Wintersport/28.11.2016

Martin Schmitt und seine zweite Karriere: „Man fängt ganz von vorne an”

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Vom Skispringer zum Unternehmer – Martin Schmitt hat es geschafft. Der viermalige Skisprung-Weltmeister, Team-Olympiasieger und zweimalige Gesamtweltcupsieger ist TV-Experte, Mitinhaber einer Vermarktungsagentur und hat zudem noch einen Trainerschein. Im Interview mit ISPO.com erklärt er seinen neuen Berufsweg, was Martin Schmitt heute alles neues macht und was die Ziele des Skispringers sind. 

Früher selbst Profi, betreut und befragt Martin Schmitt heute andere Skispringer.
Früher selbst Profi, betreut und befragt Martin Schmitt heute andere Skispringer.

ISPO.com: Sie sind immer noch nah dran an Ihrer großen Liebe Skispringen, Martin Schmitt. Mittlerweile sind Sie zusammen mit Sven Hannawald Kommentator für Eurosport.
Martin Schmitt: Das stimmt. Ich stehe bei allen vier Springen der Vierschanzentournee unten im Auslauf. Ich gebe für Eurosport Analysen ab, wir machen Interviews. Wir haben das im vergangenen Winter das erste Mal gemacht und sie waren mit den Quoten sehr zufrieden. Das war die bisher beste Tournee für Eurosport.

Kommentator bei Eurosport – nicht bei ARD oder ZDF

Sie hätten ja vielleicht auch die Chance gehabt, zu ARD oder ZDF zu gehen. Warum haben Sie sich für den Sport-Fachsender entschieden?
Das ist ja auch der Skisprung-Fachsender. Sie haben mich sehr früh gefragt, der Zugang war von Anfang an sehr positiv, wir haben einen ganz vertrauensvollen Umgang miteinander. Wir schauen von Jahr zu Jahr, wie es weitergeht.  Das kann mehrere Jahre so weiterlaufen, aber ich muss sehen, wie sich meine anderen Aktivitäten so entwickeln.

 


Sie sprechen es selbst an: Sie haben mit „Ammann, Schmitt und Partner” eine Vermarktungsagentur mitbegründet. Wie war in der Szene die Reaktion darauf?
Sehr positiv. Wir sind mit dem Start sehr zufrieden. Wir haben derzeit acht Wintersportler unter Vertrag – aus dem Skispringen, Alpinski, Freeride und Freeski. Derzeit sind wir nur im Wintersport aktiv, aber wir wollen das mittelfristig auch in den Sommersport ausdehnen.

Sport ist die Kernkompetenz von Simon Ammann, Hubert Schiffmann und mir. Das kommt auch bei den Sportlern gut an. Wir hatten schon lange den Plan, eine eigene Agentur zu gründen. Jetzt hat es perfekt gepasst.

Martin Schmitt bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver.
Mit der Mannschaft holte Martin Schmitt Silber bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010.

Sie sind damit ja jetzt Manager Ihres einstigen Teamkollegen Severin Freund…

Indirekt ja. Aber sein Betreuer ist wie bisher Hubert Schiffmann. Er war ja bei der Agentur WWP schon lange mein Betreuer und der von Severin. Daran haben wir auch nach Gründung unserer Agentur nichts geändert. Severin hatte die letzten Jahre schon gute Partner  und die kontinuierliche Zusammenarbeit zum Beispiel mit der IKK classic oder Manner setzen wir fort.

Sven Hannawald hat jüngst erklärt, dass es zu den Erfolgszeiten von ihm und damit auch von Ihnen wesentlich mehr im Skispringen zu verdienen gab…
Generell ist im Skispringen die Situation auch heute noch sehr gut. Ich kann als Topathlet sehr gute Verträge abschließen. Das ist kein Klassenunterschied zu dem, was wir damals verdient haben. Die Prämien vom Deutschen Skiverband haben sich freilich verändert – das ist nicht vergleichbar zu dem, was wir früher verdienen konnten.


Kein Masterplan nach dem Ende der Skisprung-Karriere

Hatten Sie einen Masterplan, wie Sie sich nach dem Ende Ihrer Karriere beruflich neu aufstellen?
Ich hatte keinen Masterplan. Mir war wichtig, dass ich nach mehreren Seiten offen bin. Ich wollte breit aufgestellt sein. Deshalb habe ich den Diplomtrainerschein in Köln gemacht.


Aktuell schreibe ich in Leipzig meine Bachelorarbeit Sportwissenschaft. Dazu mache ich an der Sportbusiness Academy in Düsseldorf einen einjährigen Studiengang zum Advanced Executive im Sport Business.

Das klingt so, als würden Sie bald in einen Chefposten bei Adidas wechseln…
Das ist zumindest nicht mein Plan (lacht). Ich bin auch so schon gut ausgelastet.

Martin Schmitt ist Unternehmer und TV-Experte für Eurosport.
Martin Schmitt bleibt weiter vor der Kamera – mittlerweile als TV-Experte.

Glauben Sie, dass Sie auch weiterhin beruflich auf so vielen Hochzeiten tanzen können?
Ich bin ja noch in der Ausbildungsphase. Ich wollte mir halt viele Optionen öffnen. Alles künftig unter einen Hut zu bringen, wird schwierig. Auch der Trainerbereich hat seinen Reiz.

Aber das ist nichts, was ich von jetzt bis 65 machen werde. Momentan bin ich neben meinen Ausbildungen vor allem in der Agentur gefordert. Da schaue ich, dass das richtig gut läuft. Da wird auch mal abends um neun oder zehn mal gearbeitet.

„Es ist ein großes Privileg, Sportler sein zu dürfen”

Können Sie sich erklären, warum so viele Sportler nach Ihrem Karriereende Probleme mit dem Umstieg in ein anderes Leben haben?
Als Sportler lebt man intensiv für eine Sache. Das gibt einem unglaublich viel. Es ist ein großes Privileg, Sportler sein zu dürfen. Man ist in einer Sache Weltspitze. Etwas Vergleichbares zu finden, ist wirklich nicht einfach. Und man fängt wieder ganz von vorn an. Das ist für viele nicht einfach.

Können Sie Ihren Sportlerkollegen ein paar Tipps geben, wie man den Umstieg ins Berufsleben schafft?
Man sollte sich nicht zu früh festlegen, aber man darf sich auch nicht verzetteln. Man muss ein Ziel haben. Und man darf nicht erwarten, dass man das gleiche Glücksgefühl wie im Leistungssport findet. Ich konnte mich recht schnell für meine neuen Aufgaben begeistern. Es fasziniert mich, etwas ganz Neues zu beginnen.




Autor: Lars Becker