
Kein Geld für offizielle Uefa-Lizenzen ausgeben, aber trotzdem als Unternehmen von der Fußball-EM profitieren, das geht durchaus. Bestes Beispiel: Die Schweizer Brauerei Feldschlösschen. Mit ihrem spontanen Plakat nach der Affäre ums „Papier-Trikot“ der Nati landeten sie einen Marketing-Hit.
Ambush Marketing nennt man das im Fachjargon, was wörtlich übersetzt „Hinterhalt-Werbung“ heißt. Klingt fies, doch wenn man die ganze Sache geschickt angeht, ist es nicht einmal verboten.

Auch Elektronik-Märkte werben während der Euro 2016 mit „Elfer für alle“ oder „EM schon, denn schon“. Anderswo heißt es „EM, EM, wir sparen zur EM“ und beim Bäcker nebenan gibt es „EM-Brötchen“. Viele Unternehmen wollen von der Euro 2016 profitieren – auch wenn sie mit dem Wettbewerb der besten Fußball-Nationalmannschaften des Kontinents eigentlich überhaupt nichts zu tun haben. Zumindest nicht als offizielle Sponsoren.
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Eine „Euro-2016-Wurst“ kann teure Folgen haben
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg präsentiert im Internet ein spezielles Merkblatt mit Beispielen für zulässige Werbung: „Das Fußballfieber steigt, die Preise fallen“, „20 Prozent auf alles während der EM“, „Für den Zeitraum der Europameisterschaft senken wir die Preise für alle Sportartikel um 20 Prozent“, „Für jedes geschossene Tor der deutschen Nationalelf erhalten Sie ein Prozent Rabatt auf unser gesamtes Sortiment“ oder „Fan-Wurst für 2,50 Euro“.
Strikt verboten ist dagegen für Nicht-EM-Sponsoren die Verknüpfung mit offiziellen Bezeichnungen und Symbolen wie dem Emblem der Uefa Euro 2016, dem Maskottchen oder dem Pokal. Eine „Euro-2016-Wurst für 2,50 Euro“ könnte also schwerwiegende Folgen haben.
Fußballverbände klagen gegen Ambush Marketing
„Insbesondere drohen Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und Klagen, die nicht unerhebliche Anwalts- und Gerichtskosten verursachen und das gesamte, für Werbung vorgesehene Jahresbudget vor allem kleinerer Unternehmen übersteigen können“, warnt die IHK Nürnberg.
Der Europäische Fußball-Verband Uefa oder der Weltfußball-Verband Fifa nehmen die Verteidigung der Rechte ihrer Sponsoren ziemlich ernst – schließlich investiert jeder der zehn globalen Geldgeber der Euro 2016 eine dreistellige Millionensumme in Rechtekauf, Werbung und andere Aktivitäten. Dementsprechend soll es bis zu 2000 Verfahren in Sachen Ambush Marketing bei den letzten Fußball-Großereignissen gegeben haben.
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Nike, Volkswagen, Allianz: Keine EM-Sponsoren und trotzdem erfolgreich
Wie erfolgreich man sein kann, wenn man weder Sponsor der Fußball-EM noch Partner des deutschen Nationalteams ist, zeigen verschiedene große Unternehmen. In einer Umfrage von „Repucom“ für den „Horizont“ liegen in Sachen Bekanntheit zwar mit Coca-Cola (48 Prozent), Adidas (44 Prozent) und McDonald’s (28) drei EM-Sponsoren ganz vorn.
Aber auch Nike (24 Prozent) wurde oft genannt. Der US-Sportartikelgigant rüstet zwar einige EM-Teilnehmer wie England oder Gastgeber Frankreich aus und trickste zuletzt Schweiz-Ausrüster Puma aus, Nike zählt aber nicht zu den direkten Geldgebern.
Auch Volkswagen und die Allianz werden von je 16 Prozent der Befragten für EM-Sponsoren gehalten – dabei wirbt Volkswagen nur mit einzelnen deutschen Nationalspielern und ist den Fans auch als Hauptsponsor des VfL Wolfsburg bekannt. Die Allianz profitiert vielleicht von ihrer Teilhaberschaft an der FC Bayern München AG.

Schätzung: Hunderte Millionen Umsatz mit Ambush Marketing
Genaue Zahlen sind schwierig zu ermitteln, aber Experten schätzen, dass über indirekte EM-Werbung und Ambush Marketing europaweit Hunderte Millionen Euro Umsatz gemacht werden. Doch es gibt auch Trost für die offiziellen Sponsoren der Euro 2016 und des deutschen Nationalteams: Aktionen wie die Sammelbildchen-Aktion von Rewe zahlen sich aus, meint BWL-Professor Martin Fassnacht.
Je länger die Zuschauer bei den TV-Übertragungen und durch aktivierende Werbung mit den Namen der EM-Unterstützer berieselt werden, umso mehr Konsumenten nehmen sie wahr. So könnten auch die bis dato in Deutschland fast unbekannten EM-Sponsoren wie Hyundai/Kia, Continental, Turkish Airlines oder der chinesische Elektronik-Riese Hisense irgendwann im Kopf einiger Menschen ankommen.
„Die Anzahl derjenigen Befragten, denen gar kein Sponsor bekannt war, ist von 37 Prozent bei Erhebungsbeginn im Februar auf 30 Prozent im Mai gesunken“, erklärt Repucom-Vizepräsident Lars Stegelmann. „Dieser Verlauf ist ganz im Sinne einer zunehmenden Durchdringung der Sponsorenkampagnen in der Gesamtbevölkerung.“ Darauf eine „EM-Wurst für 2,50 Euro“!