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Nach Mockenhaupt-Kritik an Anna und Lisa Hahner

Hahner-Twins: Auch DLV kritisiert Rio-Auftritt der deutschen Marathon-Zwillinge

Ärger für die „Hahner-Twins“ bei Olympia 2016: Weil die Lauf-Zwillinge Anna und Lisa Hahner das olympische Marathon-Rennen in Rio allzu gut gelaunt und Händchen haltend beenden, übt der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) scharfe Kritik. Die von Adidas, Gerolsteiner, BMW und TAGHeuer gesponserten Zwillinge hätten sich „respektlos“ verhalten.

Anna und Lisa Hahner laufen freudestrahlend ins Ziel beim olympischen Marathon-Rennen in Rio.
Anna und Lisa Hahner laufen freudestrahlend ins Ziel beim olympischen Marathon-Rennen in Rio.

Welch ein schönes Bild: Hand in Hand und freudig lächelnd laufen die deutschen Marathon-Zwillinge Lisa und Anna Hahner über die Ziellinie in Rio. Die attraktiven 26-Jährigen lachten, jubelten und waren einfach nur gut gelaunt.

DLV-Sportdirektor kritisiert „Volkslauf“-Auftritt

Zu gut gelaunt für einen Olympia-Wettbewerb, findet der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV). „Die Hahner-Zwillinge Lisa und Anna beendeten ihr olympisches Marathon-Rennen mit mehr als 21 Minuten Rückstand auf die Siegerin, mit mehr als 15 Minuten über ihren Bestleistungen auf Platz 81 und 82“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen einen Tag nach dem Rennen. „Es wirkte so, als absolvierten sie einen Volkslauf und nicht die olympische Entscheidung.“

Kurschilgen wird sogar noch deutlicher: Dieses Verhalten sei „respektlos und ein Schlag ins Gesicht aller anderen Athleten der deutschen Olympiamannschaft“.

 

 

Mockenhaupt kritisiert Selbstvermarktung der Hahner-Zwillinge

Die Langstrecken-Spezialistin Sabrina Mockenhaupt, die auf ihren Start bei den Olympischen Spielen 2016 wegen einer Verletzung fehlt, hatte bereits direkt nach dem Olympia-Lauf auf Facebook einen Läster-Post abgesetzt, den sie mittlerweile wieder gelöscht hat. Darin kritisierte die 35-Jährige, dass sich die Öffentlichkeit von der Selbstinszenierung der neun Jahre jüngeren Hahner-Zwillinge blenden lasse.

 

 

„Warum muss man mit aller Gewalt verkaufen wollen, dass man immer lacht und alles immer super ist?“, schrieb Mockenhaupt. „Ich liebe Menschen mit Ecken und Kanten und bin traurig, dass Anja Scherl (die Regensburgerin landete als beste Deutsche auf Platz 44, Anm.d.Red.) bei dieser Inszenierung völlig untergegangen ist. Da fragt man sich, ob sich Ehrlichkeit und ein Kämpferherz in der heutigen Gesellschaft überhaupt noch lohnt.“

Hahner-Twins und ihr Manager Thomas Dold gründeten Run2Sky 

Was Mockenhaupt meint: Anna und Lisa Hahner vermarkten ihre besondere Rolle als attraktive Zwillinge – Markenname „Hahner-Twins“ und mit eigenem geflügeltem Logo – mit Wucht. Dahinter steckt Run2Sky, ein Verein, den die beiden Frauen zusammen mit ihrem Manager Thomas Dold, Wirtschaftswissenschaftler und erfolgreicher Treppen- und Rückwärtslauf-Athlet, im November 2011 gründeten.

 

In Gegenbach im Schwarzwald lebt das Trio und trainierte gemeinsam für Olympia 2016. Auf diversen Social-Media-Kanälen präsentieren sich die Hahner-Zwillinge stets gut gelaunt – mit (finanziellem) Erfolg. Bei Medien und Sponsoren sind Anna und Lisa sehr beliebt, beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) eher weniger. Bundestrainer Wolfgang Heinig war einst Heimtrainer der Zwillinge, man trennte sich im Streit.

