
Die Firma mit dem schönen Namen „Zwergengrün“ gehört beim „Bündnis für nachhaltige Textilien“ zu den Mitgliedern der erste Stunde. Nicht einmal eineinhalb Jahre nach dem Start der Initiative von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller stehen die Spezialisten für nachhaltiges Spielzeugmaterial in der alphabetischen Mitgliederliste auf der 181. und letzten Position. Das zeigt das große Interesse am Thema Nachhaltigkeit in der Textilbranche, in der etwa die Hälfte der Firmen Mitglied im Textilbündnis ist – von Sportartikelgiganten wie Adidas oder Puma über Discounter wie Aldi und Lidl, Bekleidungsriesen wie C&A oder H&M bis zu Outdoor-Spezialisten wie Vaude oder Schöffel.
Ökologische Grundstandards und existenzsichernde Löhne
Zwergengrün-Chefin Nadja Lüders empfindet das Bündnis als „Schritt in die richtige Richtung und guten Einstieg für Firmen in das Thema Nachhaltigkeit“, ist aber unzufrieden, dass es bislang keine konkreten Resultate gibt. „Weil so viele Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen, ist alles träge und langsam“, sagt Lüders.
Immerhin ist bereits eine Liste zu vermeidender gefährlicher Substanzen verabschiedet worden. Neben ökologischen Grundstandards steht auch die Zahlung existenzsichernder Löhne auf der Agenda des Textilbündnisses. Genau diese Kombination findet Lüders richtig: „Das gehört zusammen. Wenn die Menschen irgendwo in Asien oder Südamerika weiter mit unserem Giftmüll konfrontiert werden, helfen auch zwei Euro Lohn mehr im Monat nichts.“
Minister Müller will eigenes Label
Um auch für den Kunden nachvollziehbar zu machen, welche Firmen nachhaltig und sozialverträglich agieren, hat Minister Müller auf der ISPO MUNICH im Januar die Einführung eines eigenen Labels angekündigt. „Es wäre doch schön, wenn in einem Jahr bei der ISPO nur noch faire Kleidung mit dem grünen Knopf gezeigt würde“, sagte Müller. Bei der nächsten oder übernächsten ISPO MUNICH könne der Verbraucher dann vielleicht schon mit seinem Handy auf den Strichcode auf der Kleidung gehen und erkennen, wie nachhaltig produziert worden sei.
Lüders bevorzugt Bio-Siegel oder Blauen Engel
Prinzipiell eine gute Idee, wie Lüders findet, allerdings sei die Wirkung auf den Verbraucher fraglich: „Es wird dann das 100. Siegel sein, das es gibt. Vielleicht sollte man besser das Bio-Siegel oder den Blauen Engel auf diese Branche erweitern.“ Generell ist sie dafür, die Themen Schadstoffsicherheit, Nachhaltigkeit und Social Responsibility auch per Gesetz stärker durchzusetzen: „Wenn die Textilindustrie verpflichtet wird, nach dem neuesten Stand der Technik und nachhaltig zu produzieren, bräuchte es kein Extra-Siegel mehr.“ Sie ist außerdem dafür, das Textilbündnis auch auf Bereiche auszudehnen, in denen Stoff ebenfalls eine wichtige Rolle spielt – ob nun die Automobil- oder Möbelindustrie.
Nachhaltigkeit globales Problem
Ganz besonders am Herzen liegt vielen Mitgliedern auch die Internationalisierung des Textilbündnisses. „Es sollte nicht ein deutsches Thema bleiben, sondern internationaler Standard werden. Die Textilindustrie arbeitet schon lange global“, schrieb Martin Riebel, Geschäftsführer der Deuter Sport GmbH, dem Minister bereits auf der ISPO MUNICH ins Stammbuch
Das kann Nadja Lüders nur unterstreichen: „Es wäre doch doof, so klein zu denken. Das ist ein globales Problem. Wenn man Firmen aus anderen Ländern dazu nimmt, steigt weltweit der Druck, endlich mehr in Sachen Nachhaltigkeit, Schadstoffsicherheit und Social Responsibility zu tun.“
Verbraucher vertraut blind
Das Bewusstsein beim Verbraucher in diesem Bereich sei speziell in Deutschland und der EU noch nicht ausgebildet. Lüders: „Da herrscht blindes Vertrauen in die Industrie und die deutsche Markenqualität. Dabei wird in dieser Welt längst global produziert. Es wird wohl in Deutschland noch eine Generation dauern, ehe der Verbraucher begreift, dass ihn das wirklich betrifft.“