Wintersport/27.12.2017

Sven Hannawald, Martin Schmitt, Dieter Thoma und Jens Weißflog – Was die alten Adler heute machen

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Die deutschen Top-Skispringer von einst machen ihre Erfolge zu Geld. Sven Hannawald, Martin Schmitt und Dieter Thoma spielen bei der Vierschanzentournee eine Hauptrolle im Fernsehen. Jens Weißflog geht inzwischen einen anderen Weg.

Sven Hannawald kommentiert die Vierschanzentournee für Eurosport.  
Sven Hannawald kommentiert die Vierschanzentournee für Eurosport.  

Sven Hannawald und Martin Schmitt – die Skisprung-Boygroup von einst ist auch bei der 66. Vierschanzentournee vom 29. Dezember 2017 bis 6. Januar 2018 wieder vereint: Sven Hannawald arbeitet als Co-Kommentator bei Eurosport, Schmitt steht als Experte am Schanzentisch.

 

Hannawald arbeitet also wieder mit Martin Schmitt zusammen, mit dem er 2002 in Salt Lake City gemeinsam Team-Olympisieger wurde und zu Beginn des neuen Jahrtausends einen Skisprung-Boom in Deutschland auslöste.

Doch die beiden sind nicht die einzigen ehemaligen Top-Springer, die es nach der Karriere vor die Kamera zog: Auch der Rekord-Tourneesieger Jens Weißflog und Dieter Thoma wechselten vom Schanzen- an den Expertentisch.

Doch auch abseits der Bildschirme sind alle Vier vielbeschäftigt – ob als Berater, Firmengründer oder Hotelier. ISPO.com zeigt, wie die Top-Springer vergangener Tage heute ihr Geld verdienen.  

 

Sven Hannawald (Eurosport) – Nach langer Odyssee zurück beim Skispringen

Seit seinem Rücktritt als Folge eines Burnouts im Jahr 2005 hat der mehrmalige Skiflug-Weltmeister Sven Hannawald viel probiert. Er versuchte sich im Motorsport, wo er im ADAC GT Masters 2010 sogar aufs Podest fuhr. Auch bei der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring saß er im Cockpit, allerdings konnte er nie an seine Erfolge im Skispringen anknüpfen.

2013 erschien seine Biografie „Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben“. Nachdem er rund um die Vierschanzentournee in den letzten Jahren schon als TV-Experte beim ZDF und bei Sky aktiv war, hat er 2016 bei Eurosport einen Vertrag bis nach Olympia 2018 unterschrieben mit der Option auf eine Verlängerung.

Hannawald ist als Co-Kommentator bei den Weltcups und Highlights wie den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang aktiv. Dafür kassiert er geschätzt eine sechsstellige Summe.

Zudem führt er gemeinsam mit Sven Ehricht eine Unternehmensberatung mit den Schwerpunkten Betriebliche Gesundheit und Sportsponsoring und tritt als Referent auf Veranstaltungen auf. 

 

„Es ist ungemein wichtig für mich, dass ich wieder eine Aufgabe im Skispringen habe. Ich habe ja früher als Skispringer alles für diesen Sport gegeben", sagt Hannawald im Gespräch mit ISPO.com: „Am Ende bin ich jetzt wieder im Skispringen gelandet. Das habe ich ja schon als Kleiner angefangen, da steckt meine Leidenschaft drin. Ich fühle einfach, dass ich jetzt angekommen bin.“

Auf die gemeinsamen TV-Auftritte mit dem alten Wegbegleiter Martin Schmitt freut sich Hannawald: „Wir sind eine richtige Gang. Wir verstehen uns alle super und die Arbeit macht Spaß.“

Zudem hat der Skisprung-Star von einst in diesem Jahr mit Geschäftspartner Sven Ehricht eine Unternehmensberatung gegründet. „Es haben sich schon einige langfristige Partnerschaften und Veranstaltungen ergeben, unter anderem auch Manager-Seminare auf der Skisprungschanze. Unser Credo ist die Verbindung von Erfolg und Balance mit Fokus auf die betriebliche Gesundheit“, erklärt Hannawald.

Der begnadete Skiflieger galt schon immer als extrem sparsam: „Es fühlt sich auch gut an, dass ich Geld auf dem Konto habe.“

 

Matin Schmitt beendete Anfang 2014 seine aktive Karriere.
Matin Schmitt (39) beendete Anfang 2014 seine aktive Karriere.
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Martin Schmitt (Eurosport) – Experte und Vermarkter

Der viermalige Skisprung-Weltmeister war schon als Sportler clever, hat mit seinen Werbeverträgen wie mit Milka in seiner sportlichen Karriere im Millionenbereich verdient und ist auch in seinem neuen Leben nach dem Sport als Geschäftsmann bestens unterwegs.

Bei Höhepunkten wie der Vierschanzentournee oder Olympia 2018 steht er für Eurosport an der Schanze, analysiert die Ereignisse und spricht mit den Topathleten, die er teilweise selbst unter Vertrag hat.

Denn Schmitt ist genau wie Vierfach-Olympiasieger Simon Ammann Gesellschafter der Vermarktungsagentur ASP Sports und vertritt unter anderem Weltmeister Severin Freund. Wenn der in früheren Jahren beste deutsche Springer sportliche Erfolge feiert und bessere Verträge abschließen kann, kassiert Schmitt mit.

