Autor:
Thomas Becker

Klartext vom Mountainbike-Slopestyle-Star

Thomas Genon beim Munich Mash 2016: „Viele bekommen ein Kopfproblem“

Thomas Genon, Spitzname „Frite“, zählt zur Weltspitze der Mountainbike-Slopestyler: Reisen, Sponsoren, Fans, Filme drehen – das Leben eines Actionsportlers klingt für viele Jugendliche wie das Nonplusultra. Thomas Genon lebt dieses Leben.

Wer herunterrasen will, muss vorher hochschieben: MTB-Star Thomas Genon vor der Arbeit.
Wer herunterrasen will, muss vorher hochschieben: MTB-Star Thomas Genon vor der Arbeit.

Der 22-jährige ist ein Star der MTB-Slopestyle-Szene und genießt es. Beim Munich Mash war er vor zwei Jahren Vierter, im Vorjahr Zweiter, nun peilt der Belgier den logischen nächsten Schritt an.

Doch im Interview mit ISPO.COM berichtet Genon, der beim Munich Mash 2016 startet, auch über die Kehrseite seines Berufs. Über den Druck, jedes Mal einen noch verrückteren Sprung zu zeigen. Bemerkenswert offene Worte.

 

 

ISPO.COM: Herr Genon, wenn man Ihnen hier auf dem Parcours im Olympiagelände so zuschaut, sieht das nach ganz schön viel Spaß aus.
Thomas Genon: Ja, der Kurs ist so viel besser als im vergangenen Jahr! Das macht schon im Training Spaß. Wenn du auf einem Kurs trainieren musst, der keinen Spaß macht, ist das verdammt hart.

Vom Start bis ins Ziel sind zehn Sprünge zu absolvieren.
Genau, es gilt also eine ganze Menge Tricks zu zeigen! Und zwar möglichst viele verschiedene Tricks.

Vergleichen Sie den Parcours beim Munich Mash doch bitte mal mit anderen Strecken der World Tour.
Der hier verlangt sehr viel Variabilität. Und er ist sehr kompakt. Man hat zwischen den Sprüngen nicht viel Zeit zu überlegen, was als Nächstes kommt, sondern muss strikt an seinem Plan festhalten.

 

Welches ist Ihr Lieblings-Parcours auf der World Tour?
Der erste Tour-Stopp in Neuseeland ist eine sehr schöne Strecke. Aber dann kommt eigentlich schon der hier beim Munich Mash. Das ist schon richtiges Fun-Terrain, ein cooler Kurs in dieser sehr speziellen Location, auch wenn es nicht in den Bergen liegt. Das macht es für die Kursbauer natürlich nochmal viel schwerer.

Wie gefällt Ihnen der Olympiapark?
Ein sehr schöner Ort! Und es ist für uns Fahrer viel mehr Platz als zum Beispiel beim FISE-Event in Montpellier. Dort ist man ständig inmitten einer riesigen Menschenmenge – keine Chance, mal ein bisschen zu chillen.

„Mit 19 war Druck für mich neu“

Vor ein paar Jahren gab es hier noch ein Event mit dem großen Namen X-Games, dann wollten die Amerikaner plötzlich nicht mehr. Ärgerlich für Sie?
Naja, der Kurs war richtig schlecht, es war total windig, also sehr gefährlich für uns. Es gab wohl ziemlich viele Einschränkungen beim Kursbau. Man konnte nicht genau das bauen, was man wollte. Und offenbar gab es auch ziemlich viel Druck von der Organisation.

 

Mountainbike-Star Thomas Genon kennt die Tücken seines Actionsports.
Mountainbike-Star Thomas Genon kennt die Tücken seines Actionsports.

Wie haben Sie abgeschnitten damals?
Ich war nicht so gut, habe mich gerade so qualifiziert, bin wegen des Windes im Finale aber gar nicht erst an den Start gegangen. Und ich war erst 19 – mental noch nicht so stark, wie ich es jetzt bin. Druck war relativ neu für mich.

