das Steiner-Prinzip" erklärt seine gesunde und aktive Lebensphilosophie.

Nach seinem Gastauftritt bei „It takes 2“, wo er seine Frau Inge mit dem Song „Ohne Dich“ von der „Münchner Freiheit“ zu Tränen rührte, versucht sich Matthias Steiner als professioneller Sänger: Am 14. April 2017 erscheint sein Album „Zurückgeliebt“, das viele gefühlvolle Songs enthält. Seitdem tourte er mit seinen Songs durch TV-Sendungen.

Im Interview mit ISPO.com spricht Steiner über seine Karriere nach dem Gewichtheben und sein Abnehm-Geheimnis.

Matthias Steiner im Interview

ISPO.com: Als Sie 2008 mit Ihrem Olympiasieg im Gewichtheben Sportgeschichte geschrieben hatten, haben Sie Ihre Gewinner-Langhantel geküsst. Wie ist Ihre Beziehung zur Langhantel heute, 45 Kilo leichter, Herr Steiner?
Matthias Steiner: Sie spielt immer noch eine Rolle in meinem Leben. Nicht mehr so eine große wie früher, aber das Handwerk habe ich nun mal erlernt. Ich trainiere immer noch mit der Langhantel. Das nicht zu tun wäre schade – und auch ein bisschen dumm. Schließlich ist Hanteltraining, korrekt ausgeführt, effektiver als das klassische Gerätetraining. Ich kann in kürzerer Zeit effektiver trainieren.

 

 

Steiner: Krafttraining mit der Langhantel

Die Langhantel erlebt gerade fast eine Renaissance im Fitness-Sport.
Absolut. Immer mehr Studios, immer mehr andere Sportarten bauen das Training ein. Leichtathletik, Basketball, Schwimmen – sie alle profitieren vom Krafttraining mit der Langhantel. In den Studios ist der Hype aber auch problematisch: Man kann sehr viel falsch machen. Wenn ich mir da die Videos im Internet anschaue, die beispielsweise eine Kniebeuge lehren sollen: Da stimmt vieles nicht. Und wir reden hier von einer Grundübung, nicht vom Reißen und Stoßen. 

 

 

Wird die Technik beim Gewichtheben unterschätzt?
Ja. Was die Kraft betrifft, gibt es biologische Grenzen. Wirklich ausreizen kann ich diese Grenzen nur mit der richtigen Technik. Das ist wie mit einem Auto: Was nutzen da viele PS, wenn das Fahrwerk nicht stimmt? Wenn es nicht aerodynamisch gebaut ist?

Matthias Steiner: „Ich habe zu viel Spaß an Radfahren oder Wandern“

Wo stehen Sie denn derzeit, im Vergleich zu den 203 Kilo im Reißen und 258 Kilo im Stoßen von Peking? 
Ohje, weit weg! 120 Kilo Reißen, 150 Kilo Stoßen vielleicht? Mehr probiere ich gar nicht, dafür trainiere ich nicht oft genug. Was immer geht, sind Kniebeugen. Da schaffe ich weiterhin über 200 Kilo. Insgesamt habe ich aber einfach zu viel Spaß an anderen Sportarten wie Radfahren oder Bergwandern, die brauchen auch ihren Platz und ihre Zeit.

 

 

Wie oft trainieren Sie pro Woche?
Einmal klassisches Krafttraining. Ansonsten baue ich kurze Einheiten ein, wenn ich unterwegs bin. Zehn Minuten Sit-ups, Liegestütze, Seitstütz im Hotelzimmer, das geht immer!

Sie haben 45 Kilo abgenommen. In welchem Zeitraum?
In einem guten Jahr.

Und, wie fühlt sich das neue Gewicht an?
Ach, ich kannte das Gefühl schon von früher. Ich war ja nicht immer so schwer wie in Peking. 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen bin ich noch in der Klasse bis 105 Kilo angetreten, da war ich gestählt wie ein Athlet aus der Antike (lacht). Dann bin ich erst ins Superschwergewicht gegangen. Aber die Masse, die ich mir dann mühsam angefuttert habe, die bestand natürlich auch aus Muskeln. Das war schon interessant, zu spüren wie ich stärker wurde. 

 

Matthias Steiner weint nach seinem Olympiasieg
Olympiasieger: Matthias Steiner fällt in Peking nach seinem Olympiasieg 2008 weinend auf die Knie.

Nur: Wohin mit soviel Kraft nach der Gewichtheber-Karriere?
Das habe ich schnell gemerkt: „150 Kilo sind nicht alltagstauglich.” Man kriegt keine Klamotten mehr, man kommt schwerer ins Auto. Man muss Mittagsschlaf halten, um sich vom Training zu erholen. Wenn man sich bewegt, schwitzt man leichter. Dafür macht man aber auch Tiefkniebeugen mit 310 Kilo. Das geht jetzt nicht mehr. Aber damit habe ich abgeschlossen.

„Was braucht der Körper wirklich?“

Fitness- und Lifestyleprogramme mit prominenten Gesichtern dahinter gibt es schon einige – wie grenzt sich das „Steiner Prinzip“ ab?
Es ist kein klassisches Fitnessprogramm, sondern ein Ratgeber für den Alltag. Mit viel Nutzwert und Wissen über Bewegung und Ernährung sowie vielen Anwendungsmöglichkeiten im täglichen Leben. Dabei geht es nicht streng nach Plan, sondern mit Rücksichtnahme auf die Individualität des Einzelnen. Ich möchte zudem mit dem Leser zusammen die Wahrnehmung für die Bedürfnisse des Körpers schärfen: Was braucht er wirklich?