Besonders intensiv kümmert er sich im Tagesgeschäft um Junioren-Weltmeister David Siegel. Bei ISPO.com sagt Schmitt zu seiner Tätigkeit als Vermarkter: „Mir macht der Kontakt mit den Athleten und die Zusammenarbeit mit Sponsoren Spaß.“

Zudem arbeitet Schmitt projektbezogen für seinen einstigen Sponsor Milka, hat einen Bekleidungs-Ausrüster und ist für die Barmer genau wie Beach-Olympiasieger Jonas Reckermann oder Britta Steffen Botschafter für das Projekt „Spitzensportler bewegen Mitarbeiter“.

Schmitt hält zudem Motivations-Vorträge bei Firmen und hat noch weitere Pläne in der Schublade. „Mir war wichtig, dass ich nach mehreren Seiten offen bin. Ich wollte breit aufgestellt sein“, so der 38-Jährige.

Er hat sich an der Sportbusiness Academy in Düsseldorf zum Advanced Executive im Sport Business ausbilden lassen, ist Sportwissenschaftler und hat in Köln seinen Diplomtrainerschein gemacht. 

Dieter Thoma (48) beendete seine aktive Karriere in der Silvesternacht 1999/2000.
Dieter Thoma (48) beendete seine aktive Karriere in der Silvesternacht 1999/2000.
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Dieter Thoma (ARD) – Ewiger Experte und Helfer in der Not

Der „Boris Becker der Lüfte“ war in seiner aktiven Karriere Weltmeister, Team-Olympiasieger und gewann 1990 die Vierschanzentournee. Auch nach seinem Rücktritt nach seinem „Jahrtausendsprung“ in der Silvesternacht 1999/2000 garantiert ihm das Skispringen seinen Lebensunterhalt.

Als Experte an der Seite von Günther Jauch gewann er bei den Skisprung-Übertragungen von RTL zwei Medienpreise, nach dem Rückzug des Privatsenders aus dem Sport ist er seit dem Winter 2007/2008 geschätzter Skisprung-Experte bei der ARD.

Von den angeblichen Millionen-Gagen der öffentlich-rechtlichen Fußball-Experten wie Mehmet Scholl oder Oliver Kahn kann Thoma nur träumen, aber eine sechsstellige Summe dürfte auch für ihn drin sein.

Genau wie Martin Schmitt setzt Thoma auch nach seinem Abflug ins normale Leben auf mehrere Pfeiler. So war er Berater und Mit-Initiator der Reisefirma fluege.de, ist Markenbotschafter und referiert bei Seminaren oder Incentives von Firmen unter dem Motto: „Wer mit einer Hand an der Vergangenheit hält, hat nur eine für die Zukunft frei.“

Zudem ist Thoma leidenschaftlicher Golfspieler und denkt dabei auch an finanziell schwächere Menschen. Das zeigt sein ehrenamtliches Engagement für den von ihm vor 15 Jahren mitgegründeten gemeinnützigen Verein Spielend Helfen e.V.

„Wir möchten der Gesellschaft und vor allem den kranken Kindern etwas zurückgeben. Bislang sammelten wir über 550.000 Euro ein, welches projektbezogen der Kinderkrebsnachsorgeklinik Katharienenhöhe zur Verfügung gestellt wurde“, sagt Thoma im ARD-Interview.

 

Jens Weißflog (52) beendete seine aktive Karriere 1996.
Jens Weißflog (53) beendete seine aktive Karriere 1996. Heute ist er Hotelier.
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Jens Weißflog – Eigenes Hotel und Botschafter des Sports

Der in der ehemaligen DDR aufgewachsene Jens Weißflog ist der erfolgreichste deutsche Skispringer aller Zeiten.

Als einziger Flieger gewann er sowohl im Parallel- als auch im V-Stil eine Einzelmedaille bei Olympischen Spielen. Zudem wurde er je dreimal Olympiasieger und Weltmeister. Die Vierschanzentournee gewann er sogar viermal.

Nach seiner Karriere war er bis 2012 TV-Experte beim ZDF, ging aber ansonsten einen anderen Weg als Sven Hannawald, Martin Schmitt und Dieter Thoma.

Der heimatverbundene Oberwiesenthaler Weißflog ist Hotelier und besitzt in seiner Heimatgemeinde am Fichtelberg ein Apartmenthotel. Erst kürzlich hat Weißflog 450.000 Euro in einen Neubau einer Relax Lodge investiert.

Über seine Karriere nach der Karriere sagte er in einem Interview mit der „Heilbronner Stimme“: „Wenn ich beides miteinander vergleiche, war der Sport früher Pille-Palle. Ich beschäftige 24 Mitarbeiter, das ist eine andere Größenordnung.“

 


Weißflog gilt als Gegner der zunehmenden Kommerzialisierung im Sport und hat sich schon mehrfach kritisch über die hohen Summen, die Athleten heute teilweise verdienen, geäußert. Dagegen kommt bei Schanzeneinweihungen in seiner Region auch mal kostenlos als Werbeträger für seine Sportart vorbei – um so auch die Nachwuchsförderung zu unterstützen.




Autor: Lars Becker