Wintersport/23.12.2015

Wie Bayern gegen die Schneearmut kämpft

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren!

Diese Funktion ist nur verfügbar, wenn eine entsprechende Zustimmung erteilt wurde. Bitte lesen Sie die Details und akzeptieren Sie den Service, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren.

Bewerten
Merken

Die Temperaturen im bayerischen Alpenraum gehen hoch, die Schneehöhen nach unten – was jeder spürt, hat die umfangreiche datenjournalistische Recherche des Bayerischen Rundfunks unter dem Titel "Schnee von morgen" jetzt nachgewiesen. In den Wintersportorten sind neue Konzepte gefragt.

Grafik zu den Übernachtungszahlen in Bayern
Die Übernachtungszahlen im Winterhalbjahr in Bayern sinken unterschiedlich stark.

„Es gibt ja schon viele Studien zur Klimaentwicklung in Bayern – aber die Ergebnisse sind höchst unterschiedlich. Je nachdem, ob sie von Liftbetreibern oder Umweltschützern in Auftrag gegeben wurden“, sagt Ulrike Köppen im Gespräch mit ISPO.com.

Also machte sich die Redakteurin des Bayerischen Rundfunks mit ihrem Team auf die Suche nach unbestechlichen Daten. Und fand sie beim Deutschen Wetterdienst (DWD) zum Thema Temperatur und Schnee und beim Landesamt für Statistik zum Thema Touristik.


Temperatur um 1,6 Grad gestiegen 

Das Fazit für die Winterhalbjahre seit 1961: Die Temperatur ist im bayerischen Alpenraum um durchschnittlich 1,6 Grad gestiegen. Die mittleren Schneehöhen dagegen sind dagegen an den meisten Messstationen stark gesunken.

Zudem hat die Recherche ergeben, dass die Übernachtungszahlen im bayerischen Alpenraum in den vergangenen 20 Jahren um 14 Prozent zurückgegangen sind. Im Einzugsgebiet von München sogar um 24 Prozent.

„Interessant ist dabei aber, dass sich die Übernachtungszahlen in den einzelnen Orten höchst unterschiedlich entwickelt haben. Weil die Gemeinden unterschiedliche Konsequenzen aus diesem Trend gezogen haben“, so Köppen.

Im Allgäu zum Beispiel sind die Übernachtungszahlen nahezu gleichgeblieben – in Balderschwang sind sie in den letzten zwei Jahrzehnten sogar um 36 Prozent gestiegen.

„Sie stellen sich dort breiter auf und setzen nicht nur auf den Faktor Alpinski. Es gibt eine breite Anbindung an die Landwirtschaft, zudem wurde ein Naturpark gegründet. Generell wurden Elemente neben dem Skitourismus ausgebaut, die unabhängig von der Schneehöhe funktionieren“, berichtet Köppen.

Die Interviewpartnerin Ulrike Köppen
Unsere Gesprächspartnerin Ulrike Köppen leitete das Recherche-Team des Bayerischen Rundfunks.
Bildcredit:
Bayerischer Rundfunk, Lisa Hinder

Skigebiete stark frequentiert

Das Örtchen Balderschwang hat zwar gerade mal 318 Einwohner – aber im letzten Winterhalbjahr wurden fast 85000 Übernachtungen registriert.  Die Besucher lieben die Vielfalt neben der Piste – ob geführte Winterwanderungen, regionale Spezialitäten wie den berühmten Almkäse oder Handwerksmärkte.

„Wir müssen mit dem Wetter leben – und wenn wir hier bleiben wollen, müssen wir die Herausforderung annehmen“, sagt Bürgermeister Konrad Kienle dem BR. Wenn man auf einem Stuhl mit fünf Beinen sitze, könne man auch eins wegschlagen.

Grafik über Schneehöhen von Oberstdorf
Auch in Oberstdorf sind die Schneehöhen in den letzten Jahrzehnten rapide gesunken.
Bildcredit:
Bayerischer Rundfunk, Christiane Böhm, Henrik Ullmann, Christian Sonnberger

Das Gegenbeispiel ist Reit im Winkl, wo die Übernachtungszahlen in den letzten zwei Jahrzehnten um 25 Prozent gesunken sind. „Dort setzen sie weiterhin stark auf alpinen und nordischen Skilauf“, so Köppen. Sprich, sie sind dort weiter fast ausschließlich vom Schnee abhängig.

Die Idee, auf einer Alm eine Schaukäserei zu eröffnen, scheiterte an der Uneinigkeit im Ort. Der Leidensdruck dürfte in Zukunft aber größer werden, schließlich schreitet die Erwärmung weiter voran. Die Konkurrenz zum Beispiel aus Österreich mit seinen höheren Bergen und höhergelegenen Skigebieten wird damit eher noch größer.

Erfolgsrezept für den Skiurlaub

Köppen: „Man sieht, wie sich die Schneehöhen entwickeln und muss sich darauf einstellen. Es gibt nicht das eine Erfolgsrezept – jeder Ort muss seinen eigenen Weg finden, wie er ein erfolgreiches Tourismuskonzept entwickelt.“
 




Autor: Lars Becker