Scharfe Kritik von DLV-Bundestrainer Heinig

Heinig störte sich an den zahlreichen PR-Maßnahmen, die Manager Dold für Anna und Lisa Hahner vorsah. „Sie sind in Deutschland führend, was den Kommerz angeht“, wurde Heinig zitiert. „Es leiden aber die sportlichen Leistungen darunter.“

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Wie Thomas Dold die „Hahner-Twins“ gerne in den Medien sehen möchte, verrät er auf seiner Homepage. Jeder dürfe „zusehen, wie Anna und Lisa trainieren, kochen, essen, leben und Spaß haben und dabei immer Leichtigkeit und Freude ausstrahlen“.

Ein Image, mit dem sich Geld verdienen lässt. Seit Dezember 2014 gibt es den „Hahnertwins Club“, der sich vor allem an Hobby-Sportler richtet, die für ihr Geld (zwischen 89 und 159 Euro pro Jahr) individuelle Lauftipps erhalten.

Sind die Hahner-Twins „gewiefte Selbstvermarkter“?

Bei den Journalisten kommt das Konzept der freudestrahlenden Marathon-Zwillinge gut an. Doch nicht bei allen. Lars Wallrodt von der „Welt“ kommentiert den Marathon-Lauf der Hahners in Rio unter der Überschrift „Das falsche Lächeln der deutschen Lauf-Zwillinge“ bitterböse.

 

 

Er nennt Anna und Lisa „gewiefte Selbstvermarkter“ und meint: „Wenn die Hahners gemeinsam ins Ziel laufen wollen, strahlend und Händchen haltend, dann können sie das gern machen – auf dem Landhauslauf in St. Pölten oder dem Miss-Zöpfchen-Lauf in Solingen.“

Anna und Lisa Hahner wehren sich

Haben es die Hahner-Zwillinge, die unter anderem von Adidas, Gerolsteiner, BMW und TAGHeuer gesponsert werden, diesmal übertrieben? Anna und Lisa finden: nein.

„Definitiv nicht das, was wir uns erhofft haben“, schreiben sie bei Facebook (66.000 Fans) über ihre Platzierungen beim olympischen Marathon. „Ob wir zufrieden sind? Nein. Das Überqueren der Ziellinie? Dennoch eines unser größten sportlichen Momente. (...) Danke, an alle, die mitgefiebert haben. Wir wollen euch an unseren Lauferlebnissen teilhaben lassen. Alle, die kein Interesse daran haben, dürfen die Seite gerne disliken.“

Auf ihrer Homepage wehrte sich Anna Hahner danach ein weiteres Mal gegen den Vorwürfe, die Ziel-Szene sei eine gezielte PR-Aktion gewesen: „Wir haben nicht nachgedacht, sondern aus unserem Gefühl heraus gehandelt", schreibt sie über den Hand-In-Hand-Zieleinlauf. Und mit einem Seitenhieb auf ihre Kritiker: „Wir haben uns die Hand gereicht, anstatt die Ellenbogen auszufahren."    

 

Hahner-Twins sind nicht die schnellsten Zwillinge

Bei „bunte.de“ hatten die Zwillinge zuvor gegen den DLV gekeilt. „Wir sind Sportunternehmer, das ist unser Business“, sagte Lisa Hahner. „Nur so können wir es kompensieren, dass der Verband uns in keiner Weise unterstützt.“ Ihre Schwester Anna ergänzte, sie hätten eine „Karriere als Lehrerinnen am Gymnasium aufgegeben“.

Das Spaß-Image der „Hahner-Twins“ scheint einen Kratzer bekommen zu haben. Und auch die Selbstbeschreibung als „schnellste Zwillinge der Welt“ ist verloren: Die Nordkoreanerinnen Hye-Song und Yhe-Gong Kim belegten beim olympischen Marathon-Rennen Rang zehn und elf.

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