Sportbusiness/25.03.2019

Wie sich britische Sportfirmen auf den Brexit vorbereiten

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Abwarten und Tee trinken ist ausnahmsweise keine gute Idee. Denn auch wenn eine Übergangszeit bis 2020 erwartet wird, müssen sich britische Firmen auf den bevorstehenden Brexit vorbereiten. ISPO.com hat bei Nikwax, Pentland Brands und Mountain Equipment nachgefragt, wie man sich auf etwas vorbereitet, das noch nicht greifbar ist.

Steiniger Weg: Britische Marken wie Nikwax bereiten sich auf den Brexit vor.
Steiniger Weg: Britische Marken wie Nikwax bereiten sich auf den Brexit vor.

Seit im Juni 2016 das erste Mal vom EU-Austritt Englands die Rede war, fragen sich britische Unternehmen, welche Auswirkungen ein solcher Austritt auf den Warenhandel haben kann und verfolgen gespannt die Verhandlungen kurz vor dem ursprünglich angesetzten harten Brexit am 29. März.

ISPO.com hat die führenden britischen Sportmarken Nikwax Group, Mountain Equipment und die Pentland Group mit den Brands Berghaus, Speedo und Endura nach Strategien, finanzieller Belastung und möglichen Vorteilen gefragt.

Vorbereitung ist alles – und kostet Geld und personelle Ressourcen

“Wir sind so gut vorbereitet, wie es die aktuelle Lage zulässt” bringt es Thomas Willox, Group Head of PR & Digital Asset Development der Nikwax Group, auf den Punkt. Denn alles ist möglich und nix ist fix: Harter Brexit, weicher Brexit, Übergangszeit bis 30. Juni, Schonfrist bis Dezember 2019 oder gar Aufschub bis Ende 2020 – nach mehrmaligem Abschmettern von Theresa Mays Antrag heißt es weiterhin abwarten und Tee trinken, solange der noch zollfrei zu kriegen ist.

Für die Unternehmen bedeutet dieser Schwebezustand eine enorme Planungsbelastung, die personelle und finanzielle Ressourcen verschlingt.

Bei Pentland Brands Limited hat man deshalb eine eigene Unit ins Leben gerufen, die sich ausschließlich mit Fragen rund um den Brexit beschäftigt und eng mit der CBI (Confederation of British Industry) und der Regierungsbehörde HM Revenue & Customs zusammenarbeitet, um auf alle möglichen Szenarien vorbereitet zu sein.

„Wir verlassen uns nicht auf die Übergangszeit bis Ende 2020 und planen sehr konservativ mit einem Ausstieg am 29. März”, so Andy Long, CEO Pentland Group.

Mountain Equipment verlegt Geschäfte nach Deutschland

Mountain Equipment tritt die Flucht nach vorne an und verlagert den Großteil seines Geschäftes nach Deutschland, um einen uneingeschränkten Warenverkehr zu sichern.

„Mountain Equipment hat eine Niederlassung mit eigenem Lager in Eurasburg südlich von München. Die Waren werden direkt vom Produktionsort in Osteuropa oder Fernost dorthin geliefert und berühren die widerspenstige Insel nicht.“

Das wurde in der Vergangenheit bereits für D-A-CH und Südtirol erfolgreich erprobt. „Mit 2019 ist die Verantwortung für den gesamten Vertrieb, Marketing, After Sales Service und Auslieferung auf die deutsche Niederlassung übergegangen“, sagt Managing Director Thomas Strobl von der Outdoor & Sports Company GmbH.

Diese Umorganisation hat auch dazu geführt, dass neue Lagerflächen angemietet werden mussten. Diese Kosten nimmt das Unternehmen aber gerne in Kauf, da sie durch ein organisches Wachstum aus neuen Vertriebsgebieten kompensiert werden.

Thomas Strobl ist Geschäftsführer der Outdoor & Sports Company, der Dachmarke von Mountain Equipment.
Thomas Strobl ist Geschäftsführer der Outdoor & Sports Company, der Dachmarke von Mountain Equipment.
Bildcredit:
Outdoor & Sports Company

Waren-Wahnsinn: Zölle und Lieferprozedere

Anders als Mountain Equipment sind die meisten englischen Firmen weiterhin auf Ein- und Ausfuhr von Waren oder Rohstoffen angewiesen. Beobachter erwarten Chaos an den Häfen, Hamsterkäufe und einen Einbruch des Britischen Pfundes.

Während Nikwax ein geregeltes Zollverfahren mit Handelstarifen erwartet, geht man bei Pentland einen Schritt weiter und auf Nummer sicher. Andy Long: „Wir nutzen Einrichtungen wie ‚Bonding Stock‘, um den Einfuhrzoll zu verwalten. Wir haben auch die entsprechenden EU-Registrierungen, um Bestände über die EU-Grenzen hinweg zu bewegen, sollte es die Situation erfordern.“

Bestellverhalten der Händler & brennende Fragen auf der ISPO Munich

Die große Panik blieb aus, dennoch war der Brexit Gesprächsthema auf der ISPO Munich 2019, wie Thomas Strobl (Moungtain Equipment) bestätigt: „Es wird natürlich immer wieder angesprochen, aber eher mit einem Kopfschütteln und ungläubigem Unverständnis.“

Und Thomas Willox von Nikwax ergänzt: „Von unseren Händlern kamen Fragen zu Preisen und Lieferzeiten. Aktuell können wir nicht sagen, welche Auswirkungen es geben wird, wir wollen Preisänderungen aber vermeiden.“

So ganz wollen sich Händler anscheinend nicht darauf verlassen. Einige haben ihre Bestellungsvolumen vor dem Brexit allerdings vorsorglich erhöht: „Die Anzahl der Bestellungen hat sich aufgrund des Brexit nicht wesentlich geändert, aber einige wenige Kunden haben etwas größere Bestellungen aufgegeben, um etwaigen Lieferproblemen entgegenzuwirken“, so Willox.

Vertrauensverlust durch Polit-Tohuwabohu

Als Traditionsmarke, die seit 1961 Alpinisten und Outdoor Enthusiasten ausstattet, sieht Mountain Equipment keinen Grund zur Sorge: „Das Vertrauen in eine Marke hängt kaum von ihrem politischen Umfeld ab. Eine Marke muss sich auf dem Markt bewähren. Mit oder ohne Brexit müssen die Produkte Kunden begeistern. Und wenn man sich richtig vorbereitet, bekommt man auch die Logistik hin“, ist sich Thomas Strobl sicher.

Er ergänzt: „Wir haben viele unserer Hausaufgaben gemacht, aber es warten natürlich noch viele Aufgaben auf uns. Dies hat aber so gut wie nichts mit dem Brexit und dem Herkunftsland der Marke zu tun.“ Thomas Willox räumt einen Vertrauensverlust gegen die Regierung ein, ist aber zuversichtlich, „dass die Marke Nikwax alle potenziellen Herausforderungen des Brexit bewältigen kann und auch in Europa eine vertrauenswürdige und angesehene Marke bleibt.“

Bei Pentland bezieht man sich darauf, was in bereits vergangenen unsteten Zeiten geschafft wurde und will sich von einem Brexit nicht aus der Bahn werfen lassen: „Als Unternehmen arbeiten wir seit langem in schwierigen und sich entwickelnden wirtschaftlichen und politischen Situationen. Die Tatsache, dass wir seit vielen Jahren in Europa tätig sind, bedeutet, dass wir uns gut auf die veränderten Bedingungen einstellen können. Wir haben hart an der Entwicklung unseres EU-Geschäfts gearbeitet, und es ist wichtig, dass wir es schützen und ausbauen.“