 

Matthias Steiner hat rund 45 Kilogramm abgenommen.
Vom Schwergewichtler zurück zum Musterathleten: Matthias Steiner.

Also quasi ein Erziehungsprogramm, für Körper- und Gesundheitsbewusstsein?
Das könnte man so sagen. Wieder hin zur Natürlichkeit der Bewegung. Da läuft einiges schief. Schauen wir uns doch einmal an, wie selbstverständlich sich Kinder bewegen, was unser Körper in sehr jungem Alter zu leisten imstande ist. Und dann, mit sechs Jahren, werden die Kinder, von einem Tag auf den anderen, an die Schulbank gesetzt und stehen bis ins Berufsleben nicht mehr auf. Das ist überholt!

Wenn Sie jemandem drei Tipps für ein gesundes und aktives Leben geben müssten, welche wären das?
Genau diese Frage ist der Grund, warum ich – zusammen mit meiner Frau – das Buch geschrieben habe. Die Leute haben meine körperliche Veränderung gesehen und gesagt: Herr Steiner, geben Sie mir einen Tipp! Aber es geht nicht um einen Tipp, sondern um den gesamten Zusammenhang. Deshalb besteht das Steiner-Prinzip aus elf Säulen, die alle miteinander verknüpft sind und als Gesamtes erst richtig Sinn ergeben.

 

 

So funktioniert das Steiner-Prinzip

  1. Verbrenne mehr, als du zu dir nimmst!
  2. Trainiere Ausdauer UND Kraft!
  3. Finger weg von Diäten!
  4. Hungere nie – iss regelmäßig.
  5. Sei wieder Kind! Bring Bewegung in deinen Alltag.
  6. Kenne die Nahrungsmittel, die dir guttun.
  7. Insulin stoppt die Fettverbrennung.
  8. Ein konstanter Blutzuckerspiegel hilft beim Abnehmen.
  9. Essen und Trinken sind Genuss!
  10. Regelmäßiges Essen hilft beim Abnehmen.
  11. Fett macht nicht direkt dick, aber in der Kombination mit Zucker schon.

 

„Angst vor dem Hungern nehmen“

Ernährungsumstellung bedeutet für viele Menschen Verzicht und Entbehrung. Für Sie auch?
Ich höre oft: Herr Steiner, es ist toll, wie sie bei ihrem Gewicht bleiben und durchhalten!  Dabei gibt es nichts zum Durchhalten. Ich war genauso auf dem Weihnachtsmarkt und hab einen "Blödsinn" gegessen. Aber ich weiß grundlegende Dinge: Wie ich mich bewege, was ich zu mir führe. Ich muss mich nicht kasteien, ich hungere nicht. Diese Angst möchte ich den Menschen unbedingt nehmen. Ich genieße das Essen! Ich esse auch mal eine Pizza oder ein Stück Kuchen. Nur eben maßvoll, was Menge und Häufigkeit betrifft und die Qualität muss dabei stimmen! Und unabhängig von der Lebensmittelindustrie.

Inwiefern?
Die verführt uns ständig – zu Zuckerkonsum, mit ständig verfügbarem Essen. Vieles von dem, was wir im Supermarkt angeboten bekommen, hat keinen Nährwert, sondern nur Brennwert. Es macht nämlich einen Riesenunterschied, wie ich meinen täglichen Kalorienbedarf decke: Ob mit industrieller, nährwertloser Massenware oder echten Lebensmitteln. Das zum Beispiel habe ich in meinem Buch ganz grundlegend und einfach heruntergebrochen, damit es jeder verstehen kann.

 

Sie sind Typ-1-Diabetiker: Inwiefern erschwert das die Ernährung und den Tagesablauf?
Alles was ich als Diabetiker zu mir nehme, muss ich in irgendeiner Form berechnen, abschätzen oder zumindest berücksichtigen. Auch die unterschiedlichen Formen der Bewegung haben Einfluss auf meinen Blutzuckerspiegel und diesen sollte ich ja möglichst den ganzen Tag über konstant halten. Auch der gesunde Mensch. Ein konstanter Blutzuckerspiegel hilft beim Abnehmen aber auch beim Gewichthalten. Deshalb ist es so wichtig, sich mit Ernährung zu beschäftigen. Das muss ich aber nicht den ganzen Tag, sondern ich brauche ein Basiswissen, das ich dann anwende, das Steiner Prinzip eben.

Matthias Steiner: „Bolognese kann gesund sein“

Was macht eine gesunde, nahrhafte Mahlzeit aus?
Vor allem: Dass sie selbst zubereitet ist. Dass ich jede einzelne Zutat kenne und auswähle, sichergehen kann, dass etwa keine Geschmacksverstärker drin sind oder versteckter Zucker. Auch Spaghetti Bolognese können ein hochwertiges, gesundes Gericht sein: Mit regionalem Fleisch und Gemüse aus dem Biomarkt.

Und ohne Fleisch?
Gedünsteter Kohlrabi mit etwas Kokosöl und frischen Kräutern, dazu ein, zwei Spiegeleier. Das schmeckt wunderbar. Ein super Essen!

 

Mehr Einblicke in sein Leben und Tipps gibt Matthias Steiner auf seiner Facebook-Seite.

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