Mit 22 gehören Sie ja immer noch zu den Jüngeren, oder?
Nun ja, der Jüngste im Feld hier ist 16, der Älteste so um die 30.

Lyon ist Slopestyle-Hotspot

Wie hat sich das Niveau in den letzten Jahren entwickelt?
Es steigt in jedem Jahr! Ich merke es auch bei mir selbst: Nach fünf Trainingsläufen kann ich meinen Lauf nun schon besser als im vergangenen Jahr. Ich dachte mir: „Mann, da hätte ich ja locker gewinnen können!“ Aber dummerweise werden alle ständig besser.

 

Action im Münchner Olympiapark: Thomas Genon fliegt beim MTB-Slopestyle durch die Luft.
Action im Münchner Olympiapark: Thomas Genon fliegt beim MTB-Slopestyle durch die Luft.

Trainieren Sie allein oder in der Gruppe?
Ich lebe mittlerweile in Lyon, wie viele meiner Kollegen, mit denen ich zusammen trainiere.

Genons ganz spontaner Vorwärtssalto

Werden wir von Ihnen ein paar neue Tricks sehen?
Kann schon sein. Aber nichts Wahnsinniges.

Naja, den Vorwärts-Salto haben Sie hier beim Munich Mash schon ziemlich exklusiv.
Das war mein erster Vorwärts-Salto seit zweieinhalb Jahren! Den hatte ich eigentlich aus meinem Programm genommen. Aber als ich hier den Parcours runter bin, habe ich gemerkt: „Wow, das ist ja der perfekte Aufbau für einen Vorwärts-Salto!“ Und dann bin ich ihn plötzlich gesprungen, ganz spontan, ohne nachzudenken.

 

Wie sind Sie eigentlich zum Slopestyle gekommen?
Früher bin ich Dual-Slalom, Downhill und BMX gefahren.

Auch recht verletzungsträchtig. Was war schon alles kaputt?
Eine gebrochene Schulter und jede Menge kleinerer Verletzungen, die eigentlich nur ein paar Wochen lang weh tun sollten, dann aber doch ein halbes Jahr lang schmerzen. Das gehört halt dazu. Aber ich komme morgens noch ganz gut aus dem Bett.

Wann sind Sie Profi geworden?
Mit 19, nach der Schule. Da hatte ich ein richtig gutes Jahr, die Sponsoren kamen – und dann war ich plötzlich Profi.

„Benehmen sich plötzlich wie Rockstars“

Wie lange kann man in diesem Sport Geld verdienen?
Solange du mit dem Herzen dabei bist. Auf den Körper kommt es nicht so sehr an, den kann man immer noch ein bisschen mehr trainieren, ihn noch gesünder ernähren. Viele bekommen nach einer Weile ein Kopfproblem, weil man ständig Risiken eingehen muss. Es gibt einen BMXler, der über 40 ist und der gerade die Mountainbike-Szene aufmischt – weil er mit dem Herzen voll dabei ist.

 

 

Und wie viel Geld kann man verdienen?
Nicht so viel, aber es ist okay. Wir alle sind aus einer Leidenschaft heraus in diesem Sport – und die Kunst ist, sich diese Leidenschaft zu erhalten. Sobald Geld und Sponsoren ins Spiel kommen, ändert sich einiges. Manche Fahrer haben dann zu sehr die Ergebnisse und die Sponsoren-Verpflichtungen im Kopf und werden deshalb nervös. Manche benehmen sich plötzlich wie Rockstars. Aber du kannst dich nicht völlig auf deinen Sport konzentrieren, wenn du eine Rolle spielst. Und es bringt auch nichts, verletzt und mit dicken Bandagen an den Start zu gehen – auch wenn der Druck der Sponsoren groß sein mag. Wir sind auch nur normale Typen, keine Maschinen.

 

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